Austria Connect Sub-Sahara Afrika

Silicon Cape bis Silicon Savannah: Wo österreichische Firmen in Afrika punkten

Der Leiter der Außenwirtschaft Austria der WKÖ, Michael Otter © Gerald Reischl
Der Leiter der Außenwirtschaft Austria der WKÖ, Michael Otter © Gerald Reischl

In Afrika leben 1,2 Milliarden Menschen, die sich auf 54 Staaten aufteilen – die meisten davon sind Entwicklungsländer, in denen die Menschen arm sind. Geteilter Meinung sind Experten, was die Zukunft des Kontinents anlangt – sagen die einen, dass Afrika ein „dauerhafter Krisenkontinent“ bleibt, prognostizieren die anderen eine „globale Wirtschaftsmacht“.

In diesem Spannungsfeld findet diese Woche in Johannesburg die „Austria Connect Sub-Sahara Afrika“ statt. Ein von der Außenwirtschaft der WKÖ initiierter Event, bei dem über die Chancen und die Zukunft des Kontinents diskutiert wird. Der Leiter der WKÖ-Außenwirtschaft, Michael Otter, erklärt im Interview, was Afrika so spannend macht und wie wir helfen können, das Leben der Menschen vor Ort zu verbessern.

Trending Topics: Warum startet man die Initiative? Was ist das Ziel von Austria Connect?

Michael Otter: Die Außenwirtschaft Austria organisiert jedes Jahr weltweit knapp 260 Netzwerk- und Informationsbörsen für Führungskräfte der Auslandstöchter österreichischer Unternehmen. In einigen Schlüsselmärkten führen wir unter dem Namen „Austria Connect“ Fachkonferenzen durch; die erste wurde übrigens vor etwa 10 Jahren in New York veranstaltet. Heuer gehen wir mit diesem Veranstaltungsformat zum ersten Mal nach Afrika. Das unterstreicht die Bedeutung, die wir diesen Märkten schon jetzt aber vor allem in Zukunft beimessen.

Welche Chancen bzw. Möglichkeiten tun sich für österreichische Unternehmen auf?

Afrika ist ja kein einfacher Markt, daher kann eine Fachkonferenz, wo sich die Entscheidungsträger treffen, viele Vorteile bringen. Dort werden Partnerschaften begonnen, man lernt voneinander, tauscht Erfahrungen aus und holt sich gute Ratschläge etwa zu Rechts- und Steuerfragen. Man erhält Informationen aus erster Hand, weil viele Regierungsvertreter daran teilnehmen.

Warum kann Afrika spannend für heimische Unternehmen sein? Welche Themen sind spannend, wo werden neue Ideen gesucht?

Die Zahl der Bevölkerung wird sich von derzeit 1,2 Milliarden bis 2050 auf 2,4 Milliarden Menschen verdoppeln. Ich bin absolut davon überzeugt, dass Afrika ein wichtiger und bedeutender Markt werden wird. Um die Probleme zu lösen und die Herausforderungen, die dieses Bevölkerungswachstum mit sich bringen, zu lösen, sind eine Menge Ideen gefragt. Ganz konkret braucht es viele neue Lösungen und Innovationen in den Bereichen Ernährung, Medizin, aber vor allem in Umfeld Ausbildung, denn die junge, wachsende Bevölkerung braucht Jobs.

Aber spielt Afrika was Innovation betrifft im internationalen Vergleich nicht eine eher untergeordnete Rolle?

Der “Economist” hat es einmal so formuliert: „Africa’s future is dependent on minds and not on mines.” Dieses Zitat bringt es auf den Punkt: Innovation ist kritisch für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Kontinents. Dabei geht es nicht nur darum die Volkswirtschaften von der Rohstoffabhängigkeit zu lösen, sondern auch um die Eingliederung des großen informellen Sektors in die reguläre Wirtschaft.

„Afrika entwickelt sich in vielen Märkten schneller als die westliche Welt“, sagt Michael Otter.

Apropos informeller Sektor – laut einer Schätzung von Deloitte Africa ist diese Schattenwirtschaft in Nigeria so groß wie 75 Prozent des formellen Sektors.

Ja, das ist richtig. In Nigeria soll der informelle Sektor so groß wie das gesamte BIP von Südafrika sein. Genau deshalb braucht man Innovationen. Mir fällt ein erfolgreiches Unternehmen ein, das in Kenia gegründet wurde und mit Lynk eine äußerst erfolgreiche Lösung entwickelt hat. Lynk ist eine Plattform, über die Jobs vermittelt werden. Mit Hilfe von Lynk gelingt es, den informellen Bereich in die formale Wirtschaft zu integrieren. Und wenn das auch in anderen afrikanischen Ländern gelingt, sinkt auch die Abhängigkeit der Volkswirtschaft von Rohstoffpreisen. Und das bestätigt auch die Weltbank.

Das Beispiel Lynk zeigt, dass neue Ideen gefragt sind. Aber sieht man von einigen wenigen erfolgreichen Startups aus dem Finanz- oder Edutech-Bereich ab, so gibt es wenige Innovations-Initiativen in Afrika.

Natürlich gibt es in Afrika noch keine großen Innovation Hubs wie es sie im Silicon Valley gibt. Die Regierungen haben auch kaum die Mittel, um bei der Innovationspolitik in einer spürbaren Größenordnung mitzuspielen. Aber wir sehen am ganzen Kontinent immer mehr Tech Hubs aus dem Boden sprießen. Häufig auch mit der Unterstützung von privaten Unternehmen wie z.B. den großen Telekomanbietern Vodafone, Orange oder MTN (aus Südafrika). Lagos, Kapstadt, Nairobi, Kairo und Accra sind hier führend. Es mag also noch kein Silicon Valley in Afrika geben, aber wir sprechen schon von der Silicon Savannah in Nairobi oder Silicon Cape in Kapstadt, wenn man die dortigen Tech Startup Ökosysteme beschreibt.

Gibt es erfolgreiche Beispiele österreichischer Unternehmen in Afrika?

Afrika scheint mit marginalen Exporten in Höhe von 1,7 Milliarden Euro nicht im Fokus der österreichischen Exportwirtschaft zu sein, doch der Anschein trügt: Es gibt eine Reihe heimischer Unternehmen, die höchst erfolgreich den afrikanischen Markt bearbeiten und sich mit Innovationen nachhaltig positionieren. Dazu gehören Unternehmen wie ALPLA (Weltmarktführer in Sachen Plastikverpackung, Anm.), AVL List, Biomin (Futtermittelzusätze), Doppelmayr, ILF (Ingenieurs-Consulting) und SKIDATA, um nur einige Beispiele zu nennen, punkten in Afrika mit lokalen Partnern und Innovationen.

Was können wir von Afrika lernen?

Optimismus, Zuversicht und ein positives Lebensgefühl. Ganz gleich wie unüberwindlich die Herausforderungen in Afrika erscheinen, es wird immer an die Lösung geglaubt. Afrika entwickelt sich in vielen Märkten schneller als die westliche Welt, weil aufgrund des steigenden Bedarfs und der fehlenden Infrastruktur manchmal Technologiestufen übersprungen werden müssen, um voranzukommen.  Ein klassisches Beispiel sind dafür die zahlreichen mobilen Zahlungstechnologien, die teilweise von innovativen Tech Startups entwickelt werden. Aber auch der Einsatz von Drohnen um z.B. entlegene Gebiete mit Medikamenten zu versorgen.

Welche Länder Afrikas wären die spannendsten für ein unternehmerisches Engagement?

Sicherlich die drei größten Volkswirtschaften am Kontinent: Nigeria, Südafrika und Ägypten. Aber auch Ostafrika hat gerade in jüngster Zeit mit hohen Wachstumsraten auf sich aufmerksam gemacht. Darum haben wir ja auch 2015 unser AußenwirtschaftsCenter Nairobi wiedereröffnet. In Nairobi, Lagos und Johannesburg nehmen unsere AußenwirtschaftsCenter auch die immer wichtiger werdenden Innovationsaufgaben wahr, wie etwa die Agri-Water Innovation Challenge in Kapstadt im Mai dieses Jahres.  Aber auch Länder wie Senegal oder Ghana im Westen oder Äthiopien und Ruanda im Osten sollen in diesem Jahr laut Internationalem Währungsfonds (IWF) um knapp sieben bis neun Prozent wachsen. Das wird auch immer mehr österreichische Unternehmen bewegen, sich in Afrika zu engagieren.

Ist der Ausstieg Österreichs aus dem Migrationspakt nicht ein Widerspruch zur Afrika-Connect und zum High-Level EU-Afrika Forum im Dezember?

Ich möchte hier politische Entscheidungen nicht kommentieren. Die Bundesregierung setzt mit dem High-Level EU-Afrika Forum am 18.12. in Wien jedenfalls ein starkes Zeichen in Richtung Afrika. Konkret geht es dabei vor allem um die Themen Digitalisierung und Innovation, wo wir ein großes Potential schon jetzt aber auch für die Zukunft sehen.

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