Interview

Harvard vs. Trump: „Die Innovations-Maschine Amerikas wird jetzt direkt attackiert“

Werner Wutscher (CEO) von New Venture Scouting © Luiza Puiu
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Er war gerade erst in Harvard und hat die Lage vor Ort aus erster Hand mitbekommen: Werner Wutscher ist Gründer von New Venture Scouting, Vorstandsmitglied des European Forum Alpbach und Mitglied des Startup-Rats der Bundesregierung und hat kürzlich die Privatuniversität in Cambridge, Massachusetts, besucht. Diese steht derzeit unter schwerem Beschuss der Trump-Administration, die Harvard Gelder in Milliardenhöhe gestrichen hat und versucht, ein Verbot für ausländische Studierende durchzusetzen.

Wutscher schildert im Interview, wie die Lage vor Ort ist, was Trump damit bezwecken will, und ob die Forscher nun den Weg nach Europa suchen.

Trending Topics: Sie waren gerade in Harvard unterwegs – jener Elite-Universität, die Trump den Krieg erklärt hat. Wie war die Ein- und Ausreise in die USA?

Werner Wutscher: Die Ein- und Ausreise war überraschend einfach. Ich bin in der Vergangenheit am Logan Airport in Boston länger gestanden. Wir waren in 15 Minuten durch. Kein Problem.

Was hat Sie nach Harvard geführt?

Ich hatte ein 20-jähriges Klassentreffen. Ich habe ja 2005 an der Harvard Kennedy School graduiert und wir haben uns da jetzt wieder getroffen. Es war sehr toll.

Was passiert gerade in Harvard?

Das Spannende ist, dass Trump, der ja die Elite allgemein bekämpft, sich nun auch die Universitäten herausgepickt hat und denen systematisch das Leben schwer macht. Der Katalog, der hier gewählt wurde, ist sehr differenziert. Da sieht man, dass ein Schlachtplan dahinter liegt. Es wurden zuerst Zuweisungen in der Höhe von zwei Milliarden Dollar gekürzt. Dann noch einmal 450 Millionen von anderen Ministerien. Und schließlich kam der Schritt, internationale Studenten die Aufenthaltsgenehmigung in den USA zu widerrufen.

Wie wird dieser Angriff von Trump dort wahrgenommen?

Das Besondere an Harvard ist die Offenheit und Internationalität. Es ist kein Elfenbeinturm, sondern es gibt eine extrem offene Diskussion. Bei unseren drei Tagesveranstaltungen gab es viele Panels mit internationalen Sprechern. Da wird sehr, sehr intensiv diskutiert.

Es ist eine Diskreditierung höherer Bildung. Systematisch wird höhere Bildung und Wissenschaft schlecht gemacht. Was ich erlebe, ist sehr starke Solidarität der Professoren mit ihren Institutionen. Meine Professoren haben alle gesagt, wir bleiben jetzt hier. Harvard hat sich an die Spitze einer Bewegung von 300 amerikanischen Universitäten gestellt, die den Rechtsweg einschlagen.

Warum ist gerade Harvard so im Fokus?

Es gibt einen objektiven Grund: Harvard hat sich geweigert, die gesamte Policy des Heimatministeriums auszurollen – nämlich genau zu melden, welche Studierenden da sind, was die tun am Campus. Aber es gibt ganz viele Bildungsinstitutionen in Amerika, die massiv unter Druck gekommen sind. Das Bildungsministerium wurde abgeschafft. Dahinter ist ein Kulturkampf sichtbar, der sich gegen Eliten richtet.

Was hat Trump gegen die Wissenschaft?

Universitäten als Ort des freien Denkens sind auch immer unbequem für Regierende. Aber das Interessante ist: Es gab in Amerika einen Grundkonsens, dass Elite-Universitäten die weltbeste Forschung bringen. Diese ist die Grundlage für Innovationen, die dann in Spin-offs münden. Das war die Innovations-Maschine Amerikas. Und die wird jetzt direkt attackiert.

Findet eine Abwanderung kluger Köpfe wirklich statt?

Man muss unterscheiden: Bei Life Science-Projekten, wo plötzlich das Geld weg ist, überlegen sich Forscher schon, ob sie woanders weitermachen können. Aber Professoren ohne große Infrastruktur haben viele gesagt: Ich bleibe aus Solidarität zur Universität.

Um was geht es beim Verbot für ausländische Studierende?

Es geht darum, das Geschäftsmodell von Harvard zu zerstören. An der Kennedy School waren 59 Prozent internationale Studierende. Die sollen sofort die Aufenthaltsgenehmigung verlieren – von heute auf morgen. Diese Internationalität bedeutet Diversität, und Harvard lebt von dieser Internationalität.

Wie funktioniert die Finanzierung von Harvard?

Von 6,4 Milliarden jährlichem Gesamtaufwand kommen 2,6 Milliarden nur aus den Erträgen der Stiftung – dem Endowment (Stiftungsfonds, Anm.) von 52 Milliarden Dollar. Das sind fast 14.000 unterschiedliche Töpfe von privaten Spendern. Die Studiengebühren machen nur 1,3 Milliarden aus. Das zeigt: Da ist schon Spielmasse, aber wenn das steuerlich nicht mehr begünstigt wird, wird es schwierig.

Wie blickt Harvard in die Zukunft?

Das Besondere ist: Trotz der dramatischen Situation sind die Leute grundsätzlich viel optimistischer und humorvoller als wir in Europa, wo wir uns zu Tode jammern – obwohl es uns materiell besser geht.

Kann Europa von der Situation profitieren?

Es wäre wünschenswert, wenn mehr Forscher nach Europa kämen, weil die sind es gewohnt, den Impact in die Gesellschaft genauso wichtig zu nehmen wie ihre Forschung. Das ist ein Riesenthema in Österreich. Aber man braucht auch gute Infrastruktur und tolle Gelegenheiten.

Sind auch Österreicher betroffen?

Ich kenne keine genauen Zahlen, aber das wird sicherlich dutzende Österreicher betreffen.

Wie geht die Sache nun weiter?

Die Rechtsverfahren werden laufen, aber sehr lange dauern. Es wird stark darauf ankommen, wie andere sich positionieren und klar machen, dass höhere Bildung eine Grundvoraussetzung für Demokratie ist (Anm.: In einer einstweiligen Verfügung hat ein US-Gericht vorerst den von der Regierung forcierten Aufnahmestopp ausländischer Studenten gestoppt).

Gibt es Solidarität von anderen Unis?

Es gab zum Teil große Zurückhaltung, weil Angst spürbar ist. Harvard hat sich an die Spitze gestellt und kriegt das Fett ab. Ich hoffe, dass auch andere Universitäten jetzt Solidarität zeigen werden.

Das Interview gibt es hier auch als Podcast zu hören:

Harvard vs. Trump: „Angriff auf Innovations-Maschine der USA“ – feat. Werner Wutscher

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