Hintergrund

Wird sich Apple Anthropic kaufen (müssen)?

Schluckt Apple Anthropic? © Montage Trending Topics
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Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview

Die Gerüchteküche brodelt: Apple steht derzeit in Sachen KI-Revolution ziemlich schlecht da. Nach den Ankündigungen der Entwickler-Konferenz WWDC wurde schnell klar, dass Apple bei vielen Versprechungen des letzten Jahres rund um AI und Siri nicht liefern kann (mehr dazu hier). Weiterhin muss man für aufwendigere KI-Funktionen auf eine ChatGPT-Integration setzen, und in Sachen AI-Coding wurde beim Entwickler-Tool Xcode nunmehr neben OpenAI auch Anthropic angebunden.

Parallel dazu ist ziemlich deutlich, dass Apple mit den hauseigenen On-Device-Modellen kaum konkurrenzfähig ist. Das treibt nun die Spekulationen, dass Apple eine mögliche Übernahme machen muss, um konkurrenzfähig zu bleiben. Ein Name, der dabei fällt: Anthropic: Was steckt hinter diesen Überlegungen – und wie wahrscheinlich ist ein solcher Deal überhaupt?

Anthropic: Wachstum, Ambitionen und starke Geldgeber

Anthropic ist aktuell neben OpenAI einer der Shootingstars der KI-Branche. Zuletzt stieg die Bewertung nach einer Finanzierungsrunde auf 61,5 Milliarden Dollar – insofern müsste Apple sehr tief in die Tasche greifen, um Anthropic zu kaufen.

Das Unternehmen erwartet laut eigenen Prognosen ein Umsatzwachstum auf bis zu 34,5 Milliarden US-Dollar bis 2027, selbst im Basisszenario werden 12 Milliarden Dollar angepeilt – ein enormer Sprung von den für 2025 erwarteten 2,2 Milliarden Dollar. Die Zahl der Großkunden wächst rasant, die jährliche Umsatzrate hat sich zuletzt mehr als verdoppelt. Vor allem Claude Code, also das auf Programmieren spezialisierte KI-Modell von Anthropic, erfreut sich großer Beliebtheit. Integriert ist es etwa bei Lovable, Replit, Cursor, Devin oder GitHub Copilot, und nunmehr auch bei Xcode für Developer, die Software für Apple-Plattformen bauen.

Finanziell ist Anthropic bestens abgesichert: Amazon, Google und andere haben zusammen bereits mehr als 11 Milliarden Dollar investiert. Zusätzlich wurde eine Kreditlinie über 2,5 Milliarden Dollar von einem Konsortium aus Großbanken gesichert. Diese Investoren sind nicht nur Geldgeber, sondern strategische Partner: Amazon ist inzwischen der primäre Cloud- und Trainingspartner von Anthropic, Google nutzt die Modelle für eigene Cloud-Angebote

Warum Apple Anthropic kaufen wollen könnte

Apple steht beim Thema KI unter Druck. Während Google, Microsoft (mit OpenAI) und Amazon massiv in eigene KI-Modelle investieren, hinkt Apple bei generativer KI bislang hinterher. Zwar wurde auf der WWDC 2025 das „Foundation Models Framework“ vorgestellt, das KI-Funktionen lokal auf Apple-Geräten ermöglicht. Doch für viele fortschrittliche Features – etwa im Bereich Coding – greift Apple weiterhin auf externe Modelle wie ChatGPT oder nun eben im Coding-Bereich auch Claude zurück.

Eine Übernahme von Anthropic würde Apple schlagartig Zugang zu einer der leistungsfähigsten KI-Plattformen verschaffen. Vor allem die Claude-Modelle gelten als besonders stark beim Programmieren, Textgenerierung und Reasoning. Apple könnte so seine KI-Strategie beschleunigen, die Integration in eigene Chips (Neural Engine) vorantreiben und die Abhängigkeit von OpenAI reduzieren. Mit über 200 Milliarden Dollar Cash-Reserven wäre ein solcher Deal auch finanziell machbar.

Ein spannendes Detail zur Nähe zwischen Anthropic und Apple: Das AI-Startup schreibt sich groß so genannte „Constitutional AI“ auf die Fahnen – also das verantwortungsbewusste Entwickeln von GenAI entlang von grundlegenden Regeln. Eine dieser Regeln ist, dass man sich dazu nicht nur die Deklaration der Menschenrechte zum Vorbild nahm, sondern auch die Terms of Service von Apple, in denen Datenschutz und Co groß geschrieben werden.

Riesige Investments und Übernahmen im AI-Sektor

In den vergangenen Jahren hat man bereits gesehen, wie sich Big Tech mit sehr großen Investments für AI gestärkt haben. Bei den Deals geht es auch oft darum, die Gründer und somit Top-Talente der AI-Startups zu sich zu holen:

Was gegen eine Übernahme spricht

Trotz aller strategischen Argumente gibt es gewichtige Gründe, die gegen einen Kauf von Anthropic durch Apple sprechen:

  • Starke Bindung an Amazon und Google: Beide Tech-Giganten sind nicht nur Großinvestoren, sondern auch zentrale Technologiepartner. Amazon ist der primäre Cloud- und Trainingspartner, Anthropic trainiert seine Modelle auf AWS-Hardware und ist tief in die Amazon-Cloud integriert. Google hält einen signifikanten Anteil (14 %) und bietet Claude-Modelle auch in der eigenen Cloud an. Ein Verkauf an Apple würde die bestehenden Partnerschaften massiv beeinträchtigen und könnte rechtliche wie kartellrechtliche Hürden nach sich ziehen.

  • Unabhängigkeit als Geschäftsmodell: Anthropic legt Wert auf seine Unabhängigkeit, um als neutraler Anbieter für verschiedene Plattformen agieren zu können. Eine Übernahme durch Apple würde diese Position schwächen und könnte Kunden abschrecken, die nicht an das Apple-Ökosystem gebunden sein wollen.

  • Regulatorische Hürden: Die US-Kartellbehörden beobachten die Marktmacht der großen Tech-Konzerne im KI-Sektor sehr genau. Eine Übernahme eines der letzten unabhängigen Top-KI-Startups durch Apple würde könnte auf regulatorischen Widerstand stoßen.

  • Anthropic wächst eigenständig stark: Mit den aktuellen Finanzierungsrunden, einer neuen Kreditlinie und den ambitionierten Wachstumszielen hat Anthropic wenig Grund, sich einem einzigen Tech-Konzern zu unterwerfen

  • Braucht Apple ein KI-Startup überhaupt? Als Plattform-Betreiber könnte man bei Apple auch zum Schluss kommen, dass man selbst unabhängig von einem einzelnen KI-Anbieter sein will, und man viele Anbieter (Google, OpenAI, Anthropic usw.) nebeneinander in seinen Produkten (von iPhone bis Xcode) integriert – und der User sich selbst aussucht, welche AI er nutzt.
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