First Republic Bank muss von JPMorgan Chase um 10,6 Mrd. Dollar gerettet werden
Sollte er zuletzt immer noch Kunde gewesen sein, dann hat der ehemalige US-Botschafter in Österreich, der Internet-Unternehmer Trevor Traina, eine neue Bank. Denn die First Republic Ban (FR), wo Traina wie viele andere Wohlhabende im Silicon Valley ihre Bankkonten hatten, ist nun in einem Notverkauf an die größte Bank der Welt, JPMorgan Chase, verkauft worden. Vor wenigen Stunden wurden Kund:innen der FRB informiert: „Sie und Ihr Vermögen sind nun durch die starke Bilanz von JPMorgan Chase abgesichert, und alle Ihre Einlagen sind geschützt.“
Während die Einlagen der Kund:innen gerettet sind, sind die Aktien der Bank derzeit fast nichts mehr wert. Der Aktienkurs der kalifornischen Bank ist um mittlerweile etwa 97% eingebrochen. „Der Zusammenbruch der First Republic Bank hat zwar keine direkten Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, gibt aber Anlass zur Sorge über die Stabilität des US-Bankensystems. Die acht Zinserhöhungen des vergangenen Jahres waren für kleine und mittlere Banken in den USA sehr schmerzhaft – der Zusammenbruch der First Republic Bank ist also wahrscheinlich nicht der letzte. Ein möglicher Konkurs der Bank könnte eine umfassendere Finanzkrise im Land auslösen, die den Immobilienmarkt und viele andere damit verbundene Branchen in Mitleidenschaft ziehen würde, was massive Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben könnte“, so Ruslan Lienkha von YouHodler, einer auf Krypto spezialisierten Fintech-Plattform mit Sitz in der Schweiz.
Die First Republic mit Hauptsitz in San Francisco und damit am Eingangstor zum Silicon Valley ist die vierte Bank innerhalb weniger Monate, die zusammenbrach und geschlossen oder gerettet werden musste. Die FDIC, also der Einlagensicherungsfonds der Vereinigten Staaten, musste die FRb schließen und in einer Auktion den Notverkauf einleiten. Es ist die vierte US-Bank innerhalb von drei Monaten. Hier ein Ablauf der Ereignisse:
- Silvergate Bank | Liquidation am 9. März 2023
- Silicon Valley Bank | Schließung am 10. März 2023 | Verkauf an die First Citizens Bank am 27. März 2023
- Signature Bank | Schließung am 12. März
- Credit Suisse | Rettung am 16. März durch die Aufnahme eines Kredits von 50 Milliarden Schweizer Franken (rund 50 Mrd. Euro) bei der Schweizer Nationalbank | Verkauf an die UBS am 20. März
- First Republic Bank | vorläufige Rettung am 16. März durch Finanzspritze von 30 Mrd. Dollar durch Bank of America, Citigroup, JPMorgan Chase u.a. | Verkauf an JPMorgan Chase am 1. Mai 2023
Bis zuletzt wurde eine Rettung der FRB verhandelt. Nun gibt es einen Deal: JPMorgan Chase bezahlt 10,6 Milliarden Dollar an die Federal Deposit Insurance Corp (FDIC), die die gescheiterte Bank aus San Francisco zwischenzeitlich übernahm, und bekommt dadurch den größten Teil der Vermögenswerte der Bank. Der Zusammenbruch der First Republic ist der größte seit Washington Mutual im Jahr 2008. Was JPMorgan Chase nicht übernimmt, sind die Unternehmensschulden und die Aktien der FRB.
Dass die FRB ein Wackelkandidat ist, ist seit Wochen klar. Zuletzt wurde bekannt, dass das Vertrauen der Kundschaft durch die Schieflage massiv erschüttert war. Innerhalb des Monats März zogen Kund:innen satte 100 Milliarden Dollar an Einlagen aus der Bank ab – diese hatte mit Ende des dritten Quartals 2023 wie berichtet nur mehr 104,5 Milliarden Dollar Einlagen, darunter jene 30 Milliarden Dollar, die elf große US-Banken (u.a. Bank of America, Citigroup, JPMorgan Chase) zur Stützung der FRB eingezahlt hatten. Die FDIC (als Behörde stets zuständig für gestrauchelte Banken) schätzt die Kosten für den Einlagenversicherungsfonds auf etwa 13 Milliarden Dollar.
First Republic Bank: Kund:innen zogen im März 100 Milliarden Dollar ab
JPMorgan: „Diese Akquisition ist von bescheidenem Nutzen“
„Unsere Regierung hat uns und andere aufgefordert, sich zu beteiligen, und das haben wir getan“, so Jamie Dimon, Chairman und CEO von JPMorgan Chase. „Unsere Finanzkraft, unsere Fähigkeiten und unser Geschäftsmodell haben es uns ermöglicht, ein Angebot zur Durchführung der Transaktion zu entwickeln, das die Kosten für den Einlagensicherungsfonds minimiert. „Diese Akquisition ist für unser Unternehmen insgesamt von bescheidenem Nutzen, sie ist für die Aktionäre wertsteigernd, sie trägt dazu bei, unsere Vermögensstrategie weiter voranzutreiben, und sie ist komplementär zu unserem bestehenden Geschäftsfeld.“
Da kann man schon lesen: JPMorgan Chase tut der US-Regierung einen Gefallen und rettet die nächste gescheiterte Bank und vor allem deren Kund:innen. Die US-Großbank übernimmt Einlagen in Höhe von ca. 92 Mrd. US-Dollar, darunter jene erwähnten 30 Mrd. US-Dollar an Großbankeinlagen. Außerdem wird die FDIC Verlustbeteiligungsvereinbarungen für erworbene Einfamilienhaus-Hypothekendarlehen und gewerbliche Kredite sowie für eine fünfjährige, festverzinsliche Finanzierung in Höhe von 50 Mrd. USD anbieten. Letzteres ist ein ordentliches Zuckerl für den Deal, den Dimon da „von bescheidenem Nutzen“ bezeichnet.
First Republic Bank: Kund:innen zogen im März 100 Milliarden Dollar ab
Auch der Instacart-Gründer war Kunde
FRB-Kund:innen können aufatmen, sie erhalten nun zusätzlich zu den FRB-Filialen Zugang zu 4.700 Chase-Filialen in allen Bundesstaaten sowie 16.000 Geldautomaten. „Sie können weiterhin Ihre bevorzugte First Republic-Bankfiliale besuchen, um Finanztransaktionen zu tätigen, und im Laufe der Zeit werden Sie Zugang zum umfangreichen Filialnetz von JPMorgan Chase haben, dem größten des Landes“, so die Nachricht an Kund:innen.
Für JPMorgan Chase eröffnet sich nun die Möglichkeit, an vermögende Kund:innen und Unternehmenskunden heranzukommen. Neben Trevor Traina, der sogar Testimonial der FRB ist/war, sind zahlreiche MedTechs (z.B. Dyne Therapeutics, Rocket Pharmaceuticals), VC- und Private Equity-Unternehmen (z.B. Manna Tree Partners, Sumeru Equity Partners, Fika Ventures, Francisco Partners, Mac Venture Capital) oder Gründer (Apoorva Mehta von Instacart, Mark Zuckerberg) Kunden der FRB. Die bekommen nun eine neue Heimat bei der wertvollsten Bank der Welt.
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