Analyse

Breiter Umstieg auf Ökostrom würde Energiekrise nicht sofort stoppen

Windräder © Al3xanderD on Pixabay
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Was wäre wenn? Hypothetische Fragen wie diese sind oftmals nur schwer zu erläutern und noch viel schwerer tatsächlich zu beantworten. Trotzdem mal eine Frage in den Raum gestellt: Könnten die riesigen Preissprünge beim Strompreis vermieden werden, wenn es nur noch Erneuerbare Energien für die Stromversorgung gäbe? Die Energiekrise treibt die Strompreise derzeit auf den Höchststand. Das wird am Großhandelsmarkt deutlich. Der Österreichische Strompreisindex (ÖSPI) verzeichnete zuletzt für Dezember 2021 ein neues Allzeithoch. Ähnliches gilt für den Österreichischen Gaspreisindex (ÖGPI). Dieser befindet sich ebenfalls auf einem Höchststand, wobei der Anstieg beim Gaspreis in den letzten Monaten noch eklatanter ist.

Energiekrise durch mehrere Preistreiber

Die Gründe für die aktuelle Situation sind vielfältig und die Energiekrise ist ein Ergebnis verschiedener Faktoren. In einer Analyse der Österreichischen Energieagentur im Auftrag von Oesterreichs Energie wurde als ein Auslöser die Nachwehen der Corona-Pandemie und der zahlreichen globalen Lockdowns genannt. So ist die Nachfrage nach Rohstoffen und Energie, insbesondere in Asien, nach dem Krisenjahr 2020 überdurchschnittlich gestiegen. Das hätte zu einem sehr starken Anstieg der Preise über alle Energieträger hinweg geführt, insbesondere aber bei Erdgas und Kohle, so die Studie.

Die Folgen der Energiekrise für Österreich

Durch das sogenannte Merit-Order-Prinzip sind insbesondere in Zeiten mit wenig Erneuerbaren Energien diese Preise preissetzend. Bedeutet: Das jeweils teuerste Kraftwerk, das noch produziert, bestimmt mit seinen laufenden Kosten den Strompreis für alle. Ist das letzte Kraftwerk, das zur Bedienung des Strombedarfes benötigt wird, ein Gaskraftwerk, bestimmen seine Grenzkosten den Strompreis für den gesamten Markt. Photovoltaik- und Windkraftwerke mit Grenzkosten nahe Null verdrängen Kraftwerke in der Merit-Order weiter nach hinten und sorgen so für niedrigere Preise – wenn es viel Wind- und Sonnenstrom gibt, kommen also Gaskraftwerke gar nicht mehr zum Zug.

 Hinzu kommen weitere Preistreiber, so Carola Millgramm, Chefin der Abteilung Gas bei der Regulierungsbehörde E-Control bei einer Online-Veranstaltung. Dazu zählt ein Rückgang der Gasförderung in Europa, Instandhaltungsarbeiten auf Gasfeldern in Norwegen und Russland und eingeschränkte Gaslieferungen aus Russland. Was aber nicht bedeutet, dass es zu wenig Gas in Österreich gäbe. Grundsätzlich ist genug Gas für den Winter vorhanden, nur orientieren sich die Preise am Weltmarkt. Laut E-Control besteht daher keine Versorgungs- sondern eine Preiskrise.

 

 

Ökostrom als Lösung?

Österreich hat einen hohen Anteil an sauberem Strom aus Wasser, Wind, Sonne oder Biomasse. Ein Großteil davon kommt jedoch aus der Wasserkraft, die im Winter wegen der geringeren Wasserführung der Flüsse weniger Strom erzeugt, so die Österreichische Energieagentur. Um Engpässe auszugleichen kommen Gaskraftwerke zum Einsatz. Nun stellt sich die Frage: Ließe sich die Inflation stoppen, wenn alle Verbraucher:innen in Österreich auf Ökostrom umsteigen?

Steigende Energiepreise tragen zwar wesentlich zur Inflation bei, mit einem Anteil von rund 20 Prozent am Endenergieverbrauch spielt Strom dabei aber nur eine untergeordnete Rolle. Die größten Preissteigerungen gegenüber dem Vorjahr gab es zudem bei Heizöl, Treibstoffen und Gas, so Christian Zwittnig, Leiter der Kommunikation bei Österreichs E-Wirtschaft, auf Anfrage von Tech & Nature. „Grundsätzlich kann ein wachsender Anteil erneuerbarer Erzeugung aber Gaskraftwerke zunehmend aus dem Markt drängen“, so Zwittnig. Das würde die Preisentwicklung entsprechend positiv beeinflussen.

Ähnlich sieht das auch die Ökostrom AG. So sei auch dem Energieanbieter zufolge mittelfristig die beste Methode, die Preise stabil zu halten, ein hoher Ausbaugrad an Erneuerbaren Energien. „Kurzfristig ist dies aber wohl nicht machbar, und selbst wenn jetzt alle Verbraucher:innen auf erneuerbare Energiequellen umsteigen würden, ließe sich die Inflation nicht gleich stoppen“, so der Anbieter in einer schriftlichen Antwort auf Anfrage von Tech & Nature.

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Ausbau bringt Stabilität

Trotzdem ist sich auch der Stromanbieter sicher, dass die Erneuerbaren den Strompreis stabiler machen. „Je schneller zusätzliche erneuerbare Energien als Ersatz ausgebaut werden, desto seltener müssen vergleichsweise teure, fossile Kraftwerke eingesetzt werden und desto niedriger fällt der Strompreis am Großhandelsmarkt aus“, so die Ökostrom AG.

Um das aber zu bewerkstelligen und einen effizienten Umstieg auf eine nachhaltigere Energieversorgung zu garantieren, brauche es klare Spielregeln der Politik. Etwa eine höhere Sicherheit für den Umstieg auf Erneuerbare, um das Problem schwankender Energiepreise zu vermeiden. Zudem müssen fossile Brennstoffe teurer werden, so die Ökostrom AG. Ein genauer Fahrplan für den Ausbau von Seiten der Politik sei ebenso nötig.

Energiekrise als Weckruf und Signal

Auch die Österreichische Energieagentur sieht in den Erneuerbaren Energien eine mögliche längerfristige Lösung. Diese sehen insbesondere in der Windkraft Potenzial, auch im Winter den Bedarf an Gas zu senken. Dafür muss es zu einem entsprechenden Ausbau kommen. In weiterer Folge bedeutet das eine Stärkung der Wirtschaftskraft in Österreich: „Die Bedeutung von Strom aus Wind, Sonne und Wasser wird im Energiemix stark zunehmen. Der beschleunigte und österreichweite Ökostrom-Ausbau ist dabei der Schlüssel für einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort Österreich“, so Franz Angerer, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur.

Wie sich die Energiepreise weiterentwickeln, bleibt abzuwarten. Christian Zwittnig von der Österreichischen E-Wirtschschaft dazu: „Niemand hätte vor einem Jahr Preise wie heute prognostiziert.“ Dabei kommt es eben auf eine Reihe von verschiedenen Faktoren an, welche den Preis bestimmen und heuer aufeinander getroffen sind. Hohe Preisniveaus seien aber auch ein klares Marktsignal für einen raschen Ausbau der Erneuerbare Energien und die damit verbundene größere Unabhängigkeit von globalen Energiemärkten, ist Zwittnig überzeugt.

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