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5 Startup-Methoden für mehr Nachhaltigkeit

Ritter Sport will mit einem Prototypen Kunden in die Entwicklung einer neuen Verpackung einbinden © Ritter
Ritter Sport will mit einem Prototypen Kunden in die Entwicklung einer neuen Verpackung einbinden © Ritter
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Kommentar.

Kürzlich bin ich beim Scrollen durch meinem LinkedIn-Newsfeed auf einen Beitrag der Verpackungschefin des deutschen Schokoladenherstellers Ritter – bekannt für seine kultige, quadratische Schokoladentafel Ritter Sport – gestoßen. Die Managerin stellte  einen Prototypen einer neuen Verpackung aus Papier vor. Da mich neue nachhaltige Ansätze immer neugierig machen bin ich dem Link gefolgt.

Es ist nichts Besonderes für Lebensmittelhersteller an nachhaltigeren Verpackungen zu arbeiten, da der Druck und die steigende Nachfrage der Verbraucher deutlich spürbar ist. Erst kürzlich wies etwa die deutsche Studie Nachhaltiges Leben 2020 von Polycore und Der Spiegel darauf hin, dass die Bedeutung des Themas stark zugenommen hat – 82,9 % der Befragten planen, in Zukunft nachhaltiger zu leben. Es ist also für viele Unternehmen an der Zeit zu handeln, um für ihre Kunden und Kundinnen relevant zu bleiben.

Das Besondere an dem Schritt von Ritter Sport ist meiner Meinung nach, dass sie es wagen, einen „echten Prototypen“ zu erstellen. Dass sie zugeben, dass sie noch nicht die perfekte Lösung parat haben, aber daran arbeiten und die Öffentlichkeit einladen, mitzumachen und ihre Idee zu testen und zu verbessern. 

Die Initiative von Ritter Sport hat mich dazu inspiriert, darüber nachzudenken, wie wir die Barrieren senken können, um zu einer nachhaltigeren Zukunft beizutragen. Et voilá – 5 mögliche Ansätze – ich freue mich auf euer Feedback!

1. Mit Startup-Mentalität zu mehr Nachhaltigkeit – klein anfangen, schnell handeln, früh scheitern

Es gibt einen sehr inspirierenden TED-Talk des deutschen Sozialunternehmers Philipp von der Wippel. Er hat ein Modell für die Anwendung der Startup-Mentalität auf große soziale und ökologische Herausforderungen unserer Zeit entwickelt: Klein anfangen, schnell handeln, früh scheitern.

Es erfordert Mut, insbesondere für kundenorientierte Unternehmen, Prototypen zu launchen. Einen großen Teil meiner Karriere habe ich für führende Telekommunikationsunternehmen in Europa Produkte auf den Markt gebracht, und es gehörte zu meiner DNA, möglichst perfekte Produkte auf den Markt zu bringen. Ich habe versucht, alle eventuellen Fehler zu vorherzusehen und bei der Markteinführung die bestmögliche Kundenerfahrung zu liefern, um so die Kosten für Kundendienst und Beschwerden nach der Markteinführung zu reduzieren. Daraus haben sich Entwicklungszeiten von einigen Monaten ergeben und wenn wir die Kundenreaktionen falsch prognostiziert haben, konnte das mitunter sehr teuer werden. Da das Umfeld jedoch irgendwie vorhersehbar war, waren wir meistens erfolgreich.

Als wir unser eigenes Unternehmen goood mobile gegründet haben um Pionierarbeit für Nachhaltigkeit in der Telekommunikationsbranche zu leisten, habe ich schnell verstanden, dass wir mit dieser Art der Produktentwicklung scheitern würden: Die Reaktionen der Kunden waren kaum vorhersehbar, da eine neuer Markt geschaffen wurde. Außerdem hätten wir uns die herkömmliche Art der Produkteinführung finanziell nicht leisten können – wir mussten einen agilen Startup-Ansatz anwenden, um zu überleben. Klein anfangen, schnell handeln, früh scheitern wurde unser neues Mantra und das hat uns geholfen, das Feld zu sondieren und mit Hunderten kleineren Tests und Iterationen das Produkt marktfähig zu machen.

Genau diese Startup-Mentalität könnte auch anderen Organisationen und Entscheidungsträgern helfen, ihre Ängste vor Innovationen für mehr Nachhaltigkeit zu überwinden. Statt teuer, zeitaufwändig und risikoreich in Nachhaltigkeit zu investieren, können so schnelle Erfolge erzielt werden, die zu weiterem Engagement in dem Bereich motivieren.

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2. Beispiele schaffen neue Realitäten

„Das stärkste Argument ist es, Dinge umzusetzen und nicht zu diskutieren. Das zeigt den Menschen, dass eine andere Welt möglich ist – es gibt kein stärkeres Argument als die Umsetzung. Beispiele schaffen neue Realitäten“. Philipp von der Wippel

Innovationen für eine sozial und ökologisch nachhaltige Zukunft unterscheiden sich ein wenig von anderen Formen von Innovationen, da das Ziel ein Systemwandel ist, um die Zukunft unserer Gesellschaft langfristig nachhaltig zu sichern. Dieser Weg umfasst sechs Phasen:

  • Prompts – die die Notwendigkeit von sozialen Innovationen hervorheben,
  • Vorschläge – wo Ideen entwickelt werden,
  • Prototypen – wo Ideen in der Praxis getestet werden,
  • eine nachhaltige Phase – wenn die Idee zur alltäglichen Praxis wird und schließlich
  • eine Skalierungsphase – wenn soziale Innovationen wachsen 
  • und schließlich zu einem Systemwandel führen und zu einer neuen allgemeinen Praxis werden. (Murray et al., 2010, S. 11)

Die Prototyping-Phase ist eine sehr wichtige Phase bei Innovationen für eine nachhaltigere Zukunft. Ein derzeit recht interessantes, mutiges, aber auch umstrittenes Beispiel für einen Prototypen für eine soziale Innovation ist Olympia 2020 – auch „Superbowl der Demokratie“ genannt. Eine Gruppe von Berliner Unternehmern, die von den aktuellen Möglichkeiten direkter Demokratie frustriert sind, haben sich entschlossen, „das größte Demokratieprojekt“ zu starten, das Deutschland bisher gesehen hat.

Sie haben das Olympiastadion reserviert, um am 12.06.2020 Petitionen mit 90.000 Teilnehmern in den Bundestag einzubringen. Das Motto „Wir fangen einfach an und stellen uns in den Weg“ ist genau richtig für die Zeit, in der wir leben. Sie wollen ein neues Format der demokratischen Beteiligung testen. Vielleicht funktioniert es, vielleicht scheitern sie, aber wenn sie Erfolg haben, wird die Veranstaltung als neues Beispiel dafür dienen, wie demokratische Beteiligung gefördert werden kann.

Auch unser eigenes Social Business goood mobile startete eigentlich als Prototyp für „nachhaltige Mobilkommunikation“ – unser Ziel war es, ein Beispiel für sozial und ökologisch nachhaltige Mobilfunkdienste aufzubauen und den Markt zu testen. Jetzt, wo wir sehen, dass es Potenzial gibt, arbeiten wir an der Partnerschaft mit größeren Organisationen, um das Konzept auszubauen und eine größere Wirkung zu erzielen.

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Dasselbe Grundprinzip gilt für Ritter Sport-Prototypen:  Test – Anpassung – Skalierung und idealerweise auch Inspiration für andere einen Schritt in Richtung nachhaltigerer Verpackungen zu gehen.

3. Design-Sprints erfolgreich für Nachhaltigkeits-Challenges nutzen

Als erfahrene Produktmanager setzen wir zur Lösung komplexer geschäftlicher Herausforderungen auf „Design Thinking“ und seit einigen Jahren wenden wir diese Denkweise auch auf Nachhaltigkeitsfragen in unseren Beratungsprojekten an. Wir finden, dass das großartig funktioniert. 

Kürzlich haben wir das Format von 3- oder 5-Tages-Design-Sprints eingeführt und sind wieder begeistert. Das Einbeziehen von Kunden und Experten und die einfache Frage „Wie könnten wir“ statt „Wir müssen“ eröffnen neue Möglichkeiten und löst kreative Ideen aus. Design-Sprints sind auch ein großartiges Format, um Fachwissen außerhalb des Unternehmens auf strukturierte und effiziente Weise einzubinden. Es ist ein Format, das wir wärmstens empfehlen, um neue Ideen zu entwickeln und sie sofort mit den beteiligten Interessengruppen zu testen, so dass neue Initiativen und Produkte mit minimalem Aufwand gestartet werden können.

4. Über die organisatorischen und disziplinären Grenzen hinweg zusammenarbeiten

Innovationen sind in der Regel eher neue Kombinationen oder Hybride aus bestehenden Elementen als tatsächlich völlig neu. Dasselbe gilt für soziale Innovationen für eine nachhaltigere Zukunft – sie können von praktisch jedem Akteur unserer Gesellschaft lanciert werden, von Regierungen sowie von sozialen oder ökologischen Non-Profit-Organisationen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und anderen unabhängigen Organisationen. Allerdings hilft Zusammenarbeit und Systemdenken dabei, bessere positive Effekte für die Gesellschaft auszulösen.

Unser Appel:l Mutige sein, aus der eigenen Organisationen heraustreten und nach Partnern suchen, um gemeinsam an einer nachhaltigeren Zukunft zu arbeiten. Meiner Erfahrung nach sind zivilgesellschaftliche Organisationen sehr offen dafür, mit ihrem Fachwissen zu unterstützen, da der Wandel in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft oft ein Kernstück ihrer Mission ist. Und wie das Beispiel von Ritter Sport zeigt, können auch Kunden großartige Partner für Nachhaltigkeitsbemühungen sein.

Einen besonderen Beitrag leisten auch Social Entrepreneure, die „neue Muster und Möglichkeiten für Innovationen“ einbringen. Als Teil der Social Business Community kann ich bestätigen, dass viele von uns zur Zusammenarbeit bereit sind und soziale Innovationen testen und einführen können, die bestehende Organisationen innerhalb ihres strategischen Rahmens nicht durchführen können. Die Social Entrepreneurship Netzwerke SEND in Deutschland und SENA in Österreich sind großartige Anlaufstellen, um ein Gefühl für die Möglichkeiten des Sektors zu bekommen.

5. Schritt für Schritt: klein anfangen, Erfolg haben, wachsen

In Diskussionen mit Unternehmen darüber, wie sie nachhaltiger werden können, höre ich oft, wie groß solche Projekte nicht wären und wie viel es nicht koste, sie zum Erfolg zu führen. Aus Angst, dass der Aufwand zu groß ist und man scheitern könnte, bleiben Viele oft auf der sicheren Seite und verzichten darauf sich für mehr Nachhaltigkeit in ihren Unternehmen zu engagieren .

Hier kommt das Konzept des „Slicing the Elephant“ ins Spiel – es hat seine Wurzeln in der agilen Software-Entwicklung und es geht darum, einen Weg zu finden, das System in kleinen Schritten zu launchen, anstatt bis zum Ende zu warten und dann eine  große Veröffentlichung zu machen. Wir könnten das leicht auf die Bemühungen um Nachhaltigkeit in jeder Organisation anwenden: Wer auch immer die Verantwortung trägt, könnte kleine Projekte und Prototypen in seinem Wirkungskreis starten – und bei Erfolg die nächste Stufe in Angriff nehmen.

Viele kleine Schritte, die immer wieder gemacht werden, können zu massiven Veränderungen führen und global Bedeutung erlangen. Das ist die Botschaft, die wir aus meiner Sicht Menschen und Unternehmen um uns herum vermitteln sollten.

Was wäre, wenn wir alle in unserer Arbeit und in unserem Wirkungskreis eine „can do“-Haltung einnehmen würden? Vielleicht sind einige der vielen verschiedenen innovativen Ansätze, die wir dann auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit entwickeln, diejenigen, die erfolgreich sind, skalierbar sind und zu dem Systemwandel führen, der uns hilft, unsere Zukunft nachhaltig zu gestalten und unseren Planeten weiter florieren zu lassen?

Ich denke, das sollten wir probieren!

Dieser Beitrag erschien zuerst unter dem Titel „Prototyping for Sustainability-5 thoughts on how to facilitate contributing to a more sustainable future“ auf LinkedIn.

 

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