Studie

Lohnnebenkosten: Senkung könnte Österreichs Wirtschaftsleistung um 5 Mrd. Euro steigern

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Das Thema Senkung der Lohnnebenkosten ist in Österreich im Wahljahr 2024 ein großes politisches Thema. Nach Forderungen der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) und den NEOS sprach sich im Jänner auch Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) für entsprechende Maßnahmen aus (wir berichteten). EcoAustria hat nun im Auftrag der WKO untersucht, inwiefern eine Reduktion der Lohnnebenkosten positiv zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen kann.

Wirtschaftsminister Kocher für Senkung der Lohnnebenkosten

40.000 neue Arbeitsplätze durch weniger Lohnnebenkosten

Am Mittwoch haben Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria, und Karlheinz Kopf, Generalsekretär der WKO, die Ergebnisse präsentiert. Die Studie hat unter anderem ergeben, dass eine Senkung der Lohnnebenkosten zu einer Steigerung des realen BIP von Österreich langfristig um etwa ein Prozent steigt, was knapp fünf Milliarden Euro zusätzlicher Wirtschaftsleistung entspricht. Auch würden so 40.000 neue Arbeitsplätze entstehen.

So eine Steigerung wäre laut WKO und EcoAustria durchaus nötig. Die wirtschaftliche Lage Österreichs habe sich im Jahr 2023 deutlich verschlechtert. Konkret schrumpfte das reale BIP um 0,7 Prozent. Nach der Prognose der Europäischen Kommission soll das Wachstum auch in den Jahren 2024 und 2025 mit 0,6 Prozent und 1,4 Prozent nur moderat ausfallen. Hohe Zinsen und die Inflation belasten die österreichische Wirtschaft.

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Wettbewerbsfähigkeit Österreichs geschwächt

„Die Schere bei den Lohnstückkosten zu wichtigen Handelspartnern wie Deutschland geht zunehmend auseinander. Das drückt massiv auf Österreichs Wettbewerbsfähigkeit und bringt uns in eine zunehmend prekäre Position auf den internationalen Märkten. Aber ein Gegensteuern ist möglich und hätte auch spürbare Effekte, wie uns die vorliegende Studie zeigt“, so Karlheinz Kopf am Mittwoch. Unternehmer:innen behaupten schon länger, dass eine Senkung der Kosten Österreich im internationalen Wettbewerb besser positionieren könnte. Gerade aktuell ist dieses Thema aufgrund von Inflation und Rezession von Bedeutung.

Zwischen 2009 und 2022 stiegen die Lohnstückkosten um 30 Prozent, während der Zuwachs im Euroraum mit 17 Prozent und in Deutschland mit 25 Prozent deutlich schwächer ausfiel. Die Herbstprognose der Europäischen Kommission sagt für Österreich einen kumulativen Anstieg der Lohnstückkosten von 2023 bis 2025 um 20,5 Prozent voraus, während für den Euroraum ein um 8 Prozentpunkte niedrigeres Wachstum prognostiziert wird. Österreich verzeichnete im Jahr 2021 mit knapp 44 Prozent des BIP die vierthöchste Abgabenquote in der OECD.

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Öffentliche Leistungen sollen nicht reduziert werden

Für die Modellanalyse ist EcoAustria von einer Lohnnebenkostensenkung mit einem Maßnahmenvolumen von 7,5 Mrd. Euro bzw. 1,4 Prozent des BIP ab 2025 ausgegangen, was einer Abschaffung des Beitrags zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) entspricht. Die öffentlichen Leistungen werden dabei laut Studie nicht reduziert. „Diese Maßnahme stärkt die Arbeitsnachfrage und das Arbeitsangebot, wodurch etwa ein Prozent mehr Beschäftigung geschaffen wird. Konkret hätte dies rund 40.000 zusätzliche Arbeitsplätze zur Folge“, erklärte Monika Köppl-Turyna.

Zudem steige der reale private Konsum mittelfristig um rund 1,5 Prozent, die realen Investitionen fallen um etwa 1,8 Prozent stärker aus. Dazu könnte eine Senkung zum Anstieg der Exporte um 1,4 Prozent führen. Allerdings müsse man einen Teil des Einnahmenausfalls finanzieren. Dabei sei eine Ausgabenreduzierung angesichts der hohen Abgabenbelastung und stärker wachstumsdämpfenden Wirkungen von Steuererhöhungen zu bevorzugen.

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„Strukturreformen“ mittel- und langfristig nötig

„Die positiven Effekte liegen auf der Hand, nun gilt es, rasch ins Tun zu kommen und sich nicht länger hinter dem Märchen zu verstecken, dass Lohnnebenkostensenkung Leistungskürzung bedeutet“, meinte Kopf. Ein beträchtlicher Teil einer Lohnnebenkostensenkung würde sich durch die konjunkturbelebenden Effekte selbst finanzieren. Zudem gelte es, vorhandene Effizienzpotenziale zu heben und Finanzierungswege zu überdenken.

„Lohnnebenkosten, die nicht unmittelbar mit Löhnen und Gehältern zu tun haben, sollten nicht mehr durch Arbeitgeberbeiträge, sondern aus dem allgemeinen Budget finanziert werden. Die FLAF-Finanzierung auf neue Beine zu stellen, wäre diesbezüglich natürlich ein wirklich großer Wurf – das ist uns auch bewusst“, so der Generalsekretär, für den auch eine schrittweise Senkung der Lohnnebenkosten denkbar ist, wie es Arbeitsminister Martin Kocher bereits skizziert habe. „Mittel- und langfristig werden wir auch um Strukturreformen jedenfalls nicht herumkommen. Wichtig ist jetzt aber, rasch mit der Entlastung zu beginnen – denn wir haben keine Zeit zu verlieren“, so Kopf abschließend.

Vorschlag der Industriellenvereinigung: Kritik an Forderung nach 41-Stunden-Woche

41-Stunden-Woche per Gesetz „völlig unrealistisch“

Doch eine Senkung der Lohnnebenkosten halten nicht alle für einen guten Plan. Als Bundeskanzler Karl Nehammer im Jänner einen „Lohnnebenkosten-Senkungspfad“ ankündigte, setzte es auch viel Kritik seitens der Arbeitnehmervertretung. Silvia Hruška-Frank, Direktorin der Arbeiterkammer Wien, bezeichnete den Plan als eine „Frontalattacke gegen den Sozialstaat und damit gegen die Menschen in diesem Land.“ Denn eine Senkung der Sozialstaatsbeiträge wandere zuerst einmal in die Taschen der Arbeitgeber. Die Arbeitnehmer:innen müssten für die Einnahmeausfälle einspringen, weil sie 80 Prozent des Budgets finanzieren, während ihnen gleichzeitig Kürzungen der Sozialleistungen drohen würden.

Apropos Arbeitnehmer:innen: Zur Sprache kam am Mittwoch übrigens auch die aktuelle Debatte rund um die 41-Stunden-Woche, die die Industriellenvereinigung und Karoline Edtstadler (ÖVP) kürzlich vom Zaun gebrochen haben (wir berichteten). Karlheinz Kopf dazu: „So eine Maßnahme per Gesetz durchzusetzen, ist politisch völlig unrealistisch. Aber man muss den Hilfeschrei dahinter ernst nehmen Mehrarbeit attraktiver machen, unter anderem durch bessere Kinderbetreuung oder steuerliche Anreize.“

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