Handelsabkommen

Wofür der EU-Mercosur-Pakt steht und warum Klimaschützer:innen dagegen protestieren

Das EU-Parlament in Straßburg © Pixabay
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Beim EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel, der am 17. und 18. Juli in Brüssel stattfindet, wird über einen möglichen Abschluss des Abkommens diskutiert. Konkret geht es dabei um den umstrittenen EU-Mercosur-Handelspakt. Greenpeace und über 50 weitere Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen demonstrierten am Montag vor den Türen des EU-Parlaments gegen den Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens. Als Symbol für die verheerenden Auswirkungen des Abkommens auf Umwelt, Menschenrechte, Arbeitnehmer:innen und die kleinbäuerliche Landwirtschaft brachten sie einen drei Meter hohen Jenga-Turm zum Einsturz.

Größte Freihandelszone der Welt

Die Verhandlungen mit dem Mercosur-Wirtschaftsraum, bestehend aus Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay, laufen seit 1999. Die EU-Kommission versucht seit Jahren, einen Kompromiss zu ermöglichen. Sie verweist immer wieder darauf, dass das Abkommen Unternehmen in der EU Milliardenbeträge an Zöllen ersparen und die Exporte ankurbeln könnte.

Im Sommer 2019 wurde nach langjährigen Verhandlungen eine politische Grundsatzeinigung über den Aufbau einer Freihandelszone zwischen der EU und den Mercosur-Staaten erzielt. Der ausgehandelte Vertragsentwurf scheiterte Anfang 2020 an der Ablehnung Österreichs. Nach langem Hin und Her soll es jedoch bald doch zu einer Unterzeichnung kommen. 2023 könnte damit die größte Freihandelszone der Welt mit über 720 Millionen Einwohnern geschaffen werden.

„Eine Einigung bei EU-Mercosur wäre fatal”

Kritiker:innen befürchten, dass europäische Landwirt:innen in einen Preiskampf gezwungen werden und gleichzeitig die Zerstörung des Regenwaldes in Südamerika verstärkt wird.  Aus diesem Grund protestierten Greenpeace und mehr als 50 andere Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen am Montag gemeinsam gegen den Abschluss des Vertrags. Als Symbol für die verheerenden Auswirkungen des Abkommens auf die Umwelt, die Menschenrechte, die Arbeitnehmer:innen und die kleinbäuerliche Landwirtschaft brachten sie einen 3-Meter hohen Jenga-Turm zum Einsturz.

Greenpeace forderte vom österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer, der auch am Gipfeltreffen teilnimmt, dem Abkommen eine klare Absage zu erteilen: „Eine Einigung bei EU-Mercosur wäre fatal. Das Abkommen beutet die Umwelt aus, nimmt keine Rücksicht auf Menschenrechte und bringt die heimische Landwirtschaft unter massiven Druck. Bundeskanzler Nehammer muss sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass dieser Katastrophen-Pakt gestoppt wird”, so Melanie Ebner, Landwirtschaftssprecherin bei Greenpeace in Österreich.

Leak zeigt: Keine Sanktionen für Umweltverstöße

Wichtig: Beim Gipfeltreffen soll das bisher fehlende Zusatzprotokoll zum Schutz von Umwelt, Klima und Menschenrechten im Rahmen des EU-Mercosur-Abkommens vereinbart werden. Allerdings liegt der Teufel im Detail: Ein geleakter Beipackzettel hat bereits gezeigt, dass Umweltverstöße keinerlei Sanktionen nach sich ziehen würden.

Die Kritik zusammengefasst

  1. Regenwaldzerstörtung für erleichterten Export von Agrarprodukten: Der EU-Mercosur-Handelsvertrag stößt bei Klimaschützer:innen in erster Linie deswegen auf Kritik, da er negative Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt hätte. Ein Hauptgrund dafür ist die Entwaldung des Amazonas-Regenwaldes. Brasilien hat bereits eine hohe Entwaldungsrate, die durch den Handelsvertrag verstärkt werden könnte. Der Vertrag würde den Export von Agrarprodukten wie Soja und Rindfleisch erleichtern, was zu einer weiteren Ausdehnung der Landwirtschaft in der Region führen könnte. Bereits jetzt werden große Teile des Regenwalds gerodet und andere Ökosysteme zerstört, um Platz für Rinderweiden und Anbauflächen zu schaffen. Greepeace meint: „Mit dem Abkommen will die EU den Export dieser Produkte noch attraktiver machen, indem sie ein Kontingent (sogenannte Quoten) anbietet, das zollfrei oder zollbegünstigt importiert werden darf – z.B. 99.000 Tonnen Rindfleisch oder 650.000 Tonnen Bioethanol (aus Zuckerrohr). Laut Expert:innen bedeuten allein die 99.000 Tonnen zollbegünstigtes Rindfleisch mindestens 5 % jährliche zusätzliche Waldzerstörung im Mercosur-Raum.“
  2. Erhöhung CO2-Fußabdruck: Das Abkommen, das den Handel mit Produkten wie Rindfleisch, Agrarprodukten wie Soja, Pestiziden und Verbrennungsmotoren fördert, ist außerdem gleichzeitig mit hohen CO2-Emissionen und Umweltzerstörung verbunden. Das stellt eine Hürde für die Energiewende dar. Zusätzlich führt der lange Transportweg zu einem erhöhten CO2-Ausstoß. Daher ist dieses Abkommen nicht förderlich für eine gute Zusammenarbeit bei der Entwicklung grüner Wertschöpfungsketten.
  3. Rechte und Lebensqualität der Menschen gefährdet: Zu den Umweltbedenken gibt es auch Bedenken hinsichtlich der sozialen und Menschenrechtsstandards in einigen Mercosur-Ländern. Kritiker:innen argumentieren, dass der Handelsvertrag die wirtschaftliche Entwicklung und den Export von Produkten aus Ländern fördern könnte, in denen es Verstöße gegen Arbeitsrechte, Landrechtskonflikte und die Rechte indigener Völker gibt.

Trotz allem Einigung bis Ende des Jahres?

Auch heute, am zweiten Tag, stehen schwierige Verhandlungen an. Zu Beginn des Gipfels erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrel nicht umsonst, dass es sehr wahrscheinlich zu keinem großen Durchbruch kommen würde. Dennoch fügte er hinzu: „Aber ich erwarte, dass der Wille zum Ausdruck gebracht wird, weiter hart daran zu arbeiten, um bis Ende des Jahres eine Einigung zu erzielen“.

Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und die aktuelle spanische EU-Ratspräsidentschaft äußerten am Montag ebenso die Hoffnung, im nächsten halben Jahr ein Abkommen schließen zu können.

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