Geldpolitik

Die große US-Zinswende ist passiert: „Neue Phase der Weltwirtschaft“

Eric Demuth (Bitpanda) und Cathie Wood (ARK Invest). © Bitpanda, ARk Invest
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Es ist passiert: Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat am Donnerstag Abend mitteleuropäischer Zeit den US-Leitzins gesenkt – und zwar in einem großen Schritt gleich um 50 Basispunkte hinunter auf 4,75 bis 5 Prozent. Die Zinssenkung war erwartet worden, jedoch war noch offen, ob es ein kleiner Schritt von 25 Punkten wird oder gleich ein großer um 50 Basispunkte.

„Die jüngsten Indikatoren deuten darauf hin, dass sich die Wirtschaftstätigkeit weiterhin in einem soliden Tempo entwickelt hat. Der Beschäftigungszuwachs hat sich verlangsamt, und die Arbeitslosenquote ist gestiegen, bleibt aber niedrig. Die Inflation hat weitere Fortschritte in Richtung des 2-Prozent-Ziels des Ausschusses gemacht, bleibt aber etwas erhöht“, heißt es seitens des wichtigen Federal Open Market Committee (FOMC) der US-Notenbank. Deswegen sei man zu dem Entschluss gekommen, die Zinssenkung zu machen.

Gleichzeitig wird aber auch darauf hingewiesen, dass man nicht automatisch von schnellen weiteren großen Zinsschritten nach unten ausgehen sollte – dazu ist die Lage noch zu angespannt. Man würde den „geldpolitischen Kurs gegebenenfalls anpassen, wenn Risiken auftauchen, die die Erreichung der Ziele des Ausschusses (2% Inflationsrate) behindern könnten.

Die Märkte haben nicht sonderlich heftig auf die Zinssenkung reagiert. Zuerst ließ die Zinswende die Indizes an der Wall Street in die Höhe schießen, doch letztendlich schlossen Dow Jones, S&P 500, Nasdaq leicht im Minus. Bitcoin, Ethereum und andere Kryptowährungen legten nach Börsenschluss der regulären Exchanges etwas zu. Hier die Kurse von BTC, S&P500, Dow Jones und Nasdaq100 im Vergleich:

Man kann sagen: Es gab schon viel heftigere Handelstage an den Börsen. Letztendlich wird man eher sehen müssen, was die Zinssenkungen mittel- und langfristig bedeuten, insbesondere für risikoreichere Werte wie Tech-Aktie oder Kryptowährungen.

„Wahrscheinlich nur der erste von vielen Schritten“

„Wir betrachten die Entscheidung der US-Notenbank, die Zinsen um 50 Basispunkte zu senken, als einen notwendigen Schritt, um den wachsenden wirtschaftlichen Herausforderungen weltweit zu begegnen. Diese Zinssenkung ist zwar ein positiver Schritt in die richtige Richtung, aber wahrscheinlich nur der erste von vielen Schritten, um der fortschreitenden Rezession in den USA entgegenzuwirken, die sich seit Beginn der geldpolitischen Straffung durch die Fed entwickelt hat und sowohl in den Rohstoff- als auch in den Rentenmärkten eingepreist ist“, kommentiert Cathie Wood, CEO der Investmentgesellschaft ARK Investment Management die Zinsentscheidung.

Der Rückgang der Ölpreise auf etwa 70 Dollar pro Barrel und der Rückgang der Renditen langfristiger Staatsanleihen würden darauf hindeuten, dass eine globale Verlangsamung an Dynamik gewinnt. „Wenn die Inflation im Jahresvergleich weiter sinkt, wovon wir ausgehen, wird die Fed die Zinssätze wahrscheinlich noch weiter senken, um die Wirtschaftsaussichten zu stabilisieren und die anhaltende Rezession in eine Erholung zu verwandeln. Da der Wohnungsbau als erster betroffen ist, wird er sich wahrscheinlich als erster Sektor erholen, insbesondere angesichts der aufgestauten Nachfrage in den USA“, so Wood weiter.  „Niedrigere Kreditkosten dürften den Unternehmen, die aggressiv in Innovationen investieren, Rückenwind geben und es ihnen ermöglichen, ihre Wachstumsinitiativen im Bereich der transformativen Technologien zu beschleunigen.“

Ein Umfeld sinkender Zinsen sei ein „hervorragendes Umfeld für zukunftsorientierte Branchen wie KI, Genomik und saubere Energie“, so Rahul Bhushan, Managing Director von ARK Invest Europe, sie würden von einem „erhöhten Kapitalfluss und Investitionen zu profitieren. So werden die weltweiten Ausgaben für künstliche Intelligenz bis 2024 voraussichtlich 500 Milliarden US-Dollar erreichen, was einer CAGR (Compound Annual Growth Rate, durchschnittlich jährliche Wachstumsrate) von 20 % entspricht.“

„Neue Phase der Weltwirtschaft“

„Die heutige Zinssenkung war die erste von vielen. Sie deutet darauf hin, dass wir an der Schwelle zu einer neuen Phase der Weltwirtschaft stehen. Eine Zinssenkung um 50 Basispunkte ist ein bedeutender Schritt zur Stimulierung der Märkte. Auch wenn sie größtenteils erwartet wurde, sind niedrigere Zinsen dennoch eine positive Nachricht. Ein klares Bild werden wir aber erst erhalten, wenn die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der bevorstehenden US-Wahl beseitigt sind“, so Bitpanda-CEO Eric Demuth.

Wie wird es in einem solchen Umfeld, das möglicherweise gut für Tech-Werte ist, für Kryptowährungen weitergehen? „Noch wichtiger ist, dass wir eine zunehmende Korrelation zwischen den Kapitalmärkten und Kryptowährungen beobachten. Dies ist ein Trend, der sich wahrscheinlich fortsetzen wird, da die Quellen, aus denen sich beide Märkte speisen, zunehmend dieselben sind. Daher gleicht die Reaktion von Bitcoin auf Zinsentscheidungen der Federal Reserve zunehmend der von Tech-Aktien. Das heißt, dass Kryptowährungen zwar eher von Zinssenkungen profitieren, aber auch stärker von Zinserhöhungen betroffen sind als Blue-Chip-Aktien. Infolgedessen werden Kryptowährungen zunehmend als Teil derselben Risiko- und Volatilitätskategorie wie Tech-Aktien angesehen“, meint Demuth.

Niedrigzinsumfeld war für Krypto-Assets historisch immer gut

Mit schnellen Anstiegen beim Bitcoin-Preis wie auch bei anderen Krypto-Assets sollte man aber nicht unbedingt rechnen. „Kurzfristig könnte eine Zinssenkung um 50 Basispunkte dem Markt signalisieren, dass sich die Wirtschaft verlangsamt, und auf zugrunde liegende Probleme hinweisen, die vielleicht noch nicht offensichtlich sind. Dies könnte sowohl traditionelle als auch digitale Anleger verunsichern und möglicherweise eine anfängliche Volatilität auslösen. Langfristig gesehen haben sich Bitcoin und andere digitale Vermögenswerte in der Vergangenheit in einem Niedrigzinsumfeld jedoch gut entwickelt“, so Adrian Fritz, Head of Research des Krypto ETP-Spezialisten 21Shares.

Zu beachten ist, dass die USA wie auch die Eurozone längst noch nicht in einem Niedrigzinsumfeld sind. Der US-Leitzins ist bis auf weiteres bei 4,75 bis 5 Prozent, der Leitzins der EZB bei 3,65 Prozent.

Abzuwarten ist sicherlich, ob Investoren den großen Zinssprung nach unten als Signal nehmen, aus sicheren Häfen wie Geldmarktfonds zu gehen und wieder in risikoreichere Assets zu investieren. „Historisch gesehen hat sich Bitcoin in einem solchen Umfeld wie erwähnt gut entwickelt. Eine Zinssenkung um 50 Basispunkte könnte eine wachsende Liquidität signalisieren, eine risikofreudige Stimmung entfachen und eine starke Rallye bei Bitcoin auslösen, da Investoren nach höheren Renditechancen weiter entlang der Risikokurve suchen. Mit über 6 Billionen Dollar, die derzeit in Geldmarktfonds liegen, könnte eine solche Zinssenkung Investoren durchaus dazu veranlassen, in riskantere Anlagen wie Bitcoin und Ethereum umzuschichten“, so Fritz weiter.

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