Neuer Ansatz

Solugen US: Chemikalien aus Zucker für geringere Industrieemissionen

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Eine der weltweit größten Quellen von Treibhausgasemissionen ist die Chemieindustrie. Laut der Internationalen Energieagentur stieß sie im Jahr 2020 knapp 923 Millionen Tonnen CO2 aus. Denn Chemieunternehmen nutzen Erdöl, Erdgas und Kohle, um Inhaltsstoffe herzustellen, die in allen möglichen Produkten verwendet werden – von Waschmitteln über Laufschuhe bis hin zu Düngemitteln. Ein Prozess, der meist enorm umweltschädlich ist. Neben CO2-Emissionen entstehen etwa Luftschadstoffe, zudem verursacht die Produktion Abfälle, die sich nicht abbauen lassen und die Umwelt belasten.

Aus diesen Gründen sucht eine wachsende Zahl von Unternehmen nach Chemikalien, die dazu beitragen können, ihren eigenen ökologischen Fußabdruck zu verringern. Das US-amerikanische Startup Solugen hat eine Methode entwickelt, um Chemikalien künftig nicht aus fossilen Brennstoffen, sondern aus pflanzlichem Maissirup herzustellen. Dafür entwickelt und züchtet das Startup Enzyme, die den im Sirup enthaltenen Zucker umwandeln können. Das Versprechen: Keine Emissionen, keine Schadstoffe und mehr Sicherheit in der Produktion.

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Vom Poker zur Idee

Solugen US wurde 2016 von CEO Gaurab Chakrabarti und CTO Sean Hunt gegründet. Hunt, ein Wissenschaftler, der sich mit Metallkatalysatoren für die Herstellung von Chemikalien befasst, lernte laut Angaben des Unternehmen bei einem Pokerabend den Mitbegründer Gaurab Chakrabarti kennen, der als Medizinstudent bei der Untersuchung von Krebszellen ein Enzym entdeckt hatte, das Zucker in Wasserstoffperoxid verwandeln kann.

Chemikalien durch Fermentation aus Pflanzen, statt aus fossilen Brennstoffen herzustellen, ist an sich keine neue Idee. Das Problem war bisher jedoch, dass die Fermentation ineffizient verläuft: Wird eine lebende Pflanzenzelle verwendet, um Zucker in eine Chemikalie zu verwandeln, wird die Hälfte des Zuckers in CO2 umgewandelt. Chakrabarti und Hunt machten es sich zur Aufgabe, diesen Prozess zu verbessern.

In ihrer 20.000 Quadratmeter großen Industrieanlage mit dem Namen Bioforge, die im texanischen Houston steht, wird Maissirup in einem mit Enzymen gefüllten Reaktor zu einem Zwischenprodukt verarbeitet, das in einen anderen Tank mit Metallkatalysatoren gelangt, die den gesamten Prozess beschleunigen und effizienter machen. Nahezu der gesamte Maissirup wird dadurch in das Endprodukt umgewandelt – und weniger CO2 entsteht. Solugen bietet bereits ein breites Angebot an Maissirup-basierten Chemikalien an, darunter Wasserbehandlungsmittel, eine Chemikalie, die Beton verstärkt und eine, die Düngemittel effizienter macht sowie Reinigungsmittel für verschiedene Anwendungszwecke.

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CO2 statt Mais möglich

Seine Biochemikalien stellt das Startup aus heimischen Rohstoffen her. So kauft das Unternehmen den Maissirup laut CNBC aus Iowa und verarbeitet diesen dann in Houston. Auch wenn der massenhafte Einsatz von Maissirup nicht ganz unproblematisch ist, da die Anbauflächen für den Maisanbau möglicherweise für den Anbau von Lebensmitteln genutzt werden könnten, könnte Solugen US künftig auch andere Ausgangsstoffe einsetzen: Zum Beispiel das im Prozess abgeschiedene CO2 – als Alternative zu Mais oder anderen Pflanzen.

Das von Solugen US angewendete Verfahren bringt laut Fast Company einige Vorteile mit sich: Durch den biochemischen Prozess entstehen bei der Herstellung keine schädlichen Luftemissionen. Auch bei der Energieversorgung der Anlage entstehen keine CO2-Emissionen, betrieben wird die Anlage laut Angaben von Solugen US mit Windkraft. Zudem ist die Herstellung kostengünstiger und sicherer als die herkömmlicher Chemikalien, da die Prozesse bei Raumtemperatur und nicht in heißer Umgebung stattfinden, die das Brandrisiko erhöhen.

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Rund 90 Prozent der Chemikalien ersetzbar

Pro Jahr produziert die Anlage laut Solugen US derzeit 10.000 Tonnen Biochemikalien. Solugen schätzt, dass es theoretisch 90 Prozent der Chemikalien herstellen könnte, die derzeit mit fossilen Brennstoffen produziert werden. Die restlichen 10 Prozent umfassen Chemikalien, die das Unternehmen aufgrund ihrer Umweltauswirkungen nicht selbst herstellen möchte.

Auch wenn sie mit ihrer Methode also einen Großteil der Stoffe ersetzen könnten, ist der Weg noch lang: Solugen US muss für jede Chemikalie eigene Enzyme entwickeln. Ein schwieriger Prozess, bei dem nicht unbedingt gewährleistet ist, dass er funktioniert.

Dennoch ist der Bedarf in der Branche groß und Solugen US weckt daher verstärkt das Interesse von Investor:innen. Vor Kurzem sammelte das Startup in einer Serie-C-Finanzierungsrunde 357 Millionen US-Dollar ein. Zu den investierenden Firmen gehörten laut CNBC etwa Lowercarbon Capital, GIC, Baillie Gifford und der Staatsfonds von Singapur. Mittlerweile wird Solugen US mit 1,8 Milliarden US-Dollar bewertet.

Mit dem Geld will das Unternehmen laut CNBC weitere Anlagen errichten, neue Mitarbeitende einstellen und neue Moleküle für die Produktion entwickeln. Dennoch wird sich die Umstellung der emissionsintensiven Branche nicht sofort vollziehen. Auch Gründer Chakrabarti betont gegenüber Fast Company, dass sich die Branchen nur langsam bewegen. Es brauche Zeit, die Unternehmen von den biobasierten Produkten zu überzeugen, um ein Umdenken anzustoßen.

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