Das Silicon Valley probt den Aufstand gegen Deals mit der US-Regierung

Die ethischen Implikationen neuer Technologien und innovativer Produkte hat das Silicon Valley zugunsten einer rasanten Entwicklung lange elegant beiseite geschoben. Der jüngste Datenschutz-Skandal rund um Facebook ist eines der bekanntesten Beispiele dafür. Die Stimmung scheint jetzt aber immer öfter auch in den Firmen selbst zu kippen. Nicht nur NGOs und Aktivisten machen auf Missstände aufmerksam, es sind nun die Mitarbeiter der IT-Riesen, die das Ruder herumreißen wollen.
Microsoft am Pranger wegen Deal mit US-Regierung
Am Dienstag probten 100 Mitarbeiter bei Microsoft den Aufstand, weil der Konzern mit der US-Behörde zusammenarbeitet, die für die Familientrennung an der mexikanischen Grenze zuständig ist. Sie fordern in einem offenen Brief ein Ende dieser Zusammenarbeit. Unter der Regierung von Donald Trump wurde beschlossen, illegale Einwanderer an der Grenze unmittelbar zu verhaften. Das soll verhindern, dass sie zu angeordneten Gerichtsterminen nicht erscheinen. Im Zuge der Verhaftung werden Eltern von ihren Kindern getrennt. Rund 2.000 Kinder wurden bisher in Aufenthaltslager an der Grenze gebracht – die Bilder von weinenden Kindern in Käfigen gingen um die Welt.
Auf Wikipedia haben es diese Lager nun auf die Lister der Konzentrations- und Internierungslager geschafft, auch wenn der Eintrag in der Wikipedia-Community heftig umstritten ist. Die Chefetage von Facebook, Mark Zuckerberg und Sheryl Sandberg, haben die Praxis der Familientrennung scharf kritisiert und unterstützen eine Spendenkampagne von zwei ehemaligen Facebook-Mitarbeitern, die für Migranten mittlerweile mehr als acht Millionen Dollar gesammelt hat.
19 Mio. Dollar verdient Microsoft an dem Deal
Microsoft hat mit der zuständigen Behörde, dem Immigration and Customs Enforcement (ICE) einen Deal abgeschlossen und liefert Technologien für die Verarbeitung und Analyse von Daten. Laut Bloomberg soll Microsoft derzeit mit dem ICE insgesamt 19,14 Millionen Dollar verdienen. Microsoft-CEO Satya Nadella versuchte in ein Memo klarzustellen, dass Microsoft mit der Regierung nicht an dem umstrittenen Grenz-Projekt zusammenarbeitet.
„Wir sind davon überzeugt, dass Microsoft hier ethisch korrekt handeln und Kinder und Familien vor Profite stellen muss“, heißt es in einem firmeninternen Brief von 100 Microsoft-Mitarbeitern an Nadella. „Wir sind Teil einer wachsenden Bewegung zahlreicher Menschen aus der IT-Industrie, die erkannt haben, dass jene, die mächtige Technologien entwickeln, die Verantwortung dafür übernehmen müssen, dass diese Entwicklungen nur für gute Zwecke eingesetzt werden“.
Google-Mitarbeiter kündigten wegen Pentagon-Projekt
Bei Google hatte ein solcher Protest heuer bereits handfeste Folgen. Mitte Mai dürfte rund ein Dutzend Mitarbeiter das Unternehmen verlassen haben, weil Google eine Künstliche Intelligenz für das US-Militär entwickelt. Die Debatte nahm bereits Monate davor Fahrt auf, als tausende Mitarbeiter einen Protestbrief an Google-CEO Sundar Pichai unterzeichneten.
„Wir sind überzeugt, dass Google nicht im Geschäft des Krieges tätig sein sollte“, ist dort zu lesen. Die Forderung des Briefes: Eine Firmenrichtlinie, die klarstellt, dass Google niemals an Kriegstechnologien arbeiten wird. Dass sowohl das Pentagon, als auch Google betonten, dass das AI-Projekt keinerlei Bezug zu autonomen Waffen habe, scheint nicht alle Mitarbeiter überzeugt zu haben.