Doktortitel-Streit: WU Wien droht Auftrag für Kultur-Token-Projekt zu verlieren
Der Widerruf des Doktortitels der Blockchain-Expertin Shermin Voshmgir durch die Wirtschaftsuniversität Wien könnte weitere Folgen haben. Denn Voshmgir leitete dort das interdisziplinäre Forschungsinstitut für Kryptoökonomie – und dieses wurde mit der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts „Kultur Token“ der Stadt Wien betraut. Bei dem Blockchain-Projekt, das international für Aufsehen sorgte, geht es darum, Bewohner der Stadt mit Krypto-Token für klimaschonendes Verhalten zu belohnen.
„Die Zusammenarbeit mit Shermin Voshmgir gründet nicht auf dem zwei Jahrzehnte zurückliegenden Erwerb eines akademischen Titels, sondern auf ihrer aktuellen Expertise im Bereich Blockchain-Technologie und Token-Ökonomie. Sollte diese Expertise seitens des Forschungsinstituts für Kryptoökonomie nicht mehr bestehen, muss die Vergabe der wissenschaftlichen Begleitung für das Projekt Kultur-Token neu beurteilt werden“, heißt es seitens Stadt Wien. Neben der WU Wien ist auch die Universität Koblenz-Landau wissenschaftlicher Begleiter ein Partner des Wien-Token-Projekts.
Plagiate in 20 Jahre alter Doktorarbeit
Voshmgir wird vorgeworfen, ihre Doktorarbeit aus dem Jahr 2001 zu großen Teilen abgeschrieben zu haben. Auf der Wiki-Plattform VroniPlag wurde das dokumentiert (Trending Topics berichtete). Die WU Wien hat deswegen unabhängige Gutachten in Auftrag gegeben und Voshmgir letztendlich den Doktortitel entzogen – das ist noch nicht rechtskräftig. Voshmgir will gegen den Widerruf ihres Titels rechtlich vorgehen und hat dazu ihre Anwälte eingeschaltet.
Der „Kultur Token“ wurde im Februar wie berichtet in den Testbetrieb genommen und soll Nutzer mit Token belohnen, wenn sie etwa mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Diese Token wiederum kann man dann gegen Tickets in Kultureinrichtungen in Wien eintauschen. Wegen der Corona-Krise und den Lockdowns wurde die App, die Beta-Tester bereits ausprobieren konnten, bis auf weiteres ruhend gestellt, soll aber wieder aktiviert werden.
„Momentan plant das Projektteam den Kultur-Token im Zuge der Digital Days Anfang Oktober zu „relaunchen“. Ob tatsächlich noch im Oktober mit der sechsmonatigen Probephase für die Test-Community gestartet werden kann, hängt von den dann gültigen Bestimmungen für Kunst- und Kulturveranstaltungen sowie dem öffentlichen Mobilitätsverhalten ab“, heißt es.