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Ein Defi für die Hosentasche: Wie das Grazer Startup liimtec Leben retten will

Leistet ihr erste Hilfe bei einem Herzstillstand solltet ihr zwischen 100 und 120 Mal pro Minute pumpen – wenn ihr dabei einen Defibrillator nutzt, ist die Überlebenschance des Betroffenen dreimal so hoch © Fotolia / pixelaway
Leistet ihr erste Hilfe bei einem Herzstillstand solltet ihr zwischen 100 und 120 Mal pro Minute pumpen – wenn ihr dabei einen Defibrillator nutzt, ist die Überlebenschance des Betroffenen dreimal so hoch © Fotolia / pixelaway

Handy, Schlüssel, Portemonnaie, PocketDefi. Was? Letztgenanntes gehört nicht zur Ihrer Grundausstattung, wenn sie außer Haus gehen? Vielleicht bald schon… Das österreichische Unternehmen liimtec ist nämlich gerade dabei den kleinsten Defibrillator der Welt zu entwickeln.

Plötzlicher Herztod. Damit sind nicht die Menschen gemeint, die in hohem Alter im Krankenhaus oder den eigenen vier Wänden in der Nacht aus dem Leben scheiden. Plötzlicher Herztod beschreibt einen unvorhergesehenen Infarkt mit kardialer Ursache.  Laut der Stadt Wien leiden etwa 40.000 Menschen in Österreich an Herz-Kreislauferkrankungen. Mehr als 10.000 Personen sterben hierzulande jährlich an akut auftretenden Herzstillstand.

„Bei Kammerflimmern handelt es sich um einen lebensbedrohenden Zustand, bei dem der normale Herzrhythmus, z.B. in Folge eines Herzinfarkts, gestört ist“, erklärt das Rote Kreuz auf seiner Homepage. „Durch einen kurzen Stromimpuls mit einem Defibrillator kann dieser normale Rhythmus wiederhergestellt und somit die Überlebenschance des Patienten/der Patientin erhöht werden.“ Hört sich doch gut an.

Den PocketDefi immer dabei

Um der Zahl an Sterbefällen entgegenzuwirken gibt es AEDs (automatisierte, externe Defibrillatoren), die im öffentlichen Raum angebracht wurden und von jedem, der einen braucht, benutzt werden können. Nach Auskunft des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen dürfen seit 2002 auch Laien, das heißt Personen ohne entsprechende Ausbildung, jederzeit defibrillieren und so Kammerflimmern behandeln. Auf der Webseite des Notrufs hat man eine Übersicht über alle Standorte der lebensrettenden Defis. Doch was, wenn mal keiner der aktuell 3.931 Geräte in der Nähe ist?

 Teamfoto Jasper Ettema, Doris Gaal, Jürgen Rack, Markus Plass © Schubidu quartet
Jasper Ettema, Doris Gaal, Jürgen Rack, Markus Plass © Schubidu quartet

Das Team des Grazer Startup liimtec (Life Improving Technologies) hat darauf eine Antwort: PocketDefi. Ein Mini-Defibrillator, den man immer bei sich in der Tasche tragen kann. Denn die Defis, zu denen man auf Österreichs Straßen Zugang hat, werden von Menschen, laut liimtec, sowieso nicht schnell genug gefunden und aufgrund von mangelndem Vertrauen nur zaghaft genutzt.

Für PocketDefi kann man sich eine App am Handy installieren, die das Gerät regelmäßig prüft, wartet und informiert, wenn zum Beispiel der Akku fast leer ist oder Software-Updates zu aktualisieren sind.

Vor dem Marktstart braucht es Geduld, Zeit & Geld

Mit einem Marktstart rechnet Doris Gaal von liimtec in zirka einem Jahr. „Die Zulassungsprozedur für ein Medizinprodukt ist sehr streng und aufwändig ist. Sie hängt von externen Partner wie etwa Prüfstellen ab. Die brauchen schnell mal acht Monate für ihre Arbeit“, sagt sie gegenüber Trending Topics. „Aber wir haben das fachlich gut im Griff“, so Gaal weiter. „Das überrascht oft, weil grad das die Themen sind, an denen viele Startups mit einer guten Idee scheitern.“

Neben der Entwicklung dreht sich bei liimtec momentan vor allem alles um die Finanzierung.

„Damit tun wir uns zurzeit schwer“, erzählt Gaal. „Es gibt kaum Investoren, die Med-Tech und Hardware anfassen wollen, schon gar nicht in der Kombi. Dazu braucht man einen langen Atem, den viele nicht haben, und es Bedarf anfangs höher dotierte Runden, weil der Finanzierungsbedarf anfangs groß ist. Ein Med-Tech Produkt kann man nicht einfach mit einem Minimal Viable Product auf den Markt bringen, sondern muss Marktreif zur Vorlage bei der Prüfstelle abgegeben werden und dort geprüft werden. Erst danach dürfen es zum Beispiel Kunden zum Testen bekommen. Dazu braucht es nun mal viel Geduld, also Zeit und Geld.“

Leben retten zum Preis eines Smartphones

Die Kosten des Produkts werden sich im Bereich eines durchschnittlichen Smartphones bewegen. Zum Vergleich: Für gute, herkömmlichen Laiendefis muss man schon mal zwischen 1.500 und 4.000 Euro hinlegen.

Gründer & Geschäftsführer Jasper Ettema bei der i2B-Preisverleihung © Klaus Morgenstern
Gründer & CEO Jasper Ettema © Klaus Morgenstern

Seit der Geschäftsidee von Gründer und Geschäftsführer Jasper Ettema ist nun über ein Jahr vergangen. Auf dem Weg hat liimtec den einen oder anderen Preis einstecken können: So erreichten sie den zweiten Platz im i2B-Businessplanwettbewerb und den zweiten Rang beim Elevator Pitch der Jungen Wirtschaft Steiermark. 2015 wurde das Unternehmen zweimal bei der European Satellite Navigation Competition ausgezeichnet: Mit dem „Austria Award“ und dem Spezialpreis „GNSS Living Lab“.

In den kommenden Wochen und Monaten will sich das Unternehmen primär auf die Serienentwicklung, also die Vorbereitung auf die Serienproduktion, konzentrieren und im Gespräch mit zukünftigen Vertriebspartnern bleiben. Ziel ist es, die Zulassung so schnell wie möglich durchzuführen, 2017 abzuwickeln und 2018 mit einem Distributionsnetzwerk in die Startlöcher zu gehen. Ettema: „Wir entwickeln den kleinsten und kostengünstigsten AED, sodass jeder zu jeder Zeit und überall in der Lage ist, Leben zu retten.“

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