Neue Ordnung

Twitter dreht heute tatsächlich seine neue algorithmische Timeline auf – aber man kann sie wieder abdrehen

Nicht wirklich am Drücker - Twitter. © Jakob Steinschaden
Nicht wirklich am Drücker - Twitter. © Jakob Steinschaden
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Eigentlich hat Twitter-Chef Jack Dorsey noch vor wenigen Tagen dementiert, dass Twitter eine neue Timeline, in der Tweets nicht chronologisch sondern nach einem Algorithmus geordnet werden. Getan hat er das aber wohl nur, um die Börsianer, die der Firma aus San Francisco derzeit nicht sonderlich wohlgesonnen sind, zu beruhigen.

Denn siehe da: Keine vier Tage vergehen, und schon kündigt Twitter an, eine neue Timeline einzuführen. Nutzer sollen eine andere Darstellung wählen können, „die dabei hilft, die wichtigsten Tweets der Nutzer, denen man auf Twitter folgt, immer direkt im Blick zu haben.“ Das soll ihnen dabei helfen, keine Inhalte in dem schnellen Strom an Updates zu verpassen. Bedeutet konkret: Man bekommt oben auch ältere Tweets mit vielen Interaktionen (Klicks, Retweets, Likes, etc.) zu sehen, die eigentlich erst weiter unten kommen würden. In den Smartphone-Apps kommt man mit „Pull to Refresh“ zu der chronologischen Timeline zurück.

Verfügbar ist die neue Timeline ab sofort auf iOS, Android sowie auf twitter.com. Aktivieren kann man sie in der aktuellen Testphase in den Account-Einstellungen im Bereich Timeline-Personalisierung unter der Option ‘Zeige mir die besten Tweets zuerst an’. In den nächsten Wochen werden User dann automatisch auf die neue Funktion umgestellt – wollen sie diese nicht, können sie sie händisch wieder abdrehen. Laut Twitter hätten Tests gezeigt, dass die personalisierten Inhalte zu mehr Interaktionen (z.B. Retweets) und mehr Aktivität (eigene Tweets, Replys) führen. Das ist im Sinne der Firma: Mehr Aktivität bedeutet mehr Content und Kontakte mit Werbung.

Mehr Zeit, mehr Geld?

Große Angst müssen Nutzer vor der personalisierten Timeline nicht haben – sie ähnelt stark den „Während Du weg warst“-Tweets, die schon seit geraumer Zeit angezeigt werden. Kritiker monierten in der jüngeren Vergangenheit, dass Twitter mit einer algorithmischen Timeline zu einer blaßblauen Version von Facebook verkäme – dort sorgt ein News-Feed-Algorithmus dafür, dass User nicht alle Postings der Freunde sehen, sondern nur eine Auswahl, die ihre Interessen treffen. Sollte die neue Ordnung in der Timeline für mehr Nutzeraktivität sorgen, wäre das gut fürs Werbegeschäft – mehr Nutzerzeit bedeutet mehr Möglichkeiten, ihnen gesponserte Tweets zu präsentieren.

Beobachter argumentierten oft, dass Twitter mit der neuen Timeline versuchen würde, attraktiver für neue User zu sein. Diese würden oft mit der schnellen Timeline überfordert sein und schnell die Lust an Twitter verlieren. Die Neuordnung der Timeline birgt aber auch die Gefahr, die Stammnutzer, die den Dienst mit Inhalten vollpumpen, zu verärgern. Wie sich die Entscheidung auf die Nutzerschaft und die Geschäftszahlen auswirken, werden die nächsten Monate zeigen.

Im Laufe des Tages wird Twitter außerdem die Zahlen für das vierte Geschäftsquartal 2015 präsentieren. Der Launch der neuen Timeline deutet darauf hin, dass die neuesten Geschäftszahlen nicht zu rosig ausfallen werden – mit der neuen Timeline will man offenbar signalisieren, etwas fürs Wachstum zu tun.

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