Kommentar

Eigenverantwortung ist leider nicht so unser Ding

© Flavio Gasperini on Unsplash
© Flavio Gasperini on Unsplash

„Time travel hack: you don’t need to wait for masks to become mandatory again, you can start to use them now.“

Das hat gerade einer meiner Freunde auf Facebook gepostet, und oh Mann, wie hat er den Nagel auf den Kopf getroffen. Seit ein paar Tagen nun wartet Österreich auf die Rückkehr von Bundeskanzler Kurz (ÖVP) aus Brüssel, damit nun endlich entschieden wird, ob es wieder eine Maskenpflicht in Supermärkten (und vielleicht auch anderswo) geben soll oder nicht. In eben jenen Supermärkten, das kann man jeden Tag nachprüfen, gibt es immerhin schon einige Leute, die nicht auf die Kurz-Rückkehr warten. Sie haben ihr Leben selbst in die Hand genommen und für sich entschieden, dass es für ihre Mitmenschen besser ist, wenn sie wieder einen Mund-Nasen-Schutz aufsetzen.

Ja, Österreich und Eigenverantwortung, das ist so eine Sache. Viele meinen im Gespräch: Eigenverantwortung, das ist nicht so unser Ding. Jeder hat eine Story parat, aus der Schule, aus dem Restaurant, aus dem Freibad, vom Geburtstagsfest, vom Begräbnis. Wie unverantwortlich die anderen seien, indem sie Abstände nicht einhalten, Hände schütteln, sich umarmen, Gruppenfotos schießen, in volle Schwimmbecken springen, am Donaukanal in der Menge baden, die Nase raushängen lassen und keine Masken in den Öffis aufsetzen.

Die „crazy times “ sind nicht vorbei

Immerhin kann man sagen: In Sachen Eigenverantwortung sind wir in Österreich immerhin einen Schritt weiter als Noch-Weltmacht Nummer eins, wo Präsident Trump erstmals im Juli (!) öffentlich Maske getragen hat. Doch auch in Österreich wird man das Gefühl nicht los, dass alles ein bissi wurscht geworden ist, wir uns schon als Corona-Bezwinger gegenseitig auf die Schultern klopfen und darüber den Kopf schütteln, wie arg nicht die Situation in Brasilien ist.

Leider wird es nicht reichen, mit ein paar Wochen Lockdown die Corona-Krise zu bezwingen, um dann wieder in Normalbetrieb zurückzuschalten und sich Haudegen-Stories über die „crazy times“ zu erzählen. Besser früher als später eignen sich die Menschen in diesem Land mehr Eigenverantwortung an. Diese bedeutet übrigens nicht einfach „auf eigene Verantwortung“ (wie in: „Setz‘ ich halt keine Maske auf“). Sondern sie meint, dass man versteht und dafür einsteht, dass das eigene Verhalten sich nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf andere Menschen auswirkt und man gegebenenfalls die Konsequenzen trägt.

Der Papa wird’s nicht richten

Eigenverantwortung ist nicht des Österreichers Ding. Lieber eine gut bezahlte Anstellung suchen und dann über den Chef sudern, anstatt selbstständig zu sein, eine Firma zu gründen und Verantwortung für Mitarbeiter zu tragen. Es lieber anderen überlassen, wie und wo Geld investiert wird, und dann über zu niedrige Zinsen jammern, anstatt sich ein wenig Finanz-Know-how anzueignen und das eigene Geld selbst verantworten. Oder in kurzen, geflügelten Worten: Der Papa wird’s schon richten.

Viele Österreicher sind näher an der Obrigkeitshörigkeit dran als an der Eigenverantwortung. Sollen die da oben uns sagen, was zu tun ist, und wenn’s nicht funktioniert, dann sind die da oben auch schuld. Diese Grundeinstellung muss sich dringend ändern. Corona-Wirtschaftskrise, Arbeitsmarktkrise, Klimakrise, eine schwächelnde EU: Eigenverantwortung wird in Zukunft noch viel wichtiger werden. Aber wenn es nicht mal mit den Masken im öffentlichen Raum klappt, dann wird es schwer. Dann werden wir unser ganzes Leben auf die Rückkehr des Obersten warten, der uns sagt, was zu tun wäre.

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