Wirtschaft

Delta-Virus nährt eine drohende Stagflation

© Nicholas Cappello on Unsplash
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Es ist ein Ausblick auf einen ungemütlichen Herbst, der nach einem Sommer des Aufatmens kommt. Immer mehr Ökonomen und Beobachter setzen sich aktuell mit dem Phänomen der „Stagflation“ auseinander – also der giftigen Mischung auf einer Stagnation bei der Nachfrage sowie rasch steigenden Preisen durch eine höhere Inflation, wie man sie in den USA und Europa sieht.

War bisher die große Hoffnung, dass es ordentliches Wirtschaftswachstum in einer Post-COVID-Ära gibt und die Inflation nur ein vorübergehendes Phänomen ist, dreht sich das Bild durch die grassierende Delta-Variante nun. „Zu den besorgniserregenden jüngsten Daten gehören die geringste Zahl von Neueinstellungen in den USA seit sieben Monaten, die Verschlechterung des deutschen Ifo-Index, der Zusammenbruch des chinesischen Dienstleistungssektors und die Abschwächung der weltweiten Produktion“, schreibt Bloomberg. „Das war’s mit der Nachfrage, aber die neue Form des Coronavirus beeinträchtigt auch die Lieferketten und schränkt die weltweite Versorgung mit wichtigen Produkten ein. Dieser Schock, der sich gerade kurz vor Weihnachten verstärkt, droht auch die Inflation in die Höhe zu treiben.“

Auch der britische Economist widmet sich dem Thema aktuell. „Amerika, Europa und China wachsen langsamer, als die Investoren gehofft hatten. Die Verbraucherpreise steigen unangenehm schnell, vor allem in Amerika. Selbst in der Eurozone, die an eine laue Inflation gewöhnt ist, lagen die Preise im August um 3 % höher als ein Jahr zuvor, so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die Wirtschaft leidet unter einem Mangel an Teilen und Arbeitskräften, einem langsamen und teuren Versand und einer verwirrenden Vielfalt von Abriegelungsmaßnahmen“, heißt es in der aktuellen Ausgabe.

Chefökonom Börsch: “Inflation ist auch sozial einigermaßen ungerecht”

Stockende Lieferketten, schleppende Nachfrage

Während zwar einzelne Länder wie Australien und Neuseeland mit neuerlichen Lockdowns die Ausbreitung des Delta-Virus einzudämmen versuchen, ist der Dienstleistungssektor etwa in Europa oder den USA nahezu uneingeschränkt wieder geöffnet. Doch Lieferketten sind ins Stocken geraten, was man am deutlichsten in der Autoindustrie merkt. Dort müssen ganze Fabriken wochenweise zusperren, weil es einen Mangel an dringend benötigten Chips gibt. Auch in Südostasien zeigt sich vermehrt, dass Produktionsstätten wegen neuerlichen Coronavirus-Ausbrüchen kurzerhand stillgelegt werden müssen. Knappheit bei bestimmten Gütern treiben die Preise nach oben.

Das Phänomen der Stagflation wurde in den 1970er Jahren im Zuge der Ölkrise in fast allen westlichen Ländern beobachtet. Damals sorgten stark steigende Ölpreise für stark steigende Staatsschulden, hohe Arbeitslosenzahlen, höhere Preise und geringes Wachstum.

Nun sieht es so aus, als würden sich die Volkswirtschaften wieder auf so eine Ausnahmesituation vorbereiten müssen. „Es ist tatsächlich dann ein Problem, wenn die Inflation sehr stark steigt, dass man sich weniger leisten kann. Das ist dann natürlich vor allem dann ein Problem, wenn man wenig Einkommen hat. Das heißt, Inflation ist auch sozial einigermaßen ungerecht“, sagt auch Alexander Börsch, Chefökonom von Deloitte Deutschland. Der Teufelskreis: Die Massen konsumieren weniger, die Nachfrage sinkt, und die Wirtschaft bleibt auf ihrem Angebot sitzen.

Spannender Herbst vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft

Auch Nouriel Roubini – der Ökonom wird of als „Prophet des Untergangs“ bezeichnet – warnt aktuell vor der Stagflation. „Tatsächlich gibt es mehrere Faktoren, die für die Mini-Stagflation dieses Sommers verantwortlich sind. Zunächst einmal treibt die Delta-Variante die Produktionskosten vorübergehend in die Höhe, verringert das Produktionswachstum und schränkt das Arbeitskräfteangebot ein. Die Arbeitnehmer, von denen viele noch die erhöhten Arbeitslosenunterstützungen beziehen, die im September auslaufen, zögern, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, insbesondere jetzt, wo Delta wütet. Und diejenigen, die Kinder haben, müssen möglicherweise zu Hause bleiben, da die Schulen geschlossen sind und es an erschwinglichen Kinderbetreuungseinrichtungen fehlt“, schreibt er.

Auch an den Aktienmärkten macht sich das Phänomen bemerkbar, und zwar über so genannte „Stagflation Trades“. Wie Reuters berichtet, investieren Anleger vor allem in jene Vermögenswerte, die erfahrungsgemäß auch bei einer Verlangsamung des Wachstums und einer steigenden Inflation eine gute Performance erwarten lassen. Deswegen verzeichnen Tech-Aktien einer Analyse der Bank of America derzeit die größten Zuflüsse seit sechs Monaten verzeichneten, während Anleger das meiste Geld aus US-Staatsanleihen nehmen. Nun bleibt abzuwarten, ob es sich nur eine kurze, sommerliche Mini-Staglation handelt, oder ob sich der Trend verschärft.

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