Kommentar

Energieabhängigkeit: Liquefied Natural Gas (LNG) ist keine langfristige Lösung

Jasmin Spreer und Jakob Steinschaden von Trending Topics. @ Trending Topics
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Ach, es wäre so schön. Stell‘ dir vor, wir hätten schon vor vielen Jahren viel viel mehr Geld in erneuerbare Energien gesteckt. Und längst die Diskussion darüber, wie Photovoltaik und Windräder das Landschaftsbild verändern und wie wir mit den Schrott der alten Solar- und Windanlagen intelligent recyceln können. Eigentlich liegen die Fakten seit vielen Jahren am Tisch, eigentlich müssten wir längst aus fossilen Brennstoffen ausgestiegen sein.

Ist aber nicht so. Stattdessen importieren auch Österreich und Deutschland große Teile ihres benötigten Gases aus Russland, und auch viel Rohöl kommt aus dem Krieg führenden autoritär regierten Land. Die Abhängigkeit ist so groß, dass nun wieder breit die Frage diskutiert wird: Wie man man sich möglichst schnell aus der Abhängigkeit von Russland bei der Energieversorgung befreien?

Energieabhängigkeit: Es gibt keine Alternativen zu Erneuerbaren Energien

Gasspeicher sind nicht mal halbvoll

Aktuell ist die Lage laut Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) folgendermaßen: Die Gasspeicher sind zu 18% gefüllt, selbst bei hartem Restwinter und Nulllieferung von Gazprom würde man mit den Vorräten bis Ende März kommen, bei einem weiter milden Verlauf bis Ende April. Das beruhigt erst mal für diesen auslaufenden Winter. Aber wie geht es danach weiter?

Wenn der Krieg in der Ukraine und der Konflikt der EU mit Russland weiter geht, dann wird die Zeit ziemlich knapp. De facto bleiben neun, zehn Monate bis zum nächsten Winter, in dem man im Optimalfall bereits unabhängig von russischem Gas ist. Man muss sich ja auch vergegenwärtigen: Exporte von Öl und Gas sorgen für 60 Prozent der russischen Staatseinnahmen. Wir finanzieren mit diesen Energieimporten also Putins Krieg gegen die Ukraine mit, der wir dann wiederum Geld und Waffen schicken, um sich zu verteidigen. Europa finanziert beide Seiten des Krieges mit sehr sehr viel Geld.

Ausblick: Was passiert, wenn Russland den Gashahn abdreht

Das Kürzel der Stunde: LNG

Welchen Ausweg gibt es also? Derzeit schauen sich viele sehr genau LNG, also Liquefied Natural Gas, an. Der Vorteil dafür ist, dass man es in entsprechenden Mengen bereits am Weltmarkt kaufen kann und es dann in die bestehende Infrastruktur (also die Gasleitung bis hinein in die Wohnung) leiten kann. Notwendig werden aber neue Terminals für das Flüssigerdgas, damit man es speichern und bei Bedarf in gasförmiges Erdgas umwandeln kann.

Woher kommt LNG? Australien (ca. 22 Prozent), Katar (22%) und die USA (13%) sind die weltweit führenden Exporteure des Flüssiggases. Schwenkt man von Russland auf diese Länder um, dann werden die vielen Milliarden Euro für die Gasrechnung eben an sie bezahlt. Zusätzlich müssen die Terminals gebaut werden, und der Seeweg wird anstatt der Pipelines aus dem Osten eine strategische Aufwertung bekommen. EU-Staaten werden zum Schutz der dann noch wichtigeren Seewege auch am Wasser aufrüsten müssen.

Vom Regen in die Traufe

Dadurch entstehen neue Abhängigkeiten für Europa – weg von Russland, hin zum Mittleren Osten und den westlichen Verbündeten. In der aktuellen Lage ist das strategisch eigentlich ein No-Brainer. Eigentlich. Denn am Weltmarkt wird Europa dann auf einen anderen Kontrahenten treffen, nämlich China. Die Chinesen haben ihre LNG-Käufe zwischen 2017 und 2020 um 82 Prozent gesteigert und 2021 Japan als größten LNG-Importeur der Welt überholt. Währenddessen heißt es aus den produzierenden/herstellenden Ländern USA und Katar, dass man den Nachschub nicht so ohne weiteres erhöhen kann. Damit könnte es also bei stark steigender Nachfrage und stabilem Angebot schnell zu erhöhten Preisen kommen.

Immerhin ist Flüssiggas bei seinen eigenen verursachten CO2-Emissionen besser als Diesel, Rohöl, Kerosin oder Benzin – aber schlechter als Erdgas. Denn der Prozess der Ver- und Entflüssigung braucht wiederum Energie. LNG mag eine kurz- bis mittelfristige Antwort auf die Frage der Energieabhängigkeit von Russland sein. Aber langfristig ist auch LNG kein probates Mittel, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen. Da helfen entweder Solar- und Windkraft, und dort wo noch geht, die Wasserkraft. Aber das wird nicht reichen, und so werden wir wohl oder übel bei der Kernkraft landen (mehr dazu hier).

Zweiseitig ist eine neue Kommentarreihe auf Trending Topics und Tech & Nature, in welcher wir regelmäßig einen Anlass aus zwei verschiedenen Perspektiven betrachten. Der zweite Blickwinkel heute von Jasmin zu dem Ausbau der Erneuerbaren Energien: 

Energieabhängigkeit: Es gibt keine Alternativen zu Erneuerbaren Energien

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