Mikrobielles Protein

Studie: Mikroben könnten in Kombination mit Solarenergie Menschheit ernähren

©federico respini/ Unsplash
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„Zero Hunger“ ist das zweite der 17 Sustainable Development Goals (SDGs) und somit eigentlich auch mit der Zielerreichung bis 2030 datiert. Bisher sind wir davon aber weit entfernt. Insbesondere durch die Folgen der Corona-Krise und damit verbundenen Einnahmeeinbußen ist der Welthunger wieder gestiegen. Rund 2,5 Milliarden Menschen leben momentan in teilweiser oder starker Nahrungsunsicherheit. Das zeigt die vom World Data Lab in Wien entwickelte „World Hunger Clock“ mit minutiösen Anpassungen stetig an.

Eine aktuelle Studie unter der Leitung des deutschen Max-Planck-Institut weist nun aber nun eine mögliche Lösung auf. Den Forschenden zufolge, könnte mit der von ihnen untersuchten Möglichkeit der Lebensmittelgewinnung 10-mal mehr Protein erzeugt werden, als bisher mit Nutzpflanzen. Dafür bedarf es nur drei Zutaten: Mikroorganismen kombiniert mit Solarenergie und CO2.

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Mikroben verbrauchen deutlich weniger Ressourcen

„Wir denken, dass mikrobielle Lebensmittel sehr vielversprechend sind und einer der wichtigsten Beiträge zur Lösung der potenziellen Nahrungsmittelkrise sein werden“, so wird der Leiter der Studie, Dorian Leger vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie im Guardian zitiert. Damit aus Mikroorganismen, auch Mikroben genannt, nahrhaftes Protein wird, brauchen diese tatsächlich hauptsächlich Luft zum leben. Gezüchtet werden diese in Bioreaktortanks. Die benötigte Energie wird aus Solarpanelen und Kohlendioxid aus der Umgebungsluft gewonnen. So brauche es für die Art der Lebensmittelerzeugung bedeutend weniger Ressourcen, als bei einem vergleichbaren Anbau von Nutzpflanzen wie Soja. Die Mikroben werden in dem Prozess dann zu getrocknetem Proteeinpulver umgewandelt und können so für die Herstellung verschiedener Nahrungsmittel genutzt werden.

Für ihre Studie verglichen die Forschenden die Folgen und Auswirkungen des Soyapflanzenanbaus, einer der wichtigsten Nutzpflanzen aktuell, mit der Nahrungsmittelverarbeitung von Mikroben auf die Effizienz und den Ressourcenverbrauch. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass letztere nur einen Prozent des von den Pflanzen benötigten Wassers brauchen und nur wenig Dünger. Dem gegenüber steht, dass laut der Studie jährlich durch den solar-mikrobiellen Prozess 15 Tonnen Protein pro Hektar produziert werden könnten, was genug wäre, um den Bedarf von 520 Menschen zu decken. Dabei sei das nur die konservativste Schätzung, so die Studienverantwortlichen. Mit dem Anbau von Sojabohnen auf einem Hektar könnten lediglich 1,1 Tonnen Protein produziert werden, was dem Bedarf von etwa 40 Menschen entspricht.

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Akzeptanz als Nahrungsmittel ungewiss

Neben der Effizienz und der Ressourcenschonung hängt die tatsächliche Umsetzung des solar-mikrobiellen Prozesses aber natürlich noch von einigen weiteren Punkten ab.  Einer davon ist die Wirtschaftlichkeit des Anbaus. So kam die Studie zu dem Ergebnis, dass das mikrobielle Protein im Vergleich zu Proteinen die die Menschen heute schon essen, wie Erbsen, ähnlich viel kosten würde. Nicht so aber als Tierfuttermittel. Bisher wäre das Protein aus dem Bioreaktor deutlich teuerer als heutige Tierfuttermittel zu denen die Sojapflanze gehört. Die Forschenden gehen aber davon aus, dass die Kosten durch zukünftige technologische Verbesserungen noch sinken werden.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist, ob die Menschen die Nahrungsmittel auf Basis von mikrobiellen Protein annehmen werden. „Es könnte ziemlich schnell auf der Verbraucherseite ankommen, aber es ist schwer zu sagen. „Aber ich treibe etwas Sport, und wenn man mir jetzt einen bakteriellen Proteinshake anbieten würde, würde ich ihn nehmen“, so Leger im Guardian. Wie der Guardian aber schreibt, sind andere Forschende da nicht so sicher. Unsicherheit besteht zum einen über den Punkt, ob die Menschen wirklich zu einer Ernährung größtenteils basierend auf den mikrobiellen Proteinen überzeugt werden könnten und zum anderen, über die tatsächliche Abdeckung aller Nährwerte durch dieses Lebensmitteln.

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Bevor sich diesen Herausforderungen gestellt werden kann, sind aber zunächst noch andere Hürden zu überwinden. So müsste man den solar-mikrobiellen Prozess nun zunächst auch in der Praxis im großen Maßstab testen, um so insbesondere das Abscheiden von CO2 aus der Luft für die Herstellung zu testen und die Recyclebarkeit der Solarpanele sicherzustellen, so der Studienleiter. Die theoretischen Ergebnisse wurden nun zunächst einmal im Journal Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America veröffentlicht.

 

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