Meinungsverschiedenheit

2 Minuten 2 Millionen: Werden Startups in Österreich zu niedrig bewertet?

Die Business Angels Hansi Hansmann und Martin Rohla. © Trending Topics
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Die TV-Show 2 Minuten 2 Millionen hat Strahlkraft. Hunderttausende verfolgen wöchentlich (auch auf Trending Topics) die Startup-Sendung, in der 2020 etwa 85 Startups, Erfinder und Gründer vor die prominente Jury treten und ihre Geschäftsmodelle vorstellen. Dazu gehört auch, dass die Founder eine Bewertung aufrufen, die dann anschließend von den potenziellen Investoren diskutiert – und nicht selten verrissen wird.

Am Dienstag Abend nun hat sich das EduTech-Startup Studyly den „2 Minuten 2 Millionen“-Investoren gestellt. „Ich halte die Bewertung wirklich für eine Unverschämtheit“, sagte Hans Peter Haselsteiner zu Studyly-Gründer Leon Frischauf und seiner Mitstreiterin Sophia Kaltenecker. Die Forderung des Startups: 180.000 Euro für zwölf Prozent Anteile, also eine Unternehmensbewertung von 1,5 Millionen Euro. Auch Leo Hillinger zweifelte die Bewertung an.

„Peinliche Bewertungsdiskussion“

Diese konservative Einschätzung von Startup-Bewertungen in der Show erregt nun die Gemüter. Allen voran Business Angel Hansi Hansmann, der noch während der Ausstrahlung der Show auf Facebook zu Studyly meinte: „Super Pitch, zwei coole Founder, könnte vielleicht ein tolles Produkt sein/werden. Leider sehr peinliche Bewertungsdiskussion der Jury 🙈. Weniger als die geforderten 1,3 Millionen Euro Premoney-Bewertung DÜRFEN sie gar nicht verlangen, wenn sie eine Erfolgschance auf ein grosses skalierbares Business haben wollen.“

Die Logik dahinter erläutert Michael Eisler von startup300. „Ein Startup im B2C-Bereich hat – unabhängig davon wie gut die Idee letztlich ist – jedenfalls immer drei oder mehr Finanzierungsrunden vor sich, da die Umsätze sehr lange nicht ein aggressives Marketing tragen können“, so Eisler. „Und daher ist für Business Angels und Investoren hier logisch, dass in jeder Runde maximal 20 Prozent der Shares von den Foundern weggehen können, andernfalls die Founder zu früh zu stark verwässert werden und das nicht nur für die Founder, sondern auch bei jeder Runde für Folgeinvestoren ein K.O.-Kriterium ist.“

Bei kleinen Finanzierungsrunden von 100.000 bis 300.000 Euro ergebe sich rechnerisch immer eine Bewertung von 1 bis 1,5 Millionen Euro. Natürlich seien zu hohe Bewertungen in Folgerunden auch ein großes Problem, und zwar dann, wenn die Entwicklung eines Startups zögerlicher oder langsamer erfolgt als ursprünglich angenommen.

2 Minuten 2 Millionen hält Hansmann für eine „gut funktionierende Unterhaltungssendung“, die „durchaus einen Nutzen“ erfülle. „Aber sie zeigt auch ein wenig die Ösi-Mentalität auf. Skalierbare (Tech)-Startups dürfen dort nicht hin, für die ist das eine Falle“, so Hansmanns Meinung. Im Falle von Studyly weiß man heute, dass sich das Team durch die Absage bei 2 Minuten 2 Millionen nicht vom Weg abbringen ließ – und mittlerweile an einer Software-as-a-Service-Lösung für Schulbuchverlage arbeitet (Trending Topics berichtete).

Begründungen oft „absurd“

Der Business Angel Martin Rohla, der neben Haselsteiner, Hillinger, Katharina Schneider und Florian Gschwandtner in der 2 Minuten 2 Millionen-Show in der Jury sitzt, hat auf Facebook auf die Kritik geantwortet. „Wir sehen pro Staffel 85 Startups und haben so einen schönen Bewertungsvergleich. Die Bandbreite ist hier absurd. Ebenso wie oft die Begründungen. Manche sind einfach wirklich schlecht beraten“, so Rohla zu den Bewertungen, die manche Startups in der Show aufrufen.

Ahnung von Unternehmensbewertungen habe man natürlich, er selbst halte derzeit bei etwa 30 Beteiligungen – genauso wie die anderen Jury-Mitglieder von „2 Minuten 2 Millionen“ ihre Investments hätten. „Wir sind alle UnternehmerInnen, die über Jahrzehnte hands-on etwas meist aus dem Nichts aufgebaut haben und die wissen, was es bedeutet, z.B. 1,5 Millionen, die wir investieren sollen, vorher verdient haben zu müssen. VCs sind Finanzinvestoren, die other peoples money investieren und deren Entscheidungskriterien völlig andere sind“, so Rohla.

Er selbst, so Rohla, wolle langfristig an funktionierenden Unternehmen beteiligt sein und strebe anders als VCs nicht den Exit (Verkauf oder IPO) an. Außerdem: „Jeder Pitcher hat die Möglichkeit, auch außerhalb der Sendung sich bei Investoren um Fundings zu bemühen, die unsere Expertise eben nicht teilen. Das hat auch schon funktioniert und oft war die Sendung hier der Dooropener“, so Rohla weiter. Die Gründer von Studyly, die eine Abfuhr erhielten, hätte er gemeinsam mit Gschwandtner nach der Aufzeichnung getröstet und ihnen Mut zugesprochen.

„Junge Leute zum Unternehmertum motivieren“

„Sicher hat 2M2M Showcharakter, aber was hier passiert, ist in Wirklichkeit viel realer, als manche glauben möchten“, so Rohla abschließend. „Wir haben wie die ZuschauerInnen keine Ahnung, was aus der Türe rauskommt, hören den Pitchern voll konzentriert zu, bemühen uns um möglichst substantielles Feedback, investieren unser eigenes Geld und sehen auch die grosse Chance, junge Leute, die grad vorm Fernseher sitzen, zum Unternehmertum zu motivieren.“

Wie man die Angelegenheit übrigens auch nutzen kann, zeigte in der gleichen Sendung das Linzer Startup Carployee. Die Gründer rund um Albert Vogl-Bader riefen in der TV-Show eine Bewertung von etwa 1,8 Millionen Euro auf. Zwei Angebote von Rohla zu niedrigeren Bewertungen lehnten die Gründer ab. Carployee ist mittlerweile international unterwegs, um strategische Investoren in den Bereichen Mobilität, HR und CSR zu finden (Trending Topics berichtete).

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