Bitmoji & Masquerade: Warum Snapchat und Facebook Emotionen in unseren Gesichtern lesen wollen
Etwa 100 Millionen US-Dollar soll die Messaging-App Snapchat springen lassen, um das kanadische Start-up Bitstrips, das 2007 von Jacob Blackstock und Mitgründern ins Leben gerufen wurde, aufzukaufen. Der Preis scheint fantastisch – schließlich hat sich Bitstrips ursprünglich auf personalisierte Comics spezialisiert, die vor allem jugendliche Nutzer im Social Web verbreiten konnten. Doch der wirkliche Wert dürfte in der 2014 gelaunchten App Bitmoji liegen: Sie erlaubt es dem Nutzer, sich selbst als Emoji zu verewigen und dieses über Messaging-Apps zu verbreiten.
Die Bitmojis werden bald Teil des großen Aufrüstens von Snapchat und seiner Chat-Funktionen sein: Erst gestern hat die Firma aus Los Angeles verkündet, den Chat um Sticker, Videonachrichten, Audiobotschaften und sogar Telefonate aufzurüsten. Personalisierte Emoticons sind da die logische Fortführung des Ausbaus.
Digitale Konterfeis
Wer Bitmoji einmal ausprobiert hat, der dürfte überrascht gewesen sein, wie ähnlich ein Bitmoji dem eigenen Gesicht sein kann. Dieses digitale, Cartoon-hafte Konterfei, kann man in hundertfacher Ausführung (“Thinkin Bout You”, “Have A Nice Day”, “Good Night”) via WhatsApp, Messenger, Facebook oder Twitter in Form eines kleinen Bildchens versenden, anstatt einfach nur die Standard-Emoticons verwenden zu müssen. Dass Bitmoji so gut funktioniert, hat vor allem mit der Erfahrung von Gründer Blackstock zu tun. Seit seiner Jugend zeichnet er Menschen als Comic-Figuren – er weiß genau, wie man Gesichter einfach als Emojis darstellen kann.
Für Snapchat, dass sich derzeit mit Facebook ein Rennen um die besten und spaßigsten Selfie-Funktionen liefert, dürfte den Wert von Bitstrips nicht nur in seiner rasant zunehmenden Popularität sehen. Denn das Start-up könnte auch Geld abwerfen. Schon jetzt nutzen Filmemacher oder Mode-Labels die App, um den Nutzern Produkte schmackhaft zu machen, indem für die Bitmojis passende Outfits (z.B. Batman-Kostüme, Kenzo-Klamotten) angeboten werden. Der erhoffte Effekt: Die Nutzer verbreiten die Marken viral über ihre sozialen Kommunikationskanäle und bringen ihre Online-Freunde auf elegante Weise in Kontakt mit Brands und Produkten. Der digitale Durchschnittsbürger wird so zum unterhaltenden Testimonial für Marken.
Im Rennen mit Facebook
War Bitmoji bisweilen vor allem beim Facebook-Messenger angedockt, könnten die Funktionen bald ihren Weg in Snapchat finden. Das Milliarden-Startup aus Los Angeles steht unter Zugzwang. Erst vor kurzem hat Facebook die populäre App Masquerade gekauft, mit der User ihre Selfies mit virtuellen Masken versehen können. Snapchat bietet dieses Feature in Form von “Lenses” selbst an, doch Masquerade funktioniert einen Tick besser. Indem man Bitstrips vor der Nase von Zuckerberg wegkauft, will Gründer Evan Spiegel in Sachen personalisierter Mobile-Kommunikation wieder vorne liegen.
Fürs Werbegeschäft, das bei Snapchat noch nicht wirklich rund läuft, könnte das auch gut sein, sollten große Marken sich mit Emojis einkaufen wollen. Denn bei Emojis geht es, wie der Name schon sagt, um Emotionen. Die Daten, die Bitstrips über seine Nutzer sammelt (das Start-up weiß, welche Gefühlsregungen die User in ihren digitalen Konterfeis abbilden), könnte man in Folge zu Werbezwecken auswerten. Ähnliches könnte Facebook mit Masquerade vorhaben: Die App erkennt in Echtzeit, ob ein Mensch amüsiert, traurig oder zornig schaut.