Die 3. Browser-Kriege haben begonnen

Sie sind so präsent, dass man sie gar nicht mehr bemerkt: Browser sind das Einstiegsfenster für Milliarden von Menschen ins Internet, am Desktop wie am Smartphone. Und um diesen Einstiegspunkt ins Netz ist nun ein neuer, 3. Browser-Krieg ausgebrochen. Denn AI-Unternehmen wie OpenAI oder Perplexity greifen jetzt die etablierten Browser-Riesen Google und Apple an, um ihnen mit neuen KI-Funktionen Marktanteile wegzuschnappen.
Im Browser-Markt hat sich seit vielen Jahren nicht viel verändert. Googles Chrome ist mit einem weltweiten Marktanteil von grob 65 Prozent der unangefochtene Marktführer, dahinter folgen Apples Safari, Microsofts Edge und schließlich einige Exoten wie Opera, Samsungs mobiler Browser und viele weitere Nischenprodukte wie etwa Brave.
Dieses seit vielen Jahren zementierte Kräfteverhältnis wird nun aufgemischt. Das AI-Startup Perplexity hat mit Comet (Trending Topics berichtete) einen eigenen Browser gestartet, der einen AI-Agenten integriert hat. Bedeutet vereinfacht gesagt: Während man wie gewohnt selbst im Web surft, kann dieser KI-Agent währenddessen in anderen Browser-Tabs Aufgaben wie etwa die Recherche von Informationen, Hotelbuchungen, Urlaubsplanungen uvm. erledigen. Die KI fährt damit sprichwörtlich im Beiwagerl mit – in der rechten „Sidecar“-Spalte hat man stets Zugriff auf den AI-Agenten.
Perplexity, das auf den KI-Modellen von OpenAI, Anthropic, Google, xAI und Meta aufbaut, ist grundsätzlich angetreten, Googles Suchmonopol mit Hilfe von KI zu brechen – ein Browser gehört da natürlich mit dazu. Nun sind auch Gerüchte am Markt unterwegs, die auch OpenAI den baldigen Launch eines eigenen Browsers nachsagen, der ChatGPT noch präsenter im Alltag der Internetnutzer machen soll.
Schließlich gibt es mit dem Dia Browser der New Yorker The Browser Company oder mit Neon von Opera (mehr dazu hier) noch einige weitere Player, die Lunte gerochen haben und versuchen, in der anstehenden Neuordnung des Browser-Marktes mitzumischen. Apple wird sogar nachgesagt, den Zukauf von Perplexity zu überlegen, weil man damit ein mögliches Ende des Deals mit Google Search (siehe unten) gegensteuern könnte.
Denn auch wenn für den User weitgehend unsichtbar: Googles Chrome und Apples Safari sind für ihre Besitzer wahre Geldmaschinen – kein Wunder, dass Perplexity, OpenAI und Co ein Stück des Kuchens haben wollen.
Google Chrome: Datenlieferant und Nutzer-Catcher
Das Business Model von Google Chrome basiert darauf, den Browser als kostenloses Produkt mit einer großen globalen Nutzerbasis bereitzustellen und so den Zugang zu Googles Ökosystem zu sichern. Chrome selbst generiert keine direkten Einnahmen durch den Verkauf oder Gebühren, sondern dient als strategisches Werkzeug, um Nutzer in die Google-Welt zu führen und deren Daten zu erfassen. Diese Daten werden genutzt, um personalisierte Werbung über Googles Werbeplattformen wie Google Ads auszuspielen, was den Hauptumsatz von Google ausmacht. Zusätzlich profitiert Google von Partnerschaften und Integrationen, etwa durch die Vorinstallation von Chrome auf Geräten und die enge Verknüpfung mit anderen Google-Diensten, was die Reichweite und Nutzung weiter erhöh
Apple Safari
Apple verdient mit Safari vor allem durch eine umfangreiche Partnerschaft mit Google Geld: Google zahlt Apple jährlich Milliardenbeträge dafür, dass die Google-Suche als Standard-Suchmaschine im Safari-Browser voreingestellt ist. Das bedeutet, dass auf jedem der mehr als 2,5 Milliarden im Umlauf befindlichen iPhones Google Search die erste Wahl ist. Im Jahr 2022 etwa belief sich diese Zahlung auf etwa 20 Milliarden US-Dollar.
Zusätzlich erhält Apple 36 Prozent der Werbeeinnahmen, die Google durch Suchanfragen im Safari-Browser auf iPhone, iPad und Mac erzielt. Diese Einnahmen machen einen erheblichen Anteil am operativen Gewinn des Unternehmens aus (2022 ca. 17%). Das Modell basiert also darauf, dass Apple durch die Kontrolle über den Zugang zum Internet auf seinen Geräten Suchmaschinenanbieter wie Google zur Kasse bittet, um deren bevorzugte Platzierung zu sichern.
Die ersten beiden Browser-Kriege
Dass der Browser-Markt disruptiert werden kann, hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten bereits zwei Mal gezeigt – die ersten beiden Browser-Kriege sind Zeugnis von kompletten Umformungen der Märkte. Einmal löste Microsoft NetScape von AOL ab, und das zweite mal wurde Microsoft von Google verdrängt. Nun stellt sich die Frage, wie und ob Google verdrängt werden kann.
1. Browser-Krieg:
Der erste Browser-Krieg fand Mitte bis Ende der 1990er Jahre zwischen Netscape Navigator und Microsofts Internet Explorer statt. Netscape war zunächst der dominierende Webbrowser mit einem Marktanteil von über 80 %. Microsoft reagierte darauf, indem es den Internet Explorer entwickelte und diesen ab Windows 95 fest ins Betriebssystem integrierte. Durch diese Strategie, die massive Verbreitung von Windows-PCs und das kostenlose Angebot des Browsers gelang es Microsoft, Netscape innerhalb weniger Jahre vom Markt zu verdrängen. Der Wettbewerb war geprägt von rascher technischer Entwicklung, gegenseitigem Kopieren von Features und teils wettbewerbswidrigem Verhalten, was schließlich auch zu einer Kartellrechtsklage gegen Microsoft führte. Am Ende dieses Krieges war der Internet Explorer mit über 90 % Marktanteil der klare Sieger, während Netscape von AOL übernommen und später eingestellt wurde.
2. Browser-Krieg:
Der zweite Browser-Krieg begann ab etwa 2004, als die Dominanz des Internet Explorers durch neue Mitbewerber herausgefordert wurde. Mozilla Firefox, hervorgegangen aus dem Mozilla-Projekt und somit ein Nachfolger von Netscape, gewann rasch Marktanteile durch Innovationen wie Tabs, Pop-up-Blocker und eine hohe Erweiterbarkeit. Später stieg Google mit Chrome in den Markt ein und setzte neue Maßstäbe bei Geschwindigkeit, Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit. Firefox konnte sich dann mittelfristig nicht behaupten und verlor stark Marktanteile, Google konnte Chrome – auch mit Hilfe von Android – schließlich zum heute dominierenden Browser der Welt machen.