Roboter-Zukunft

Finnland-Experiment: Das Bedingungslose Grundeinkommen macht manche glücklich. Aber.

Fischer nahe Helsinki. © Carlos "Grury" Santosvia Unsplash
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Wenn die Roboter kommen und uns die Jobs wegnehmen, wovon werden wir dann bloß leben? Eine Antwort, die vor allem in der Tech-Branche – z.B. bei Mark Zuckerberg, Elon Musk oder Bill Gates – populär ist, heißt: Bedingungsloses Grundeinkommen, kurz BGE. Die Idee ist zwar schon 500 Jahre alt, wird im Zuge der Automatisierung immer mehr Lebensbereiche aber wieder neu aufgewärmt. Im Prinzip bedeutet sie, dass jeder ohne Gegenleistung einen fixen Betrag vom Staat ausbezahlt bekommt. Dann hätte jeder genug Geld zum Überleben und Zeit, um sich einen Job zu suchen, sich fortzubilden oder eigene Projekte zu starten, ohne zu verarmen.

In Finnland wollte man wissen, wie sich die graue Theorie in der Praxis auswirkt. Zwischen Jänner 2017 und Dezember 2018 haben rund 2.000 arbeitslose Finnen ein Zahlung von 560 Euro pro Monat erhalten. Diese wurden nicht besteuert. Durchgeführt wurde das Experiment der finnischen Sozialversicherungsanstalt Kela, die mit einer Kontrollgruppe überprüfen wollte, ob sich die BGE-Begünstigten anders verhalten und entwickeln. Das Budget des Experiments war 20 Millionen Euro groß.

Arbeitslosenzahlen werden nicht besser

Zwar liegen noch keine wissenschaftlich fundierten Ergebnisse vor, doch es gibt erste Indizien, wie sich das Experiment im Auftrag der finnischen Regierung ausgewirkt hat. Teilnehmer sagten, dass sie sich während des Experiments glücklicher gefühlt hätten. Miska Simanainen, einer der Forscher hinter der Studie, sagte der BBC, dass die Arbeitslosenrate unter den 2.000 Teilnehmer aber nicht stärker gesunken wäre als bei einer Kontrollgruppe. „Ich bin immer noch arbeitslos“, sagte einer der Teilnehmer zur BBC. „Ich kann nicht sagen, dass das Grundeinkommen mein Leben sehr verändert hat. Psychologisch ja, aber finanziell nicht.“

Fundierte wissenschaftliche Ergebnisse soll es 2020 geben. Derzeit ist aber nicht geplant, weitere Experimente dieser Art in Finnland durchzuführen.

Die Befürworter

Derweil wird die Diskussion rund um das BGE weiter geführt werden. Der deutsche Philosoph und Publizist Richard David Precht setzt sich aktuell medial stark für das BGE ein. „Wenn der Busfahrer in zehn Jahren seine Arbeit verliert, dann kann er nicht anschließend Designer für Virtual Reality werden oder Big-Data-Analyst“, argumentierte er auf Xing. „Wir werden also auf jeden Fall eine große Arbeitslosigkeit bekommen, mit der starken Tendenz, dass die Erwerbsarbeit abnimmt.“

Und deswegen bräuchte es das BGE, auch wenn es aus heutiger Sicht unrealistisch erscheint. „Deswegen spreche ich mich für ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) aus, in einer Höhe von mindestens 1.500 Euro im Monat. Das kann zwar in Zukunft nicht mehr über Erwerbsarbeit finanziert werden – aber ehrlich gesagt, auch unser bisheriges Sozialsystem kann nicht mehr über Erwerbsarbeit finanziert werden, wenn Millionen Menschen ihren Job verlieren.“

Woher soll das Geld kommen, um jeden Menschen zwischen 500 und 1.500 Euro pro Monat ausbezahlen zu können? Wilhelm Bauer vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation meint, dass es bei zunehmender Automatisierung ein BGE bräuchte. „Womöglich werden wir in Summe etwas weniger arbeiten, aber das wäre ja auch gar nicht so schlecht. Eventuell brauchen wir dann doch auch so etwas wie ein bedingungsloses Grundeinkommen, mit einer Art Algorithmen-Steuer könnte man das auch finanzieren“, so Bauer gegenüber Trending Topics.

In Österreich wollte der Verein  Generation Grundeinkommen über eine Crowdfunding-Kampagne bis Ende September 2018 500.000 Euro sammeln, um das BGE bis zu einem Volksbegehren 2019 zu bringen. Viel getan hat sich seither nicht. In der Schweiz wurde das BGE in einer Volksabstimmung abgelehnt.

Die Gegner

„Die Regierung und ich auch stehen nicht für die Idee eines Grundeinkommens“, sagt Wirtschafts- und Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) im Interview mit Trending Topics. „Ich stehe dafür, dass man Dinge findet, die man gerne tut. Es gibt für jeden das, was er gerne tut und wo er gut drin ist. Wir haben ganz viele Handwerksbetriebe, es gibt im Bereich Coding ganz viele neue Chancen und es gibt auch in der Pflege ganz großen Bedarf. Ich glaube, das bedingungslose Grundeinkommen braucht es nicht.“

Kritik am BGE kommt auch von anderer Seite. So wird vermutet, dass es die Bevölkerung spalten könnte – etwa dann, wenn es nur bestimmte Bevölkerungsgruppen fordern (z.B. nur für Österreicher) bekommen, aber Minderheiten wie Zuwanderer nicht. Auch die Finanzierungsfrage ist eine große. Auch die Auswirkungen auf das Verhalten sind nicht wirklich geklärt. Währen die einen vermuten, dass Menschen so freier leben könnten, meinen die anderen, dass ein Fixeinkommen ohne Arbeit nur die Faulheit fördern würde.

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