Kommentar

Mehr Hype als Hit – ein ehrlicher Blick hinter die Kulissen des OMR-Festivals in Hamburg

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Am vergangenen Mittwoch und Dienstag ist bereits zum 10. Mal die gigantische Online-Marketing-Rockstars-Versammlung am Messegelände in Hamburg über die Bühne gegangen. Oder besser gesagt “über die Bühnen”, denn insgesamt wurden ganze sechs Stages durchgehend mit Programm bespielt mit Vorträgen von großen Namen wie Serena Williams, Scooter Braun, Pamela Reif, Sascha Lobo, Markus Lanz aber auch von vielen weiteren Branchen-Expert:innen.

Vom Deep-Dive zum Massenevent

Seinen Ursprung feiert das Festival im Jahr 2011, wo es von Philipp Westermeyer als kleiner Deep-Dive für ein paar 100 Freunde und Bekannte ins Leben gerufen wurde. Seitdem hat sich die Zahl an Besucher:innen versiebenhundertfacht mit mehr als 70.000 Gästen, riesigen Expo-Hallen, 100 Food-Ständen und 500 Side-Events. Ganze Straßen werden mittlerweile blockiert und 700 Anrainer:innen mit gratis Tickets beschwichtigt, um die Massen von A nach B wortwörtlich fließen zu lassen.

Die Stadt Hamburg ist restlos ausgebucht, während sich Hotellerie und Fluglinien in den Einnahmen der überteuerten Flug-und Zimmerpreise baden – alles auf Kosten der blechendenKonzerne natürlich. 30.000 Euro kostet ein Messestand pro Quadratmeter, wobei 1.000 Lichter dafür sorgen, dass die eigene Brand in das richtige Scheinwerferlicht gerückt wird. Das Thema Nachhaltigkeit scheint hier leider noch nicht im Mittelpunkt zu stehen. Bei der Pressetour wird aber erklärt, dass zwar neben dem Kernteam ganze 12.000 Menschen extra für die Woche rund um’s OMR-Festival angestellt werden, es dafür aber nur einen (einzigen) Sustainability-Beauftragten gibt, der sich dem Thema Diversität und Klimaneutralität widme.

Auch in den nächsten Jahren will die Konferenz weiterhin auf Wachstum setzen und den Event-Schauplatz auf Hamburgs Umgebung ausweiten. Hamburgs Wirtschaft leckt sich die Finger, aber wird denn auch ein entsprechender Mehrwert geboten, welcher ein Ticket im Wert von 399 Euro gerechtfertigt?

Alles heiße Luft?

Es steht sicher außer Frage, dass Westermeyer und sein Team bemerkenswerte Arbeit geleistet haben. OMR ist mittlerweile jedem Marketeer im DACH-Raum ein Begriff und die Speaker-Liste krönt sich jedes Jahr mit höherer Prominenz aus der heimischen und internationalen Medienlandschaft. Dieses Jahr gebührt die internationale Schirmherrschaft dem Ex-Tennis-Profi Serena Williams und Justin Biebers Talent Manager Scooter Braun. Während Serena und Scooter ihre Success-Stories erzählen, verrät Pamela Reif ihr geheimes Rezept zum Erfolg à la “einfach glücklich sein” und “der Papa wird’s schon richten” und Glam-Queen Katja Krasavice schwört auf ihr langen Nägel und “Only Fans” als Haupteinnahmequelle.

Für Schlagzeilen sorgt auch ein absurder Auftritt von Seiten des deutschen Influencers Jeremy Fragrance. Dieser erscheint um 9 Uhr in der Früh mit frish gepuderter Nase auf der Bühne und “bereichert” das Publikum mit sexistischen Aussagen und seinem Lebensmotto “Ich bin geil, ich bin cool, ich bin krass, Alter!”. Aber jeder Marketing-Geek weiß – auch negative Publicity ist Publicity – und wenn die oben genannten Herrschaften eines mitbringen, dann ist es wohl eine hohe Reichweite.

“Wenn wir über die Gefahren künstlicher Intelligenz reden, dann fürchten wir uns immer vor dem Falschen”

Natürlich gab es auch Vorträge und Masterclasses, wo inhaltlich etwas mehr in die Tiefe gegangen wurde. So philosophierten Richard David Precht und Markus Lanz in etwa über die Veränderung des Menschen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz mit der Erkenntnis, dass “die Menschheit mit dem Aufstieg von generativer AI wohl immer mehr Skepsis aufbauen und einen unglaublichen Vertrauensverlust in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft erleiden wird.” Die wahre Gefahr liege außerdem nicht darin, dass die Maschine böse werde (hierfür bräuchte sie ja einen Willen und einen physiologischen Körper), sondern darin, was die Menschen mit Künstlicher Intelligenz alles anstellen. Dies verdeutlicht Precht mit der leicht makabren Anekdote, dass eine KI, welche dazu programmiert wurde, Dinge in Büroklammern zu wandeln, durch menschliche Intervention außer Kontrolle geraten könnte und nicht rasten würde, bis die gesamte Welt zu Büroklammern gemacht wäre.

Auch Sascha Lobo betont die Dringlichkeit der Adaption des Menschen an die KI-Transformation, welche am besten durch “Investitionen, Bildung und Mut“ gelingen könne.

Fazit

Ein Influencer müsste man sein, um das Festival in vollen Zügen genießen zu können! Denn nur, wer eine entsprechende Anzahl an Follower:innen liefert und wen kennt, der wen kennt, wird zu den beliebtesten Side-Events geladen bzw. dem wird ein Platz bei den Konzerten gesichert.
Macklemore, Fettes Brot, K.I.Z. und viele mehr wurden vom OMR-Team zwar groß als “Zuckerl” für den Ticketverkauf angekündigt, doch am Ende kam nur ein Bruchteil der Gäste in den Genuss der angepriesenen Shows. Wer bis 17:00 Uhr noch mit dem eigenen Messestand oder dem ein oder anderen weiterbildenden Vortrag beschäftigt  war, hatte keine Chance. Bereits drei Stunden vor Konzertbeginn bildeten sich Schlangen vor den Eingängen zur Musikbühne und die Gäste wurden wortwörtlich im Regen stehen gelassen.

Alles in allem sind die Online Marketing Rockstars ihrem Namen aber gerecht geworden und haben sich via Social Media, Promi-Besetzung und Influencer-Marketing zu einem der größten Event-Player der digitalen Marketing-Szene in Europa hochgearbeitet. Alleine dafür gebührt ihnen tiefer Respekt. Weniger tief geht leider das Spektrum des gebotenen Contents, aber die OMR ist und bleibt nun mal ein kunterbuntes Branchentreffen mit Fokus auf Networking, Austausch und dem Generieren von Business-Leads.

Einblick hinter die Kulissen – Pamela Reif und ihre Fans. © ramp106 GmbH
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