Saudi-Arabien

Neom: IPO-Pläne für die utopische Megacity, die auf Blut gebaut wird

Oxagon, die geplante Megacity in Neom. © Neom
Oxagon, die geplante Megacity in Neom. © Neom
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Es ist ein Projekt, das an Megalomanie grenzt – und das auch an der Börse gehandelt werden soll. Denn die Sonderwirtschaftszone Neom, die in Saudi-Arabien entsteht und Heimat der Smart City Oxagon werden soll, soll 2024 einen IPO hinlegen. So will es zumindest der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS), der das Megaprojekt auf 26.500 Quadratkilometern mit einem Volumen von 500 Milliarden Dollar 2017 ankündigte.

Auf der Suche nach den Geschäftsmodellen der Zukunft und einer Zeit, in der das Öl nicht mehr sprudelt, positioniert sich Saudi-Arabien immer mehr als Standort für Unternehmen aller Art. Noch sprudelt das Ölgeld, was MBS erlaubt, mit Neom das ganz große Projekt als Sonderwirtschaftszone im Dreiländereck mit Ägypten und Jordanien am Roten Meer zu bauen.

Mit „The Line“ soll es dort eine autofreie, emissionsfreie Stadt geben, in der bis zu einer Million Menschen leben, aber trotzdem alles zu Fuß erreichen können sollen. Die lineare Stadt soll nur 200 Meter breit, aber 170 Kilometer lang sein, als Hauptverkehrsweg ist ein Highspeed-Zug gedacht. Energie kommt nicht aus den saudischen Ölquellen, sondern aus Sonne und Wind – so zumindest die Pläne.

Konzept für "The Line". © Neom
Konzept für „The Line“. © Neom

 

Neben „The Line“ soll es mit Oxagon eine weitere Stadt geben, inklusive vollautomatisierten Hafen, halb ins Meer gebaut. Energie soll aus Solarfarmen, Windkraft und vor Ort durch diese erneuerbaren Energien produzierten Wasserstoff kommen. Insgesamt sollen in der Sonderwirtschaftszone bis zu neun Millionen Menschen leben und sich Unternehmen aus den Sektoren Bau, Finanzen, Medien, Technologie, Energie, Sport, Gesundheit oder Tourismus ansiedeln. Um westliche Interessenten nicht abzuschrecken: Laut MBS soll Alkohol erlaubt sein, Frauen müssen sich nicht verschleiern.

500 Milliarden Dollar soll das Megaprojekt, das MBS‘ Vision für 2030 entspringt, kosten, die erste Bauphase satte 320 Milliarden Dollar kosten. Auch wenn Saudi-Arabien sehr viel Geld für solche Projekte hat – der Plan, Neom 2024 an die Börse zu bringen, zeigt auch, dass man gewillt ist, sich zusätzliches Kapital an internationalen Märkten zu besorgen. Geplant ist, 133 Mrd. Dollar an Kapital aufzunehmen.

Neom sieht sich zentral gelegen, es ist den Saudis zufolge nur bis zu Stunden Flug von 40 % des Erdballs entfernt. Doch Investor:innen zeigten sich bisher zurückhaltend. Auch wenn MBS sich nachhaltig und visionär gibt, er ließ 2018 den kritischen Journalisten Jamal Khashoggi ermorden und hat spätestens seit damals den Ruf eines brutalen Autokraten.

Zwangsumsiedelung von Beduinen

So werden, um dem Megaprojekt Platz zu machen, mindestens 20.000 Menschen aus dem Nordwesten Saudi-Arabiens umgesiedelt, betroffen sind vor allem Mitglieder des Stammes der Howeitat. Besonders tragisch der Fall von Abdulrahim al-Huwaiti: Nachdem er öffentliche Kritik an Neom wegen „Zwangsumsiedlung“ und „Staatsterror“ äußerte, wurde er von Sicherheitskräften getötet. Viele Stammesmitglieder haben das Geld, das ihnen der saudische Staat für die Umsiedelung bot abgelehnt.

„Seit der Ankündigung des Neom-Projekts im April 2017 sind die lokalen Gemeinschaften um ihr Land besorgt, und es kursieren Gerüchte über Zwangsräumungen. Diese Befürchtungen bewahrheiteten sich im Januar 2020, als die lokalen Behörden den Bewohnern die Entscheidung mitteilten, sie zu räumen. Dieser Räumungsbefehl stieß auf friedlichen lokalen Widerstand, der wiederum von den Behörden mit Gewalt beantwortet wurde, einschließlich der Massenverhaftungen im März und der Tötung von Abdul-Rahim al-Howeiti im April“, hieß es bereits 2020 seitens der Menschenrechtsorganisation Alqst. Sie forderte die Beratungsfirmen Oliver Wyman, McKinsey und Boston Consulting Group auf, sich von Neom zu distanzieren.

Dementsprechend kurz ist aktuell die Liste der Kooperationspartner. Lediglich die E-Formel-1-Teams von McLaren und Mercedes stehen darauf, sowie die Asian Football Confederation und die Meeresforschungsgesellschaft OceanX. Nun versucht MBS offenbar, über einen Börsengang mehr Teilhaber:innen an dem Projekt zu gewinnen. Ausgang: ungewiss.

NEOM – Die blutige Stadt am Roten Meer

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