Interview

i²c-Direktorin Birgit Hofreiter: „Man muss auf der grünen Wiese Dinge frei erforschen können“

Birgit Hofreiter, Direktorin des Innovation Incubation Center der TU Wien. © Jakob Steinschaden
Birgit Hofreiter, Direktorin des Innovation Incubation Center der TU Wien. © Jakob Steinschaden
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Im Innovation Incubation Center (kurz i²c) der Wiener Technischen Universität hängt ein Ausdruck von einem Artikel, den Trending Topics-Leser gut kennen. „Der ultimative Trending Topics Guide zum Überleben in der Startup-Szene“ mit einer humorigen Auflistung von Tipps für Jungunternehmer hat von den Startups in dem Inkubator schon einige Häkchen bekommen.

Die Wirtschaftsinformatikerin Birgit Hofreiter baut das i²c bereits seit 2012 auf. Das Ziel: Studenten und Forschern einen dritten Karriereweg neben akademischer Welt und Großunternehmen anzubieten. Aktuell sitzen die Gründer von acht Startup-Projekten in dem Inkubator und werken daran, ihre Forschungsergebnisse und Ideen aus dem Studium zu eigenen Firmen zu machen. Am Freitag, 16. Februar, findet mit dem i²c Summit 2018 (auch bekannt als Networking Friday) ein eigener Event statt, der sich dem Thema „Entrepreneurial University“ widmet (Trending Topics berichtete).

Im Interview mit Trending Topics spricht Hofreiter über die Schnittstelle Universität und Unternehmertum, Spin-offs in Österreich und die Herausforderungen, universitäre Projekte zu Startups zu machen.

Trending Topics: Das Thema des i²c Networking Friday ist die “Entrepreneurial University”. Wie sehr darf Forschung Ihrer Meinung nach kommerzialisiert werden, und was muss im Elfenbeinturm bleiben?

Birgit Hofreiter: Idealerweise ist beides miteinander kombinierbar. Es ist wichtig, dass eine dritte Säule der Verwertung von wissenschaftlichen Ergebnissen einer Universität dazu kommt. Ergebnisse, die wir erbringen, sollen zurück in die Gesellschaft und die Wirtschaft gehen. Ich will aber natürlich auch nicht, dass wir zur Auftragsforschung umfunktioniert werden. Es muss gewährleistet bleiben, dass man auf der grünen Wiese frei Dinge erforschen kann. Viele Innovationen waren ein Seiteneffekt von Forschungsergebnissen, die allein durch das Erkenntnisinteresse von Wissenschaftlern entstanden sind.

Wie kann man so eine “unternehmerische Universität” schaffen?

Man muss zusätzliche Kompetenzen vermitteln. Dafür gibt es an der TU Wien eben das Innovation Incubation Center. Seit sechs Jahren bieten wir ein Ergänzungsstudium an, wo diese Wirtschaftskompetenz vermittelt wird. So sollen Ideen und Projekte der Studenten verwertet werden können.

Wie wird das von den Studenten angenommen? Wie viele können in das Programm?

Um gezielt und individuell fördern zu können, ist die Teilnehmerzahl auf 25 Studierende pro Jahr beschränkt.  Wir bieten damit ein kostenfreies Ergänzungsstudium an, für das an manch einer Universität im Ausland Beträge um 25.000 Euro verlangt werden. Deswegen wählen wir nur jene aus, die qualifiziert und motiviert sind.

Welche Erfolgsbeispiele gibt es?

Eines der Erfolgsbeispiele, das gerade bei uns sitzt, ist das Startup byrd (Logistik-Startup, Anm.). Die kennt man mittlerweile in der österreichischen Szene und auch in Deutschland. Sie haben nach Berlin expandiert, das ist bereits ein schöner Erfolg. Außerdem gibt es ContextFlow (MedTech-Startup, Anm.), das aus einem wissenschaftlichen Forschungsergebnis heraus entstanden ist. Die haben ihren Weg in die Ausgründung über die StartAcademy (einem Ausbildungsprogramm für Wissenschaftler) gefunden, das war deren Einstiegsdroge.

Was sind die größten Bedenken, die Studenten oder Wissenschaftler wegen einer Gründung haben?

Berührungsängste mit dem Unbekannten. Eine langjährige Wissenschaftlerin hat am ersten Tag unseres Programms mal gesagt: ‘So blöd bin ich mir noch nie vorgekommen.’ Sie war mit so vielen neuen Begriffen und mit einer neuen Art zu denken konfrontiert. Aber wir haben es mit sehr intelligenten Menschen zu tun, die in der Lage sind, neue Inhalte schnell aufzunehmen und umzusetzen.

Das i²c wurde von Jumpstart wie auch neun andere Inkubatoren bzw. Accelerators gefördert. Sehen Sie eine Konkurrenzsituation zwischen den verschiedenen Einrichtungen?

Wettbewerb gibt es eigentlich nicht. Mit dem WU Gründungszentrum rund um Rudolf Dömötör haben wir etwa eine gemeinsame Initiative namens “Joint Forces”, um die Kompetenzen der TU- und WU-Studenten zusammenzuführen und so Gründer-Teams zu finden. Das Ökosystem hat sich mittlerweile so stark entwickelt, dass Gründer die Wahlmöglichkeit haben. Das ist sehr erfreulich. So wie man wissen muss, ob man mit einem Business Angel oder Investor arbeiten will, muss man auch auswählen, in welchen Inkubator man sich setzt. Wir unterscheiden uns von anderen etwa dadurch, dass wir kein Batch-System haben, sondern die Startups wirklich im Schnitt ein Jahr oder länger bei uns sitzen.

Mit Spin-off Austria gibt es ein neues Förderprogramm für universitäre Ausgründungen. Wie wird das von TU-Projekten angenommen?

Die erste Einreichfrist für den ersten Durchlauf ist kürzlich abgelaufen. Von der TU Wien gibt es sieben Anträge, und fünf davon sind aus der StartAcademy.

Business Angel Herbert Gartner (Mitglied des Beirats des i2c, Anm.) meinte im Interview mit Trending Topics, dass Österreich eine Elite-Universität wie die ETH Zürich fehle. Ihre Meinung?

Es geht darum, das Ökosystem auszubauen. Da müssen öffentliche Hand und Universität enger zusammenspielen. Ich schätze das Spin-off Austria-Programm, allerdings wäre es auch gut gewesen, wenn Universitäten selbst Unterstützung inhouse anbieten können. Das Pioneers-Modell der ETH Zürich ist eben kein Fellowship-Programm von außen, sondern vergibt die Förderungen selbst. Auch an der Universität Cambridge passiert das so.

Braucht Österreich also noch eine “Entrepreneurial University”?

Es braucht wie gesagt eine Kompetenzerweiterung und neue Rahmenbedingungen, um Forschungsergebnisse in die Gesellschaft und Wirtschaft zurückführen zu können. Und wie gesagt, dass soll nicht die Freiheit des Forschens und des Denkens einschränken.

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