Klimakonferenz

COP27: Türöffner für CO2-Washing für Unternehmen befürchtet

John Kerry, Klima-Beauftragter der USA. © UNclimatechange (CC BY-NC-SA 2.0)
John Kerry, Klima-Beauftragter der USA. © UNclimatechange (CC BY-NC-SA 2.0)
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Weil es auch am Freitag keine Einigung auf einen Abschlusstext gab, wird die UN-Klimakonferenz COP27 noch auf den morgigen Samstag verlängert – in der Hoffnung, dass sich die Vertreter:innen von etwa 200 Ländern auf neue und konkretere gemeinsame Ziele einigen können. Der Vorschlag („Non-Paper“) für die Abschlusserklärung, der bis dato vorliegt, lässt viele Lücken offen – etwa den gemeinsamen Willen, aus allen fossilen Brennstoffen – Öl, Gas und Kohle – weltweit auszusteigen.

Vielmehr warnen aktuell Beobachter:innen, dass sich in das Endergebnis eine Möglichkeit zu Greenwashing im großen Stil einschleichen könnte. National festgelegte Beiträge (Nationally Determined Contributions; NDCs) sind das Herzstück des Pariser Klimaabkommens; es sind die Ziele für die Verringerung der Treibhausgasemissionen, als wie viel CO2 jedes Land einspart, und alle fünf Jahre werden diese NDCs upgedatet. Nun ist im Vorschlag zu lesen, dass es so genannte „Mitigation Contributions“ (Minderungsbeiträge) geben soll, also Minderungsbeiträge durch Unternehmen, die Investitionen in Erneuerbare Energien in anderen Ländern (v.a. des Globalen Südens) tätigen.

Für diese Investitionen sollen sie sich CO2-Zertifikate anrechnen lassen können, um ihren CO2-Fußabdruck zu Hause zu senken. John Kerry, der US-Sondergesandte in Sachen Klimathemen, nannte den Plan einen „neuen, strategischen Ansatz für die Zusammenarbeit im Bereich Technologie und Innovation in Entwicklungsländern.“ Und stieß damit sofort auf Kritik. „Unternehmen müssen ihre Emissionen reduzieren, wenn wir die Pariser Klimaziele einhalten wollen, nicht kompensieren“, so etwa der EU-Klimapolitiker Michael Bloss  von den Grünen, gegenüber dem Handelsblatt. „Anstatt auf ein freiwilliges Kreditsystem zu setzen, sollten die USA einen funktionierenden Emissionszertifikatehandel einführen.“

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Doppelzählung von CO2-Senkungen befürchtet

Befürchtet wird, dass es dadurch zu einer Doppelzählung von CO2-Senkungen kommen könnte – einmal in dem Land, in dem in Erneuerbare bzw. andere CO2-sparende Projekte investiert wird, und einmal in Land, wo das zahlende Unternehmen sitzt. Die Schweiz hat sich dafür ausgesprochen, die Verwendung dieser „Minderungsbeiträge“ einzuschränken, damit sie nicht von privaten Unternehmen als Ausgleichszahlungen verwendet werden können. Man solle sie besser „unadjusted contributions“ (unbereinigte Beiträge) nennen, um sie unattraktiv für Unternehmen zu machen.

Warum nun Unternehmen auf Vorschlag der USA ins Spiel kommen sollen, um CO2-mindernde Projekte zu finanzieren, hat einen Hintergrund. Die Industrieländer haben bereits vor Jahren versprochen, dass sie 100 Milliarden für Klimasschutz- und Klimaanpassungsprojekte in ärmeren Ländern springen lassen würden, bisher flossen aber nur  nur 83 Milliarden. „Jetzt gibt es großen Druck, mehr Geld nachzuschießen, weil die Industrieländer hinter den Versprechungen zurück geblieben ist. Die USA etwa hat Probleme, auf Staatsebene mehr Geld bereit zu stellen, und suchen jetzt nach anderen Wegen“, sagt Jasmin Duregger von Greenpeace, die vor Ort auf der Cop27 die Verhandlungen genau beobachtet.

„Die Industriestaaten kaufen sich so aus ihrer Verpflichtung frei, deswegen sprechen wir uns gegen solche Ablasshandel aus“, so Duregger weiter. „Wir sind gegen alle Arten von CO2-Zertifikaten und Offsetting. Wir haben keine Zeit mehr für Ausreden à la ‚Da machen wir was, und da kaufen wir uns frei.“

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ClimateTech am Vormarsch – und in der Kritik

Generell ist auf der COP27 zu sehen, dass viele Unternehmen neue Tech-Lösungen etwa aus dem Bereich Carbon Capture Storage & Utilisation (CCSU) vorstellen. Saudi Aramco, der größte Ölkonzern der Welt, will eines der größten geplanten Zentren für CO2-Abscheidung und -speicherung (CCS) der Welt aufbauen; Pathway Alliance, also der Zusammenschluss der kanadischen Teersandproduzenten, will bis 2030 massive 16,5 Milliarden Dollar in CCS investieren. Parallel dazu gibt es neue Entwicklungen in Sachen grünem Wasserstoff oder eFuels zu beobachten – oft sind es Unternehmen aus der Auto- und Fossilindustrie, die sie vorantreiben.

Aus Sicht von Umweltschützer:innen sieht das so aus. „Die Zeit des Leugnens ist vorbei, der neueste Trend vor allem in der Öl- und Gasbranche ist, dass man Klimawandel nicht mehr leugnet, sondern man mit allen möglichen kreativen Technologien um sich wirft, die Wunder wirken sollen“, so Duregger von der COP27. „Wir hören hier viel von grünem Wasserstoff, von Carbon Capture, und die Promotion von Gas als Übergangstechnologie, weil Gas jener fossile Brennstoff ist, der am wenigsten CO2-Abdruck hat.“

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