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In Deutschland entsteht eine nachhaltige Bank, an der Kunden mitarbeiten

Die Tomorrow-Gründer Inas Nureldin, Michael Schweikart und Jakob Berndt. © Viertel vor Mag
Die Tomorrow-Gründer Inas Nureldin, Michael Schweikart und Jakob Berndt. © Viertel vor Mag
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Wechselkursrate in Echtzeit, In-App-Chat und Terminüberweisungen sind schon fertig, jetzt kommen bald die Funktionen für Google Pay und Apple Pay dran, und weiter hinten auf der Roadmap stehen noch Dinge wie „nachhaltige Versicherungen“ oder „persönliche CO2-Bilanz“. „Man darf hier auch einfach nur rumstöbern, ganz anonym“ steht im Maschinenraum des Hamburger Startups Tomorrow. Tomorrow, das ist eine junge Firma, die eine nachhaltige Smartphone-Bank aufbaut, und der Maschinenraum ist eigentlich ein Trello-Board, in dem jeder hineinschauen und hineinschreiben kann, welche Features er sich von den Hamburgern wünscht.

Bei Tomorrow weiß man gar nicht, wo man eigentlich anfangen soll. Denn das Startup der drei Gründer Inas Nureldin, Michael Schweikart und Jakob Berndt macht so ziemlich alles anders wie viele andere. Da ist das Gebot der Transparenz gegenüber den Nutzern, das via Maschinenraum einen Blick in die Innereien der App erlaubt. Da ist natürlich die Smartphone-App, die Nutzern im Zusammenspiel mit einer Kreditkarte ein voll funktionsfähiges Girokonto zur Verfügung stellt. Und da ist natürlich auch das ganz große Versprechen, mit dem Girokonto einfach erneuerbare Energien, ökologische Landwirtschaft und Mikrokredite mitfinanzieren zu können.

„Wollen nachhaltiges Banking aus der Nische holen“

“Die Banking-Branche krankt an drei Sachen: veraltete Technologie, Defizite bei der Nachhaltigkeit, und einem Mangel an Transparenz“, sagt Mitgründer Jakob Berndt. “Es braucht einen Wertewandel in der Branche. Wir wollen nachhaltiges Banking aus der Nische holen.” Und deswegen können seine Kunden seit diesem Jahr ein prinzipiell kostenfreies Girokonto samt App und Visa-Karte in Anspruch nehmen, bei dem es bei Abhebungen und einigen anderen Services Zusatzkosten gibt. Das kennt man schon von Challenger-Banken wie N26 oder Revolut. Doch Tomorrow unterscheidet sich in noch einem Punkt wesentlich vom Rest: Die Einlagen der Nutzer sowie die Interchange Fees werden dazu genutzt, um in nachhaltige Projekte und Anleihen zu investieren.

“Die Verwendung der Gelder koppeln wir an die SDGs und investieren nur in Finanzprodukte, die zur Lösung dieser Problemfelder beitragen“, sagt Berndt. Die derzeit rund 13.000 Nutzer haben insgesamt Einlagen von rund 11 Millionen Euro auf den Konten liegen. Und diese sollen künftig teilweise in spezielle Anleihen fließen.

Die Tomorrow-App kommt mit Visa-Karte. © Tomorrow
Die Tomorrow-App kommt mit Visa-Karte. © Tomorrow

Das Tomorrow-Team hat dazu den „Green Bond“, ein Finanzprodukt der Förderbank Nordrhein-Westfalen auserkoren. Der Bond ist ausschließlich auf die Refinanzierung umweltfreundlicher Projekte ausgerichtet, die explizit die “Sustainable Development Goals” (kurz SDG) der Vereinten Nationen adressieren. Das Geld, dass Tomorrow in die Anleihe steckt, wird nach Ablauf einer bestimmten Laufzeit samt Zinsen zurückgezahlt.

Nutzer sollen mitentscheiden können

Die zweite Schiene von Tomorrow: die „Interchange Fee“. Diese fällt bei jeder Kartenzahlung an. Der Händler bezahlt 0,2 Prozent des Betrags einer Transaktion an die Bank, von der die Karte des Kunden stammt. Tomorrow gibt 0,13 Prozent an Nachhaltigkeitsprojekte weiter, derzeit etwa ein Waldschutzprojekt in Portel (Brasilien), der Rest wird zur Deckung der eigenen Kosten verwendet. Künftig sollen die Nutzer mitentscheiden können, welche Projekte auf diese finanziert werden – etwa ein Trinkwasserprojekt in Uganda oder ein Programm zur Säuberung der Meere.

“Perspektivisch soll es ein ganzes Spektrum an Finanzprodukten geben”, sagt Berndt. Gemeint sind etwa Investmentmöglichkeiten der Nutzer in nachhaltige Fonds oder nachhaltige Versicherungen, die man in Anspruch nehmen kann. Eine Bank müsse man dafür nicht werden, so der Mitgründer. Derzeit arbeitet man mit der solarisBank zusammen, die Banking-as-a-Service (BaaS) anbietet. Dort sind die Einlagen bis zu 100.000 Euro besichert. “Im Moment sind wir sehr happy mit der Konstellation. Es gibt nicht zwingend einen Grund, eine eigene Lizenz zu holen”, sagt Berndt. “Als Kunde bei uns hat man nicht mehr oder weniger Risiko als bei einer anderen Bank.”

„Niemand wird daran vorbeikommen“

Die aktuell intensiv diskutierte Klimakrise in den Medien hilft auch Tomorrow. “Es sind immer weniger, die das belächeln und nicht ernst nehmen“, sagt Berndt. „Der große Teil weiß, dass das eine Richtung ist, in die wir uns alle wenden müssen. Das Thema ist gekommen um zu bleiben. Niemand wird daran  vorbeikommen.“

Ob auch die Kunden nicht mehr an Tomorrow vorbeikommen werden, bleibt abzuwarten. Das erklärte Ziel ist jedenfalls, die größte Nachhaltigkeitsbank Europas zu werden. Berndt: “Dafür muss man eine Million Kunden haben.”

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