Kommentar

Apple hat das Zeug dazu, zu einer echten Privatsphäre-Bastion zu werden – die natürlich ihren Preis hat

Jakob Steinschaden, Projektleiter von TrendingTopics.at. © Lorin Canaj/Apple/Montage: TrendigTopics.at
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Die Betonung der Privatsphäre seiner Kunden zieht sich wie ein roter Faden durch alles, was Apple und seine Manager dieses Jahr von sich gegeben haben. „Privatsphäre ist ein fundamentales Menschenrecht“, sagte Apple-CEO Tim Cook vor kurzem in einem Interview, und Produktankündigungen sprechen eine ähnliche Sprache. Ob Fingerabdrucksensor am iPhone, das mobile Betriebssystem iOS, Apple-Pay-Daten, oder personalisierte News – stets wird betont, dass Nutzerdaten nicht mit der Apple-ID verknüpft werden, Dinge wie Gesundheitsdaten vorrangig am Gerät und nicht in der Cloud gespeichert und verarbeitet werden, Daten nicht an Werbenetzwerke weitergegeben werden, Daten anonymisiert werden und alles – von der iMessage bis zur Apple-Maps-Route – verschlüsselt wird.

Zwischen Grundrechten und Marketing-Schmäh

Das kann man nun als Marketing-Schmäh einerseits und als Seitenhiebe gegen die Datenkraken Google und Facebook andererseits lesen. Unter dem Eindruck des NSA-Skandals und den immer stärker werdenden Forderungen nach einem starken Datenschutz in der EU (zuletzt hat der EuGH das Safe-Harbor-Abkommen zwischen den USA und der EU für ungültig erklärt) ist Privatsphäre für Apple natürlich ein immer wichtigeres Verkaufsargument. „Lass dich nicht von den Gratis-Services von Google und Facebook zum Produkt machen, sondern kauf‘ bei uns Produkte, die dir zu Diensten sind“, so die Kernaussage.

Während Google bei der vollständigen Verschlüsslung von Android wieder zurückruderte, kann sich Apple auf die Fahnen schreiben, nicht einmal auf die Daten eines iPhones zugreifen zu können, wenn man wollte. Während Facebook und Google etwa 90 Prozent ihres Umsatzes mit Online-Werbung bestreiten, für die Nutzerdaten zwecks Personalisierung bis ins kleinste Detail durchleuchtet werden, kann Apple sagen: Wir verdienen unser Geld mit dem Verkauf von Geräten (etwa 65 Prozent der Apple-Einnahmen kommen vom iPhone).

Auch Apple arbeitet mit Nutzerdaten

Nun sind Zweifel an Apples Privatsphäre-Bekenntnissen natürlich angebracht. Das iAd-Werbenetzwerk für iPhone und iPad versucht natürlich, Werbebotschaften an die richtigen Zielgruppen auszuliefern, indem Nutzerdaten analysiert werden. Die Sprachsteuerung Siri braucht den Draht zu Apple-Servern, um den Nutzer zu verstehen und antworten zu können. Und der digitale Assistent „Proactive“, der seit iOS 9 sein Werk verrichtet, muss den Nutzer durchleuchten, um ihm etwa News und Kontakte zur passenden Zeit vorschlagen zu können. Nicht zu vergessen: Mit Perceptio und Vocal IQ hat Apple erst kürzlich wieder zwei Firmen gekauft, die an Künstlicher Intelligenz und Spracherkennung, ergo mit Big Data, arbeiten. Was daraus gebaut wird, muss man erst einmal abwarten – ohne massive Apple-Server, die in den USA ihr Werk verrichten, wird es aber kaum gehen.

Was Vertreter von Google, Facebook und Co. nicht zu unrecht sagen: Ohne ihre Dienste wäre ein iPhone kein Smartphone. Ein iPhone ohne Google-Suche und Apps wie Google Maps, Facebook, Twitter, Instagram oder WhatsApp wäre für viele Konsumenten um einiges unattraktiver. Apple-Manager werden künftig noch intensiver mit der Frage ringen, ob sie weiter voll auf den Verkauf von Hardware setzen oder ob sie mit Google und Facebook um die Vorherrschaft bei Online-Diensten ringen wollen.

Das Potenzial ist da

Doch sollte sich die aktuelle Krise zwischen EU und USA rund um Safe Harbor und ein weiteres, auszuhandelndes Datenschutzabkommen verschärfen (die US-Regierung zeigte sich „zutiefst enttäuscht“ über das EuGH-Urteil), dann wäre Apple in der besten Position, am europäischen Markt mit einem Produkt vertreten zu sein, dass die Privatsphäre achtet und strenge Datenschutzauflagen einhalten kann. Wer auch sonst sollte es schaffen, wenn nicht die wertvollste Brand der Welt, für die Konsumenten ohnehin schon genug Geld ausgeben und die nicht von Big-Data-Werbung abhängig ist?

Und die Konsumenten? Ihnen wird die oft abstrakte Angelegenheit mit der Privatsphäre klarer werden. Und zwar so: Privatsphäre ist viel wert, und im Gegensatz zu Gratis-Diensten im Netz kostet sie auch etwas.

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