Talk im Park

Rainer Nowak: „Ich bin als Zugfahrer auf die Welt gekommen“

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Rainer Nowak ist seit 2012 Chefredakteur der „Presse„, einer der größten Tageszeitungen Österreichs und kommentiert fast täglich das politische Geschehen im Land. Im „talk im park“ von Tech & Nature sprechen wir mit ihm über den „grünen Neustart“ nach der Coronakrise, den AUA-Deal und Videokonferenzen statt Arbeitswegen. Nowak verrät uns auch, was er als Restaurantkritiker von vegetarischer Küche hält und warum er glaubt, dass der Zander-Bestand des Neusiedlersees überschätzt wird.

Tech & Nature: Der Guardian hat letztes Jahr beschlossen, statt Klimawandel nur noch Klimakrise oder -Katastrophe zu schreiben. Das hat international in Medienhäusern Debatten ausgelöst – auch bei der „Presse“?

Rainer Nowak: Wir schreiben beides. Das obliegt dem jeweiligen Redakteur und ich glaube, es geht dabei auch um den Zusammenhang. Wenn es um Proteste wie Fridays For Future geht, würde wahrscheinlich Klimakrise besser passen. Wenn wir über den Weinbau in Österreich schreiben, dann wäre es vielleicht der Klimawandel.

Die Klimakrise spielt auch bei er Bewältigung der Folgen der Coronakrise eine große Rolle. Wie bewertest du den grünen Einschlag bei der Rettung der AUA?

Nowak: Da bin ich etwas kritisch. Die Rettung einer Fluglinie als Maßnahme gegen die Klimakrise zu verkaufen, halte ich für einigermaßen vermessen. Ich bin gegen solche Behübschungsaktionen, sondern dafür, diese Dinge so zu benennen, wie sie sind. In diesem Fall geht es darum, eine Fluglinie zu retten, weil man sonst am Standort Wien ein massives Problem hat und Probleme haben wird mit Industrie, Tourismus, Wirtschaft und internationalen Organisationen in diesem Land. Wenn man dann sagt, man versucht Maßnahmen zu setzen, dass es weniger CO2-Ausstoß gibt und die AUA weniger klimaschädlich zu machen als andere Fluglinien, finde ich das in Ordnung. Zu sagen, das sei die Maßnahme gegen den Klimawandel, halte ich für vermessen, tun aber eh wenige.

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Fliegst du weniger oder hast du vor, weniger zu fliegen?

Ich bin persönlich ein Sonderfall, weil ich nicht Auto fahre. Ich komme aus einer Nicht-Autofahr-Familie und bin als Zugfahrer auf die Welt gekommen und bis heute Zugfahrer geblieben. Ich habe zwar den Führerschein, fühle mich aber nicht wohl beim Autofahren. Ich bin deshalb sowieso eine sonderbare Spezies. Ich kompensiere das jetzt nicht mit Flugreisen, aber ja, ich fliege schon manchmal. Manchmal ist das unvernünftig, manchmal lässt es sich aber auch nicht vermeiden. Ich würde bitte gerne weiterhin nach New York und London fliegen dürfen und auch mal – wie vergangenes Jahr – nach Japan. Ich finde es aber ein bisschen affig, für drei Tage nach Venedig zu fliegen. Das Dekadenteste von mir sind Innsbruck-Flüge, wenn ich dort einen dringenden Termin habe. Das werde ich jetzt anders lösen und tue das auch bereits. Ich bin gestern für drei Termine mit dem Zug um halb Sieben in der Früh weggefahren und war um halb Elf wieder zuhause.

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Glaubst du grundsätzlich an das Narrativ des grünen Neustarts nach der Corona-Krise?

Ja und Nein. Ich glaube daran, weil wir in der Krise gesehen haben, dass wir alle anders leben können und das gar nicht so schlecht ist. Es gab aber auch Dinge, die nicht so gut gehen. Die Idee, dass man alles über Zoom machen kann, stimmt einfach nicht. Für Zeitungen hat es schon einen Grund, warum es einen Newsroom gibt, damit man sich absprechen und diskutieren kann. Es gibt bei jedem journalistischen Schritt ein Vier-, Sechs-, Acht-Augen-Prinzip und das halte ich für extrem wichtig. Die Idee, dass ein Journalist in seinem Kämmerchen sitzt, funktioniert nicht und tut der Zeitung nicht gut. Auf der anderen Seite gibt es viele Termine, die wir uns erspart haben und ersparen können. Diese Maßnahmen in Zukunft zu setzen, das muss möglich sein. Jetzt werden Industrie und Wirtschaft mit Milliarden gefördert, weil man muss, weil wir sonst in eine Wirtschaftsdepression stolpern. Dann macht es natürlich Sinn, das Geld in Maßnahmen zu stecken, die in diese Richtung (gegen die Klimakrise, Anm.) investieren und da hätte Österreich eine Riesen-Chance. Wenn das funktioniert, war diese türkis-grüne Regierung zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Warum glaubst du, fällt uns ein solcher Wandel grundsätzlich schwierig – sei es beim Konsum, in der Politik oder in der Industrie?

Ich glaube, dass Veränderung immer sehr schwierig ist. Bei unseren Medien war ja die Digitalisierung auch immer eine Schwierigkeit. Nicht, weil wir so am Papier oder alten Mechanismen hängen, sondern weil die Veränderung schwierig ist. Zu sagen, es gibt keinen Redaktionsschluss wie in Print, sondern man arbeitet jetzt schneller und muss Artikel regelmäßig updaten, das war schwierig. Wir haben es trotzdem machen müssen und es funktioniert jetzt. Ich glaube, so ist es auch mit dem Klimawandel. Wir müssen uns in ganz vielen Bereichen im Alltag verändern. Corona hat gezeigt, dass man sich verändern kann. Ich sehe es aber nicht wie Rudi Anschober und andere Grün-Politiker, die sagen, wenn wir einen nationalen Schulterschluss schaffen, bei dem alle zuhause bleiben, machen wir das einfach auch beim Klimawandel. Das halte ich für gefährlich und einen Eingriff in die Grundrechte.

Hat die Klimakrise dein eigenes Verhalten beeinflusst?

Ich habe mich dabei ertappt, dass man alte Hemden schnell flicken kann und weiter tragen kann. Ich werde daraus aber nicht schließen, in Zukunft alles zu flicken und zu reparieren und mir nichts Neues zu kaufen. Ich bin zum Beispiel gestern auch mal wieder bewusst shoppen gewesen, weil ich das als Signal verheerend fände. Und ich habe natürlich zu Kochen angefangen, wie alle, notgedrungen. Ich werde daraus aber eher die Konsequenz ziehen, wieder mehr essen zu gehen – auch in meinem Dritt- und Viertberuf als Restaurantkritiker.

Könnte man eigentlich als Vegetarier gute Restaurantkritiken schreiben?

Das ist glaube ich schwierig, weil unsere Küche nach wie vor zu sehr fleischgetrieben ist. Ich habe mit vegetarischer Küche aber überhaupt kein Problem. In Wahrheit ist es schwieriger. Es ist viel leichter, mit Butter und Steaks und so einer richtigen Männerküche zu kommen und geschmacklich alles niederzuholzen, als mit einer Rübe umzugehen. Um zum Beispiel einen Erdäpfel mit Olivenöl zu behandeln, da muss man schon mehr können.

Freust du dich über die ausgeweitete Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel in Kantinen und später vielleicht auch in Restaurants? Rechnest du bei so einer Kennzeichnungspflicht mit Überraschungen?

Die Frage ist, wie das durchgesetzt wird. Ich bin immer gegen jede Bürokratisierung. Ich habe schon die Allergen-Verordnung etwas affig gefunden und sehe das noch immer so. Wenn das zu einer weiteren Quälerei von Wirten führt, habe ich ein Problem damit. Auf der anderen Seite fände ich etwas mehr Herkunftsehrlichkeit gut. Der Neusiedlersee müsste ja ungefähr so groß sein wie das Mittelmeer, so viel Zander wie von dort verkauft wird.

Hier geht es zu allen Folgen von „talk im park“.

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