Kommentar

Krypto-Steuern: Der Staat als Sheriff von Nottingham

Kryptowährungen & Steuern. © Sergei Tokmakov Terms.Law / Pixabay
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„Willkür“, „Frechheit“, „staatlicher Diebstahl“: Nachdem gestern der Gesetzesentwurf für die „ökosoziale Steuerreform“ präsentiert wurde, gehen bei Krypto-Tradern die Wogen hoch. Der Stein des Anstoßes: Die Kapitalertragssteuer (KESt) ist künftig auch auf alle Kryptowährungen anzuwenden, die nach dem 28. Februar 2021 angeschafft wurden – und nicht erst etwa ab dem 1. März 2022, an dem das Gesetz in Kraft treten soll.

Der Staat implementiert also nachwirkend eine Steuer, die vor allem die Hodler, also all jene, die eben nicht mit den Assets spekulieren, bezahlen sollen. Und: Er ändert rückwirkend ein Gesetz, aufgrund dessen viele Menschen überhaupt erst investiert haben. Das hätte auch dem berüchtigten Sheriff von Nottingham nicht besser einfallen können.

Steuern: Alte Gesetze, neue Gesetze

Der hat in den Robin Hood-Filmen und -Büchern bekanntlich Freude daran, in Abwesenheit vom König die Bevölkerung mit immer neuen Steuern zu malträtieren. In den Balladen kämpft Robin Hood gegen dieses Unrecht an, in der Realität formiert sich bereits Widerstand in der Hodl-Bevölkerung.

Zurecht, wie ich meine: Wer heute beim Finanzministerium nach den Krypto-Steuerregeln sucht, kommt auf die Unterseite „Steuerliche Behandlung von Krypto-Assets“. Diese Regeln werden viele Krypto-Investor:innen herangezogen haben, als sie Anfang des Jahres ihre Assets erwarben. Diesen Schluss lassen zumindest die vielen erbosten Kommentare zu, die wir und andere Medien erhalten haben.

Bedeutet also: Bürger:innen haben Geld aufgrund einer Gesetzgebung investiert, die klar definiert, wann das Investment steuerfrei wird: „Erfolgt hingegen keine zinstragende Veranlagung, ist die Veräußerung oder der Tausch von Krypto-Assets als Spekulationsgeschäft gemäß § 31 EStG dann steuerrelevant, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.“ Noch erstaunlicher ist nur ein Umstand: Der aktuelle Gesetzesentwurf würde Hodler (a.k.a. Sparer) strafen, Spekulationen aber sogar belohnen – der Tausch gegen andere Kryptowährungen unterliegt nämlich nicht der Steuerpflicht; der Wert der eingetauschten Kryptos wird auf die erhaltenen Kryptos übertragen.

Bullrun für die Staatskassen

Die größten Verlierer der (noch nix fixen) Reform wären also all jene, die nach dem 28. Februar 2021 eingekauft haben. Bisher galt, dass es nach einem Jahr Haltefrist Steuerfreiheit auf die Gewinne gibt. So gibt es viele, die dieses Jahr investiert haben – in der Erwartung, dass sie BTC und Co ein Jahr halten können, um dann steuergünstig auszucashen. Das fällt, zumindest dem aktuellen Vorschlag nach, weg.

Warum genau dieser Stichtag gewählt wurde und nicht ein anderer? Wahrscheinlich, weil der 28. Februar genau ein Jahr vor dem Start des geplanten Gesetzes liegt. Man hätte auch den 1. März 2022, den 1. Jänner 2022 nehmen können. Aber dann wäre das Bullenjahr nicht drin gewesen. Denn 2021 war nicht irgendein Jahr, sondern das bisher stärkste in der Krypto-Welt, mit immer neuen Rekordwerten und steilen Wachstumskurven bei Bitcoin, Ethereum, Cardano, Solana und Co. „Das war die Zeit, wo der Bullrun richtig losgegangen ist, da lässt sich einiges an Steuern mitnehmen“, vermutet etwa Florian Wimmer, CEO vom Krypto-Steuer-Startup Blockpit, im aktuellen Podcast von Trending Topics.

Nur: Soll sich der Staat am vielzitierten „kleinen Mann“, der „kleinen Frau“ bedienen? Viele Kryptokäufer:innen aus meinem bzw. unserem direkten Umfeld handeln nicht mit hunderttausenden Euro, sondern wollten aus ein paar hundert Euro einen netten Urlaub machen. Bei 27,5 Prozent Steuern wird es dann sicher nicht die Reise nach Nottingham, eher zwei Tage Sightseeing in Hintertupfing.

Sparen an anderer Stelle

Klar: Der Staat hat das Recht, Steuern einzuheben und Vermögenswerte zu besteuern. Dann aber bitte transparent und planbar. Ein Staat, der hunderte Millionen für sinnbefreite PR und noch mehr Geld für diverse Steuerzuckerl für gut Betuchte ausgibt, hat darüber hinaus genug Einsparungspotenzial bei anderen Dingen. Nur zum Vergleich: Der Fiskus erwartet sich 2023 etwa 50 Millionen, 2024 schon 200 Millionen und dann 2025 satte 300 Millionen Euro an Steuereinnahmen aus Krypto-Assets. In zwei Jahren würde man also in etwa das einnehmen, was man Ende des vergangenen Jahres als Medienetat ausschrieb – auf Kosten aller Krypto-Fans, die langfristig von ihren Investments profitieren wollten. Der Sheriff von Nottingham lässt grüßen.

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