Analyse

Banken-Crash: Jetzt droht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft bei Banken

© Paul Fiedler auf Unsplash
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Sie liegen zeitlich nah beieinander, doch sie sind doch sehr unterschiedlich gelagert: Die Fälle der beiden Finanzhäuser Silicon Valley Bank (SVB) und Credit Suisse haben in den USA und Europa Schockwellen durch die Finanzwelt gejagt. Während die SVB von der US-Regierung keinen Bailout bekommen hat, und die zuständige Behörde FDIC nun versucht, die Reste der Startup-Bank noch irgendwie zu verscherbeln, wurde die Credit Suisse nicht nur mit Unterstützung der Schweizer Regierung vom Mitbewerber UBS gerettet – der Schweizer Staat stützt das neue UBS/CS-Kontrukt nun mit satten 200 Milliarden Franken.

Die Unterschiede zwischen der auf Startups und VCs fokussierten SVB und der auf vermögende Großkunden spezialisierten Investment-Bank CS könnten nicht größer sein. Doch der wichtigste Unterschied ist: Die Credit Suisse ist eine der 30 global systemrelevanten Banken, und SVB ist nicht systemrelevant. Das hat nun eine große Diskussion in der Finanzwelt ausgelöst: Welches Vertrauen können kleine Banken noch bekommen, wenn immer mehr Menschen gewahr werden, dass nur die Großen im Notfall gerettet werden?

Nach dem Crash der SVB standen und stehen zehntausende Startups und Kleinunternehmen vor allem in den USA vor der Frage: Welche Bank soll es zukünftig sein? Ein Weiterbetrieb der SVB, in welcher Form auch immer, scheint immer unwahrscheinlicher, da sich nur ein Käufer für die UK-Tochter (HSBC schnappte um 1 Pfund zu) fand, nicht aber für die US-Mutter. Und da macht sich aktuell folgende Meinung breit: Bloß keine Experimente, wir gehen zu einer der „Big Four“. Die „Big Four“, das sind die US-Großbanken JPMorgan Chase, Citigroup, Wells Fargo und Bank of America. Sie gehören allesamt zu den 30 global systemrelevanten Banken; auch Goldman Sachs, Morgan Stanley, State Street und Bank of New York Mellon stehen auf dieser Liste, die vom Financial Stability Board (FSB) definiert wird.

Inside the Silicon Valley Bankrun – mit Alex Windbichler von Anexia [Exklusiv]

„Großbanken sind die Gewinner“

„Ich kriege mit, dass gerade die Scale-ups zu den großen Banken gehen. Das ist verständlich, man will zu einer Bank gehen, bei der man diese Probleme so schnell nicht wieder hat“, sagt etwa Alexander Windbichler von Anexia. Sein Unternehmen ist/war Kunde der SVB und von dem Crash betroffen. In einem hörenswerten Podcast mit Trending Topics berichtete er kürzlich, was sich da genau abgespielt hat inmitten des Bankruns (mehr dazu hier). „Was ich so höre, sind die Großbanken die Gewinner. Das ist nachvollziehbar, man will jetzt keine Experimente, weil man dann den selben Fehler noch einmal machen könnte.“

Deswegen ist mittlerweile eine Diskussion um eine neue Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Bankenwelt entbrannt. Der Hedge-Fonds-Manager und Milliardär Bill Ackman etwa warnt davor, dass es eine Flucht von kleineren Banken hin zu der Handvoll systemrelevanter Banken geben könnte, wenn den Menschen klar wird, dass nur die Großen und nicht die Kleinen gerettet werden können. „Wenn das die allgemeine Wahrnehmung ist, dann dauert es keine Sekunde, bis alle Kunden von kleinen Banken ihr Geld abziehen und zu einer systemrelevanten Bank gehen“, sagt etwa David Meyer-Heinisch, Gründer und CEO des Wiener Fintechs froots, im aktuellen TT-Podcast (mehr dazu hier). Ackman meint deswegen, dass es vorübergehend einen Schutzschirm für alle Banken geben solle und nicht bloß für die systemrelevanten.

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Kleine Banken zum Spottpreis

Ken Griffin, CEO des Hedge-Fonds Citadel, sieht das konträr. Er kritisiert, dass die Einlagen aller SVB-Kund:innen auch über die Einlagensicherung von 250.000 Dollar hinaus vollständig von der US-Regierung geschützt wurden. „Verluste der Einleger wären belanglos gewesen und es hätte den Punkt deutlich herüber gebracht, dass Risiko-Management essentiell ist“, so Griffin gegenüber Bloomberg. Er wie andere sehen die Unternehmen, die Kunden der SVB in der Verpflichtung – sie hätten Risiko-Management auch hinsichtlich des Bankpartners betreiben müssen.

Einlagen schützen, die Banken selbst und ihre Shareholder aber nicht – das ist offenbar der aktuelle Kurs der US-Regierung. Auch am Beispiel der First Republic Bank (FRB), eine kleinere US-Bank aus San Francisco, sieht man aktuell: Sie wird vorerst durch eine Finanzspritze von 30 Mrd. Dollar durch Bank of America, Citigroup, JPMorgan Chase gestützt. Der Absturz des Aktienkurses konnte aber bis dato nicht aufgehalten werden, Shortseller wetten weiterhin intensiv auf einen weiteren Crash der FRB. Auch das kann am Ende die Großbanken stärken; entweder flüchten Kund:innen sowieso zu ihnen, oder sie kaufen die kleinere strauchelnde Bank zum Spottpreis.

Weniger Auswahl, weniger Jobs

Zur Erinnerung: Die UK-Tochter der SVB wurde von der größten britischen Bank zum Preis von 1 Pfund übernommen. Das hat natürlich Folgen am Markt: Zum einen haben Kund:innen weniger Auswahl unter den Banken, und der Arbeitsmarkt wird enger. Im Zuge der Übernahme der Credit Suisse durch UBS droht ein Job-Kahlschlag von zehntausenden Stellen.

Was die Bankenkrise für die Fintech-Welt bedeutet, ist offen. Verschärft sich der Trend in Richtung systemrelevanter Banken, dann könnten Neobanken wie Revolut, N26 oder Chime schwierige Zeiten bevorstehen. Ihre Gründer:innen und Manager:innen haben sich zum Thema Bankenkrise noch nicht geäußert. Auch für Fintechs, die als Software-Anbieter die Zusammenarbeit mit Banken suchen, wird sich die Frage stellen, welchen Fokus man legen wird – etwa nur mehr auf systemrelevante Banken, oder auch auf andere?

Hier die Liste der 30 global systemrelevanten Banken der FSB:

JPMorgan Chase Vereinigte Staaten
Bank of America Vereinigte Staaten
Citigroup Vereinigte Staaten
HSBC Vereinigtes Königreich
Bank of China Volksrepublik China
Barclays Vereinigtes Königreich
BNP Paribas Frankreich
Deutsche Bank Deutschland
Goldman Sachs Vereinigte Staaten
Industrial and Commercial Bank of China Limited Volksrepublik China
Mitsubishi UFJ FG Japan
Agricultural Bank of China Volksrepublik China
Bank of New York Mellon Vereinigte Staaten
China Construction Bank Volksrepublik China
Credit Suisse Schweiz
Crédit Agricole Frankreich
Groupe BPCE Frankreich
ING Groep Niederlande
Mizuho Financial Group Japan
Morgan Stanley Vereinigte Staaten
Royal Bank of Canada Kanada
Santander Spanien
Société Générale Frankreich
Standard Chartered Vereinigtes Königreich
State Street Vereinigte Staaten
Sumitomo Mitsui FG Japan
Toronto-Dominion Bank Kanada
UBS Schweiz
Unicredit Italien
Wells Fargo Vereinigte Staaten
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