Richtlinie

Digital Markets Act: Wie Tech-Giganten auf die EU-Regelung reagieren

© Christian Lue/ Unsplash
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Am heutigen Mittwoch, dem 6. März, ist der Stichtag für die größten „Gatekeeper“ der Technologiebranche, um dem Digital Markets Act (DMA) der EU zu entsprechen. Die DMA verlangt von den Megakonzernen, mehr Interoperabilität zuzulassen und die Bevorzugung ihrer eigenen digitalen Dienste zu vermeiden. Nach vielen Streitigkeiten tritt die Richtlinie nun endlich in Kraft. Die EU hat sechs Unternehmen als „Gatekeeper“ benannt, große digitale Plattformen, die „Kerndienste“ wie App-Stores, Suchmaschinen und Webbrowser anbieten: Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta und Microsoft. The Verge hat berichtet, wie die Konzerne auf die Regelung reagieren.

Digital Markets Act: Twitter/X und Bing zu unwichtig, um als Gatekeeper zu zählen

Digital Markets Act soll mehr Fairness schaffen

Bis zum 6. März müssen die sechs Gatekeeper die DMA-Regeln für die 22 von der Europäischen Kommission festgelegten Dienste einhalten. Bis zum 7. März müssen diese Unternehmen der EU Berichte vorlegen, in denen sie erklären, wie sie die Regeln einhalten wollen. Europäische Beamte werden diese Pläne später in Workshops mit jedem der betroffenen Konzerne bewerten.

Im Allgemeinen müssen die Plattformen proaktive Maßnahmen ergreifen, die nach Ansicht der EU die digitalen Märkte fairer und offener machen. So müssen Gatekeeper beispielsweise die Interoperabilität von Drittanbietern mit ihren Diensten zulassen, sie dürfen ihre eigenen Produkte in Rankings nicht gegenüber denen von Wettbewerbern bevorzugen und sie dürfen den Zugang zum App-Store für externe Entwickler nicht von der Nutzung ihrer Zahlungssysteme oder anderer Dienste abhängig machen.

Gatekeeper müssen bestimmte Dienste anpassen

Die Europäische Kommission geht davon aus, dass eine Plattform ein Gatekeeper ist, wenn sie zwei Bedingungen erfüllt. Erstens muss sie in den letzten drei Steuerjahren in der EU einen Jahresumsatz von mindestens 7,5 Milliarden Euro oder eine durchschnittliche Marktkapitalisierung von 75 Milliarden Euro im letzten Steuerjahr erzielt haben und ihre Kernplattform in mindestens drei EU-Mitgliedstaaten anbieten. Zweitens muss das Unternehmen eine Kernplattform mit mindestens 45 Millionen monatlich aktiven Nutzer:innen in der EU und mehr als 10.000 jährlich aktiven Geschäftskunden in der EU in jedem der letzten drei Steuerjahre betreiben.

Die Kommission hat für jeden der benannten Gatekeeper spezifische Dienste ermittelt, die ihrer Ansicht nach den DMA-Vorschriften unterliegen. Gatekeeper, die sich nicht an die Regeln halten, können mit Geldbußen von bis zu 10 Prozent des weltweiten Umsatzes belegt werden, bei wiederholten Verstößen sogar mit bis zu 20 Prozent.

…und plötzlich sieht Google schwach aus

Alphabet

Die Google-Muttergesellschaft Alphabet hat eine Reihe von Diensten, die unter die DMA-Richtlinien fallen. Neben Google-Services zählen dazu auch YouTube oder das Android-Betriebssystem. Der Konzern kündigte daher eine Reihe von Änderungen an. Dazu zählen unter anderem Auswahlbildschirme für die Auswahl eines Standardbrowsers auf Android-Geräten sowie einer Standardsuchmaschine im plattformübergreifenden Chrome-Browser. Diese Auswahl sollen User ab jetzt treffen können.

Darüber hinaus will Alphabet mehr Links zu konkurrierenden Websites bei der Google-Suche nach Dingen wie Flügen und Hotels bieten. Auch geplant ist eine Ausnahmeregelung für die gemeinsame Nutzung bestimmter Daten. Für Entwickler von Play Store-Apps soll es die Option geben Nutzer:innen in Europa außerhalb ihrer Apps zu leiten, um alternative Zahlungsangebote zu fördern.

Die von Alphabet vorgeschlagenen Änderungen haben einige Wettbewerber verärgert, insbesondere kleinere, spezialisierte Suchplattformen. Die Online-Bewertungsplattform Yelp behauptete kürzlich, dass die Suchänderungen nicht nur „gegen das DMA-Verbot der Selbstreferenzierung verstoßen, sondern sogar die Rate erhöhen, mit der die Nutzer:innen in Googles ummauertem Garten bleiben.“ Auch das Konzept der Auswahlbildschirme stellen einige in Frage.

Digital Markets Act: Apple soll Ökosystem für Konkurrenten öffnen

Apple

Apple ist eines der Haupt-Ziele des Digital Market Act. Sowohl das iOS-Betriebssystem, der Safari-Webbrowser und der App Store gelten als „Kernplattformdienste“. Besonders der App Store ist für seine hohen Gebühren für Entwickler berüchtigt. Am 25. Jänner kündigte das Unternehmen an, dass es mit dem Update iOS 17.4 mehrere Änderungen einführen wird, um die neuen EU-Vorschriften einzuhalten.

So will Apple den Vertrieb von iOS-Apps über Marktplätze von Drittanbietern ermöglichen. Daneben soll es APIs geben, die es Entwicklern von Drittanbieter-Marktplätzen ermöglichen, App-Installationen und Updates zu verwalten. Auch Browser-Engines von Drittanbietern will Apple nun unterstützen und iOS-Nutzer:innen dazu auffordern, einen Standardbrowser auszuwählen.

Apple hat diese Maßnahmen nur sehr widerwillig umgesetzt und auch hier gibt es viel Kritik. Sie gelten bei Kritiker:innen als unzureichend oder sogar als „böswillige Compliance“. Apples neue Regeln würden von App Store-Alternativen verlangen, entweder eine „Core Technology Fee“ von 50 Cent für Apps mit mehr als einer Million Downloads zu zahlen oder sich an die 15 bis 30 Prozent zu halten, die das Unternehmen derzeit einbehält.

Meta: Facebook und Instagram könnten in Europa kostenpflichtig werden

Meta

Der Facebook-Betreiber Meta hat eine lange Tradition bei der Übernahme konkurrierender sozialer Netzwerke und Messaging-Dienste und verfügt über eine leistungsstarke Werbeplattform. Neben Facebook selbst fallen auch Dienste wie Instagram, WhatsApp und Messenger unter den DMA.

Meta will in Zukunft unter anderem plattformübergreifende Nachrichten von Drittanbietern ermöglichen, vorrangig für WhatsApp. Allerdings hat Meta gegen einige Teile seiner Einstufung als Gatekeeper Berufung eingelegt. Im November argumentierte das Unternehmen, dass Messenger und Marketplace nicht auf die Liste gehörten, da es sich bei ersterem um eine integrierte Facebook-Funktion und bei letzterem um einen Verbraucher-zu-Verbraucher-Dienst handele, bei dem Meta nicht als Vermittler auftrete. Bis zum Ablauf der Frist in dieser Woche ist die Anfechtung noch nicht abgeschlossen.

Amazon kauft 100 % atombetriebenes Rechenzentrum für 650 Mio. Dollar

Amazon

Der E-Commerce-Gigant Amazon dominiert sein Feld mit einem komplexen Datenerfassungssystem und einem riesigen Marktplatz für Drittanbieter. Sowohl der Online-Marktplatz als auch das Werbegeschäft fallen unter den DMA. Bereits jetzt bitten Amazon Kund:innen, die seinen EU-Shop besuchen, um Erlaubnis, ihre Daten für personalisierte Werbung zu sammeln. Außerdem hat sich Amazon verpflichtet, Werbetreibenden und Publishern mit Kampagnen in der EU „neue, erweiterte Berichte“ zur Verfügung zu stellen, auf die sie über die Amazon-Website zugreifen können. Diese Berichte enthalten detailliertere Informationen darüber, wie viel ein Werbetreibender für Anzeigen bezahlt und wie viel ein Publisher von Anzeigen erhält, die auf einer Website oder App eines Drittanbieters angezeigt werden.

Amazon hat jedoch noch nicht im Detail dargelegt, welche Änderungen – wenn überhaupt – man vornimmt, um sicherzustellen, dass sein Marktplatz den Wettbewerb im Rahmen des DMA fördert. Die Regeln könnten bedeuten, dass das Unternehmen seinen Marken in den Suchergebnissen keine Vorzugsbehandlung einräumen oder Produkte von Drittanbietern kopieren darf – beides wurde Amazon in der Vergangenheit bereits vorgeworfen. Außerdem ist Amazon seit langem Gegenstand kartellrechtlicher Untersuchungen in der EU, wo die Regulierungsbehörden das Unternehmen beschuldigten, Verkäuferdaten zu missbrauchen, um der Konkurrenz voraus zu sein.

Microsoft und Intel starten milliardenschweren Deal rund um kundenspezifische Chips

Microsoft

Microsofts Windows-Betriebssystem fällt unter die DMA-Vorschriften. Der Konzern hat nun die Möglichkeit eingeführt, die integrierte Bing-Websuche zu deaktivieren. Es gibt auch eine neue Option zur Deinstallation des Edge-Browsers sowie die Möglichkeit für Unternehmen wie Google ihre eigenen benutzerdefinierten Websuchen in Windows einzubinden. Als Teil der DMA-Regeln, die die Deinstallation von vorinstallierten Apps erleichtern sollen, werden Windows 11-Nutzer:innen auch die Apps Kamera, Cortana und Fotos deinstallieren können.

All diese Änderungen hat Microsoft bereits auf Geräten in Europa ausgerollt. Die EU hatte zunächst eine Reihe anderer Microsoft-Tools als Gatekeeper-Dienste aufgeführt. Der Konzern legte jedoch erfolgreich Einspruch ein, um Edge, Bing und Microsoft Advertising vom DMA auszunehmen, nachdem die Regulierungsbehörden Microsofts Argumentation zustimmten, dass diese Services nicht als Gatekeeper-Dienste gelten.

„TikTok zerstört willkürlich mein Business“: Wie der Österreicher TechMagnet einfach gesperrt wurde

ByteDance

Der chinesische Tech-Riese ByteDance ist das einzige nicht-amerikanische Unternehmen, das bisher im Rahmen des Digital Markets Act als Gatekeeper gilt, und es hat nur einen einzigen abgedeckten Dienst: Das soziale Netzwerk TikTok. ByteDance teilte Anfang dieser Woche mit, wie TikTok die Richtlinien einhalten will. Die Plattform hat eine API eingeführt, mit der europäische Nutzer:innen ihre Daten an andere Apps übertragen können, die sich bei TikTok registriert haben, um das Tool zu nutzen.

Registrierte Entwickler können Beiträge, Follower und andere Aktivitäten von TikTok mit der Erlaubnis der User auf ihre eigenen Apps übertragen. TikTok sagte, dass es auch sein „Download your Data“-Tool verbessert hat, mit dem einzelne Nutzer:innen ihre Beiträge und andere Informationen exportieren und herunterladen können. Und es wird „verbesserte Lösungen zur Datenübertragbarkeit“ für Geschäftskonten geben.

ByteDance erhebt jedoch gleichzeitig Einspruch gegen seine Einstufung als „Gatekeeper“ und behauptet, dass TikTok im Gegenteil „der wohl fähigste Herausforderer für etablierte Plattformunternehmen ist“. Es argumentiert, dass die Kommission ihre Analyse auf die globale Marktkapitalisierung von ByteDance gestützt hat, die nach Angaben des Unternehmens Geschäftsbereiche widerspiegelt, die nicht einmal in Europa tätig sind, und dass TikTok selbst nicht die erforderliche Umsatzschwelle erreicht.

Digital Markets Act betrifft vor allem US-Konzerne

Die Aufnahme von ByteDance hat laut The Verge eine einzigartige politische Dimension. Einige Kritiker:innen meinen nämlich, dass die EU ungerechterweise nur amerikanische Unternehmen ins Visier nimmt. Ein zweites nicht in den USA ansässiges Unternehmen, Samsung, wurde zunächst genannt, später aber von der Gatekeeper-Liste gestrichen. Dass ein chinesischer Konzern nun auf der Liste steht, soll dieser Kritik entgegenwirken.

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