Analyse

Milliarden-Dollar-Start-ups: Den vielgerühmten Einhörnern drohen finstere Zeiten, warnen Investoren

Die namensgebenden Fabelwesen. © adrenalinapura/Fotolia
Die namensgebenden Fabelwesen. © adrenalinapura/Fotolia

485 Milliarden US-Dollar. Es ist schon eine fantastische Zahl, die laut CB Insights alle Einhörner dieses Planeten zusammen wert sein sollen. Ein Einhorn (gerne Neudeutsch auch “unicorn”) ist eine privat finanzierte Firma aus der Tech- bzw. Internet-Branche, die von ihren Investoren auf mindestens eine Milliarde US-Dollar bewertet wird. Vorreiter der Rangliste aus derzeit 131 Einhörnern ist der Fahrtvermittlungs-Dienst Uber (51 Mrd. US-Dollar, u.a. von Google finanziert), gefolgt vom chinesischen Smartphone-Hersteller Xiaomi (45 Mrd. US-Dollar) und der Unterkunfts-Plattform Airbnb (25,5 Mrd. US-Dollar). Auch Europa hat einige der Fabelwesen hervorgebracht, unter anderem Spotify (8,5 Mrd. US-Dollar) oder Delivery Hero (3,1 Mrd. US-Dollar).

Der Club der Einhörner

Um die von CB Insights errechnete Riesensumme besser einschätzen zu können: Die Militärausgaben der Weltmacht USA haben sich im Jahr 2014 auf etwa 610 Mrd. US-Dollar belaufen bzw. wurden 2014 auf der ganzen Welt 574 Mrd. US-Dollar für Werbung ausgegeben. Auch der direkte Vergleich der Firmenbewertungen von Uber, Airbnb und Co. mit den Unternehmenswerten bekannter, europäischer Firmen verblüfft:

Klar ist natürlich: Während Airbus und Co. heute an ihren tatsächlichen Firmenwerten (und an der Börse nach ihrer täglichen Performance) gemessen werden, investieren Geldgeber in Start-ups in deren zukünftigen, zu erwartenden Wert und nicht in den derzeitigen. Je früher man sich Firmenprozente kauft, umso teurer kann man sie später bei einem Exit (Verkauf des Start-ups an ein anderes Unternehmen oder Börsengang) wieder verkaufen und sich die Differenz einstreichen, so das Kalkül. In der aktuellen Euphorie rund um die Digitalisierung (alles soll vernetzt werden, vom Auto bis zum Turnschuh) wollen Investoren offenbar unbedingt bei vielversprechenden Start-ups mit an Bord sein und zahlen dafür große Summen.

Profitabilität statt Wachstum

Doch während vor allem im Silicon Valley, aber auch in Europa viele von Einhörnern träumen, werden die fantastischen Bewertungen von Firmen, die vergleichsweise wenig Umsatz, geschweige denn Gewinn machen, einigen zu bunt. Ein Beispiel: Das Start-up Slack, spezialisiert auf firmeninterne Chat-Kommunikation, wird mit 2,8 Mrd. US-Dollar bewertet, während es 2015 Schätzungen zufolge lediglich 30 Mio. US-Dollar Umsatz machen wird. Slack soll also das 100-fache seines Jahresumsatzes wert sein, weil Investoren auf das starke Wachstum setzen, das die 2013 gegründete Firma vorweisen kann. In die Zukunft projiziert, soll sich das einmal rentieren, wenn nicht mehr wie heute etwa 300.000 Nutzer eine monatliche Nutzungsgebühr zahlen, sondern Dutzende Millionen.

Nachdenklich stimmt viele eine Analyse von Goldman Sachs. Dieser zufolge haben fünf von sieben Einhörnern, die einen Exit (Börsengang oder Verkauf) hingelegt haben, wieder so stark an Wert verloren, dass sie heute weniger wert sind als bei der letzten Investmentrunde vor dem Exit. Für Investoren, die spät in diese Start-ups eingestiegen sind, bedeutet das viel Verlust. Es gibt bereits Indizien, dass sich deswegen Risikokapitalgeber in späten Runden nicht mehr auf Investments einlassen, weil sie zu teuer und zu riskant sind.

Auch für Internetfirmen wie Pinterest oder Square, die einen Börsengang anstreben, wird es schwer – denn welche Anleger werden ihre Aktien kaufen, wenn sie viel Negatives über andere Einhörner an der Börse hören?

„Winter is coming“

Auch die jüngsten, von China ausgehenden Schwankungen der Börsenkurse lässt Investoren vorsichtiger werden. „Wir könnten uns dem Ende eines Zyklus annähern, in dem Wachstum als wertvoller angesehen wird als Profabilität“, twitterte der bekannte Risikokapitalgeber Bill Gurley von Benchmark Capital (u.a. Uber, Snapchat). „Investoren werden sich wahrscheinlich auf die Validität der Geschäftsmodelle und den Weg zur Profabilität refokussieren. Das wird für viele eine komplette Veränderung bedeuten.“ Maarten Hooft von Quest Venture Partners meinte gegenüber dem Guardian: „Ich kann mir vorstellen, dass Fonds sich aus dem Markt zurückziehen und traditionelle Risikokapitalgeber alleine lassen – und diese VCs werden dann aggressiver bei den Bewertungen.“

Heißt im Klartext: Start-ups, die auf rasantes Wachstum setzen und dafür schnell und viel Geld brauchen, werden es künftig schwerer haben, große Runden aufzustellen. Die Folge: Der Markt wird weniger Einhörner hervorbringen. Auch Venky Ganesan von Menlo Ventures sieht bereits eine Abwärtspirale: „Es ist wie in Game of Thrones: ‘Winter is coming.’“

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