Langweilig? Warum Stablecoins gerade der heißeste Fintech-Shit sind
Sie sind meistens an den US-Dollar und manchmal an andere Währungen wie den Euro gekoppelt, werden als Fiat-Ersatz zum schnellen Trading verwendet und laufen auf unterschiedlichen Blockchains – aber sonst? Stablecoins haben, also Mark Zuckerberg einen für Facebook plante (Libra/Diem), für sehr viel Aufregung gesorgt und letztendlich bewirkt, dass in der EU das Krypto-Gesetz MiCA Einzug hielt.
Ansonsten hat sich die Aufregung nach dem TerraUSD-Kollaps gelegt. Aktuell stellt sich die Branche die Frage, ob der Marktführer Tether (USDT) 2025 noch in der EU erlaubt sein wird, und ob andere Stablecoins wie jene von Circle den Platz einnehmen können. Zumindest einige Unternehmen wie die Societe Generale versuchen, Euro-Stablecoins zu etablieren, die aber neben der Dominanz der Dollar-Stablecoins kaum eine Rolle spielen.
Jedoch ist in den letzten Tagen und Wochen klar geworden, dass Stablecoins bei großen Fintechs mittlerweile das neueste heiße Ding geworden sind. Zuletzt wurde bekannt, dass das Payment-Unicorn Stripe satte 1,1 Milliarden Dollar für die Stablecoin-Plattform Bridge bezahlen will. Bridge wurde erst vor etwa zwei Jahren von Zach Abrams (Ex-Brex, Ex-Coinbase, Ex-Square, Ex-Evenly) und Sean Yu (Ex-Airbnb, Ex-Coinbase, Ex-Doordash, Ex-Square, Ex-Evenly) gegründet und soll gerade den größten Exit eines Krypto-Unternehmens hinlegen.
Wie Stablecoins Zinsen anwerfen
Bridge bietet dabei, anders als Tether oder Circle, gar keinen eigenen Stablecoin an, sondern will anderen Unternehmen es ermöglichen, sich in wenigen Minuten einen eigenen Stablecoin zu erstellen. Stablecoins funktionieren meistens so: Es wird eine bestimmte Menge der Tokens auf einer Blockchain erstellt (z.B. Ethereum, Solana, Polygon usw.), und parallel dazu wird die gleiche Menge an Fiat oder Äquivalente dazu (v.a. Staatsanleihen) in einer Reserve gebunkert. So wird gewährleistet, dass die Krypto-Token mit einem Fiat-Wert hinterlegt sind.
Und jetzt wird es spannend: Weil die Dollar oder Euro ja in der Reserve liegen, kann man diese am Markt investieren. Werden die Reserven in US-Staatsanleihen angelegt, kann man damit derzeit etwa 5% Zinsen p.a. verdienen. Für Tether, dessen USDT eine Marktkapitalisierung von 120 Milliarden Dollar erreicht hat, ist das zu einer Cashcow geworden. Tether, ein Unternehmen mit Firmensitzen im Steuerhafen British Virgin Islands bzw. in Hongkong, weiß regelmäßig Milliarden-Quartalsgewinne aus. Im letzten Geschäftsjahr soll der Gewinn insgesamt bei 6,2 Milliarden Dollar gelegen haben. Die Firma mit weniger als hundert Mitarbeiter:innen betreibt somit eines der profitabelsten Geschäftsmodelle der Finanzwelt.
Kein Wunder, dass Mitbewerber wie Circle sich mehr Marktanteile sichern wollen – und Bridge die Möglichkeit anderen Unternehmen anbieten will. Doch Stablecoins sollen Finanzunternehmen noch mehr Vorteile bringen. Man denken etwa an den internationalen Zahlungsverkehr. Anstatt teuer Dollar oder Euro von A nach B zu überweisen, kann man ihre Krypto-Pendants deutlich günstiger über Grenzen hinweg überweisen. Gerade für Unternehmen, die in vielen verschiedenen Märkten tätig sind, ist das spannend.
Internationale Transaktionen werden günstiger
Weitere Einsatzmöglichkeiten sind unter anderem das Bezahlen von Löhnen in Form von Stablecoins. In Verbindung mit einer Bezahlkarte ist es heute nicht mehr kompliziert, die Stablecoins auch im Alltag als Zahlungsmittel zu verwenden. Das ist vor allem in Ländern interessant, wo die Inflation davon galoppiert ist und lokale Währungen wie den argentinischen Pesos oder die türkische Lira entwertet haben. Digitale Dollar oder Euro könnten den Menschen in diesen Ländern lieber sein, um zu bezahlen oder bezahlt zu werden.
Wenn Stripe mit Millionen Kunden weltweit (u.a. Amazon, Google, Shopify, Notion, Instacart) nun beginnt, ihnen auch Stablecoins anzubieten, dann könnte sich dieses Krypto-Geld aus ihrer Krypto-Blase hinaus schnell weiter verbreiten. So gibt es auch längst Marktgerüchte, dass auch Fintechs wie Revolut oder Robinhood in den Stablecoin-Markt einsteigen wollen. Im Banking wie im Trading ergeben sich (siehe oben) möglicherweise spannende Einsatzgebiete für sie und könnten den Fintechs auch dabei helfen, Kosten zu sparen und ihre Services günstiger ihren Usern anzubieten.
Sogar die Familie Trump ist auf den Stablecoin gekommen. Mit dem Startup World Liberty Financial sollen Stablecoins gepusht werden, um die internationale Dominanz des Dollar abzusichern – einen Beweis ist das wirre und nicht sonderlich nachgefragte Projekt aber noch schuldig geblieben.
PayPal konnte eigenen Stablecoin nicht groß machen
Stablecoins sind für Fintechs aber nicht notwendigerweise ein Erfolgsgarant. Mahnendes Bespiel ist PYUSD von PayPal. Der Payment-Riese startete Ende 2023 mit seinem eigenen Stablecoin, mit dem man in Online-Shops bezahlen und günstige international Überweisungen via Ethereum und Solana machen können soll. Ein Hit war PYUSD bisweilen aber nicht, gerade einmal eine Marktkapitalisierung von etwa einer Milliarde US-Dollar wurde erreicht. Im Vergleich zu Tether (120 Mrd. Dollar) oder USDC von Circle (35 Mrd. Dollar) ist PYUSD ein Zwerg geblieben. Da ist fraglich, ob Stripe, Revolut oder Robinhood ihre Stablecoins größer machen können.
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