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wecanbeheroes.io: “Wir können ein europäisches Linkedin für Startups werden”

Das Team von WeCanBeHeroes.io. © Sebastian Philipp
Das Team von WeCanBeHeroes.io. © Sebastian Philipp

Mehr als 20.000 Job-Visits pro Monat, mehr 1.000 offene Jobs, mehr als 2.000 Bewerbungen pro Monat: Die neue, kürzlich gestartete Job-Plattform für den europäischen Startup-Sektor wecanbeheroes.io (Trending Topics berichtete), nimmt Fahrt auf. Einer der Investoren, der bei der kürzlich bekannt gegebenen Investmentrunde von 1,5 Millionen Euro eingestiegen ist, ist Günther Tengel.

Tengel, Geschäftsführender Gesellschafter bei Amrop Jenewein und Chairman Amrop CEE, hat viele Jahre Erfahrung und Expertise im Bereich Executive Search – also dem Suchen und Finden der richtigen Manager für Top-Positionen. In der neuen Job-Plattform wecanbeheroes.io sieht er enormes Potenzial – auch aus der eigenen Erfahrung im CEE-Raum heraus.

Im Doppelinterview mit Maria Baumgartner, Mitgründerin und CEO von Speedinvest Heroes, spricht er über die Potenziale für die Job-Plattform, über die geänderten Anforderungen an Arbeitgeber, über den Trend zum Cocooning und warum er an einem gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkt im Startup-Bereich glaubt.

Trending Topics: Herr Tengel, warum haben Sie sich bei Speedinvest Heroes beteiligt?

Günther Tengel: Wir sind beide im People’s Business und arbeiten beide mit Passion daran. Wir sind mit Amrop seit 40 Jahren mit Executive Search beschäftigt und arbeiten an der Besetzung von Top-Positionen. Speedinvest hat über die Jahre viel nicht nur in die Finanzierung von Startups investiert, sondern auch in die Entwicklung. Die Verbindung von Technologie und People ist der richtige Mix für die Zukunft.

Maria Baumgartner: Günter ist der perfekte Investor für uns, weil er sehr viel Erfahrung am Arbeitsmarkt mitbringt und uns wesentlich dabei unterstützen wird, unsere Job-Plattform für Startups aus Europa aufzubauen.

Sie sehen nicht erst seit gestern großes Potenzial in der CEE-Region. Wie sieht der Markt dort aus? Ist Osteuropa nur ein Talente-Pool für den Westen?

Tengel: Es gab natürlich eine Zeit, in der es große Fluktuation von Osteuropa in westliche Städte gab, etwa von Rumänien und Polen nach London. Jetzt gibt es auch den Weg zurück, ist gibt nicht mehr nur die eine Richtung. Die Intelligenz sucht sich ihren Weg, für sie ist nicht mehr entscheidend, ob es nun der Londoner oder der rumänische Arbeitsmarkt ist. Ich glaube aber nicht an einen globalen Arbeitsmarkt, sondern an einen europäischen.

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Was verhindert einen globalen Arbeitsmarkt? Mittlerweile arbeiten ja auch Startups durch Remote Work über viele Ländergrenzen hinweg.

Tengel: Der amerikanische Arbeitsmarkt ist ein vollkommen eigener Arbeitsmarkt, der extrem durch amerikanische Firmen geprägt ist. Silicon Valley ist Silicon Valley. Facebook-Chef Mark Zuckerberg streicht jenen, die komplett Remote arbeiten, einen Teil des Gehalts – und zwar jenen Teil, den sie sich durch den Lebensmittelpunkt in einer anderen Stadt sparen.

Das ist eine Logik, die den gesamten Arbeitsmarkt verändern wird. Es wird eine Zweiteilung geben: Die einen, die im Umfeld des Unternehmens arbeiten wegen Vorteilen wie höheres Gehalt. Und die anderen, die auch bestimmte Vorteile verzichten und dafür von überall arbeiten können. Der europäische Arbeitsmarkt hingegen ist extrem zersplittert und muss stärker zusammenwachsen. Das sehen wir mit als unsere Aufgabe.

Was macht wecanbeheroes.io, was andere noch nicht machen?

Baumgartner: Europaweite Stellenauschreibungen für den Startup-Sektor sind das zentrale Thema. Alle anderen Job-Plattformen bringen Bewerber in ein bestimmtes Ökosystem. Wir machen es umgekehrt: Wir fragen den Bewerber, wo er herkommt und zeigen ihm alle möglichen Orte in Europa, wo er arbeiten könnte. Wir wollen die lokalen Märkte kennenlernen. Unsere Data Scientists erstellen Rankings, nach denen sich die Nutzer die für sie besten Städte auswählen können – etwa nach Infrastruktur, Lebensqualität und so weiter. Selbst wenn du in Wien bist, wird dir gezeigt, wo es europaweit hingehen könnte.

Kann so etwas aus Wien heraus entstehen? Was ist mit US-Mitbewerbern?

Tengel: Unsere klassischen amerikanischen Mitbewerber im Executive Search-Bereich – das sind im Wesentlichen vier Firmen – machen 60 bis 70 Prozent ihres Umsatzes in den USA. Wir stammen aus Europa und sind seit 40 Jahren das Gegenmodell dazu, wir machen 60 bis 70 Prozent unseres Geschäfts in Europa. Das schaffen wir, weil wir uns extrem stark mit den lokalen Märkten auseinandersetzen. Deswegen macht es Sinn, eine Plattform auch so zu bauen.

Wir hätten uns nie an einer US- oder Londoner Plattform beteiligt, das wäre Top-Down. Eine funktionierende europäische Job-Plattform muss Bottom-up, aus den Regionen selbst kommen. Wenn das gelingt, dann kann das ein Gegenmodell zu amerikanischen Plattformen sein.

Was verbindet ihr wohl sehr analoges Business mit einer digitalen Plattform, Herr Tengel?

Tengel: Google bekommt pro Jahr 500.000 bis 600.000 Bewerbungen pro Jahr. Der Prozess ist komplett digitalisiert, doch die letzte Entscheidung wird getroffen, wenn die Leute miteinander Essen gehen. Das ist das Analogste, was es überhaupt gibt. Es geht in Zukunft also um die intelligente Verbindung zwischen Digital und Analog.

Das alte Geschäftsmodell von Executive Search ist tot. Das ist ein Notizbuch mit Kontakten darin. Aber nur mit Linkedin arbeiten geht auch nicht. Man kann dort Informationen generieren und bekommt einen vollkommen neuen Zugang zu Märkten. Aber die technologische Plattform alleine reicht auch nicht aus. Eines der wesentlichen Dinge ist, dass die beiden Welten voneinander lernen. Technologie und Beziehungen sind keine Gegenpole.

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Wie haben sich die Erwartungen von Kandidaten an Arbeitgeber verändert?

Tengel: Wir erkennen extreme Gegenbewegungen am Arbeitsmarkt. Konzerne hören immer öfter von Mitarbeitern: Bitte schickt mich nicht ins Ausland, ich habe schon alles gesehen, ich will daheim bleiben. Das ist die Gegenbewegung zur Globalisierung. bei Remote Work tut man nur mehr so, also würde man international arbeiten, sitzt aber in Wirklichkeit irgendwo am land und hat eine vollkommen andere Lebensrealität. Dieses Cocooning ist der eine Trend, und der andere ist der europäische Arbeitsmarkt. Es gibt beide Strömungen, und niemand weiß, welcher überhand nehmen wird.

Baumgartner: Und bei den Jungen ist vollkommen klar: Es wächst eine Generation heran, die enormen Wert auf Nachhaltigkeit legen. Dabei ist nicht die Frage, was auf der Homepage steht und was es für einen CO2-Abdruck hat, sondern ob das Unternehmen wirklich sinnstiftend ist. Ja, das wird ein Riesenthema.

Für junge Menschen stellt schon auch die Frage, ob sie lieber in die Corporate-Welt gehen oder lieber zu einem Startup.

Baumgartner: Derzeit herrscht der Glaube vor, dass die Arbeitskultur im Startup besser ist.

Tengel: Corporates haben in der Vergangenheit sicher Schindluder getrieben. Heute gibt es immer mehr, die sich diese Arbeitsweisen nicht mehr vorschreiben lassen und es sich leisten können, Nein zu sagen. Es gibt mittlerweile ehemalige Vorstände großer Unternehmen, die sagen, dass sie lieber im Startup sind und nie wieder zum Corporate zurückgehen würden.

Baumgartner: Allerdings muss ich kritisch anmerken, dass die soziale Durchmischung in Startups noch nicht wirklich gegeben ist. Es sind immer noch die Rich Kids, die vorwiegend dort sind. Das hat aus unserer Sicht enormes Potenzial bei Kandidaten. Es mag Initiativen für mehr weibliche Gründer geben, aber die soziale Durchmischung ist noch sehr schwach. Dass der Gemeindebau in die Startup-Welt einzieht, davon sind wir noch sehr weit entfernt.

Tengel: Das werden wir mit einer Job-Plattform alleine nicht lösen können. Hauptgrund dafür ist das Bildungssystem. Wir haben eines der besten weltweit, aber mit einer sehr geringen sozialen Durchmischung.

Gibt es europäische Mitbewerber, die wecanbeheroes.io auf Distanz halten muss?

Baumgartner: Es gibt sie nicht. Es gibt nur ganz regionale Job-Plattformen für lokale Startup-Märkte, aber keine Plattform, wo etwa ein Pariser Scale-up in ganz Europa nach den besten Talenten suchen könnte. Am Ende können wir ein europäisches Linkedin für Startups werden.

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