Die EU will Huawei nicht komplett verbannen. Stattdessen soll es Einschränkungen geben.
Soll es dem chinesischen IT-Konzern Huawei erlaubt werden, den Ausbau von 5G-Netzen maßgeblich in Europa mitzugestalten? Die EU-Kommission ist nun zu einer, wenn auch für die Mitgliedstaaten nicht verbindlichen Entscheidung gekommen. Das Motto lautet: Risiko mindern, aber nicht verbieten. Ohne Huawei zu nennen, gegen das Trumps USA im letzten Jahr eine große Kampagne fuhr, empfiehlt die EU-Kommission den Mitgliedsländern folgendes: Sie sollen auf Anbieter, die als mit einem hohen Risiko behaftet gelten, einschlägige Beschränkungen anwenden können. Huawei steht seit längerem im Verdacht der USA, als Handlanger der chinesischen Regierung genutzt zu werden, um 5G für Spionage-Zwecke zu verwenden.
Möglich wird dadurch der „Ausschluss von Anbietern zur wirksamen Minderung der Risiken für wichtige Anlagen und Einrichtungen“. Dazu zählen Kernnetzfunktionen, Netzverwaltungs- und koordinierungsfunktionen sowie Zugangsnetzfunktionen – diese wurden in der EU-weit koordinierten Risikobewertung als „kritisch und anfällig eingestuft“. Bis Ende April haben die Mitgliedsstaaten nun Zeit, konkrete und messbare Schritte zur Umsetzung einer Reihe von Schlüsselmaßnahmen vorzunehmen, bis 1. Oktober soll außerdem ermittelt werden, ob es vielleicht noch weitere Maßnahmen geben muss. Wo und in welchem Ausmaß Huawei hinein darf und wo nicht, obliegt also nun den Mitgliedstaaten.
Bei Huawei wird die Entscheidung der EU begrüßt. „Dieser unvoreingenommene und faktenbasierte Ansatz zur 5G-Sicherheit ermöglicht es Europa, ein sichereres und schnelleres 5G-Netz zu haben“, so ein Sprecher des Unternehmens.
Beschränkungen für Anbieter mit hohem Risiko
Die EU-Kommission will offenbar den mittlerweile schnell voran schreitenden Ausbau von 5G nicht bremsen, dazu ist die neue Funktechnologie zu wichtig. „5G-Technik ist ein Schlüsselfaktor für die europäische Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt“, heißt es seitens EU-Kommission. „Es geht um Milliarden vernetzter Objekte und Systeme, auch in kritischen Sektoren wie Energie, Verkehr, Bank- und Gesundheitswesen sowie um industrielle Steuerungssysteme, die sensible Informationen verarbeiten und Sicherheitssysteme unterstützen.“ Um diesen Datenverkehr abzusichern, werden folgende Maßnahmen empfohlen:
- die Sicherheitsanforderungen an Mobilfunknetzbetreiber verschärfen (z. B. strenge Zugangskontrollen, Vorschriften für sicheren Betrieb und sichere Überwachung, Beschränkungen für die Auslagerung bestimmter Funktionen usw.);
- die Risikoprofile der Anbieter bewerten und in der Folge auf Anbieter, die als mit einem hohen Risiko behaftet gelten, einschlägige Beschränkungen anwenden, darunter den Ausschluss von Anbietern zur wirksamen Minderung der Risiken für wichtige Anlagen und Einrichtungen, die in der EU-weit koordinierten Risikobewertung als kritisch und anfällig eingestuft wurden (z. B. Kernnetzfunktionen, Netzverwaltungs- und koordinierungsfunktionen sowie Zugangsnetzfunktionen);
- sicherstellen, dass jeder Betreiber über eine angemessene herstellerneutrale Strategie verfügt, um eine größere Abhängigkeit von einem einzigen Anbieter (oder Anbietern mit ähnlichem Risikoprofil) zu vermeiden oder zu begrenzen‚ für ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den Anbietern auf nationaler Ebene sorgen und eine Abhängigkeit von Anbietern vermeiden, die als mit einem hohen Risiko behaftet gelten; dazu muss auch jede feste Bindung („lock-in“) an einen einzigen Anbieter vermieden werden, unter anderem durch die Förderung einer größeren Interoperabilität der Anlagen und Ausrüstungen.
Schon jetzt gibt es in Europa viele Mobilfunker, die bereits Huawei-Technologie für die entstehenden 5G-Netze verwenden – kein Wunder, schließlich ist Huawei führend in dem Bereich und hält viele Patente. Möglich ist den Mitgliedstaaten nun, dass die chinesische Technologie in bestimmten, sehr sensiblen Bereichen gebannt wird, aber grundsätzlich wird Huawei nicht verboten. Es ist zudem auch im Interesse des EU-Binnenmarkts selbst, wenn Telekomunternehmen auf mehrere Hersteller gleichzeitig setzen – nach Marktführer Huawei gehen die größten Marktanteile im Netzwerkbereich auf Nokia und Ericsson aus Schweden.
Washington werden die Entscheidungen der EU-Kommission nicht schmecken. Erst gestern hat Großbritannien, ein enger geheimdienstlicher Verbündeter der USA, davon abgesehen, Huawei beim 5G-Ausbau zu verbieten. Ähnlich wie die EU es plant, soll es dafür Ausschlüsse in besonders sensitiven Kernbereichen geben.
Interessant wird noch, wie sich der Fall Huawei in Deutschland entwickelt. Dort soll der Bundesregierung ein von den USA gelieferter Beweis vorliegen, dass Huawei mit Sicherheitsbehörden Chinas zusammen arbeite. Das Handelsblatt berichtet aktuell dazu.
+++ 5G-Technologie: Kein kompletter Bann für Huawei in Großbritannien +++