CO2-Fußabdruck

Steuerreform: Lange Transportwege sollen Lebensmittel teurer machen

©Wendy Wei/ pexels
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Eines kann man sagen – langweilig ist es auf politischer Ebene in der letzten Woche in Österreich sicher nicht gewesen. Während die Vorstellung der ökosozialen Steuerreform am 03. Oktober vor einer Woche noch das Hauptthema war und entsprechend oft beleuchtet und hinterfragt wurde, ist diese nun nach der Regierungskrise und dem Kanzlerwechsel fast schon wieder ein alter Hut und entsprechend aus dem Fokus der Öffentlichkeit gedrängt.

Ein Punkt in der ökosozialen Steuerreform ist dabei bisher so ziemlich untergegangen. Das könnte daran liegen, dass die Details und die Frage der Umsetzbarkeit bisher noch komplett offen sind. Erwähnt werden sollte dieser deswegen aber trotzdem.

Eine „regionale Bepreisung von Lebensmitteln“ – das war neben der Einführung einer CO2-Bepreisung und dem Investitionsbeitrag mit Schwerpunkt auf ökologische Investitionen einer der Punkte in der Reform, durch welchen die Emissionen Österreichs langfristig sinken sollen. Im Ministerrat vom 06. Oktober 2021 wurde dazu entsprechendes beschlossen:

Erarbeitung einer Lebensmitteltransportabgabe

Zur Kompensation der Klima- und Umweltbelastung, die durch den Transportweg entstehen, sollen zukünftig bestimmte Lebensmittel, die im Inland konsumiert werden, einer eigenen Abgabe unterliegen. Die Höhe des Steuersatzes soll sich nach der Entfernung zwischen dem Herkunftsort und dem Ort des Konsums des Lebensmittels richten und entsprechend den „CO2-Fußabdruck“ eines Produktes erfassen. Die Einführung der Lebensmitteltransportabgabe soll geprüft werden.“

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Höhere Preise senken Konsum

Der Ansatz, durch die Bepreisung von Lebensmitteln aus entsprechend weit entfernten Weltregionen, die Wertschätzung für die Produkte aus Österreich wieder zu steigern, ist dabei natürlich CO2-technisch absolut sinnvoll. Bisher sind im Supermarkt die Klima- und Umweltbelastungen durch die Transportwege der Lebensmittel für die Konsument:innen nicht ersichtlich und spiegeln sich zumeist auch nicht im Preis und somit auch nicht im Konsumverhalten wider. Ungefähr 24 Prozent der weltweiten Emissionen sind dabei insgesamt auf die Landwirtschaft zurückzuführen.

In einer im Dezember 2020 veröffentlichten Studie deutscher Forschender hatten diese bereits berechnet, wie hoch die „lebensmittelspezifischen Folgekosten“ für Lebensmittel wären, wenn auch die Klimaschäden eingepreist würden, die diese verursachen. Dabei kamen sie teilweise auf doppelt so hohe Preise. Das würde sich entsprechend auf das Konsumverhalten auswirken.

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So vielversprechend sich dieser Ansatz zunächst anhört, so ungenau sind diese Angaben natürlich bisher auch. Zum einen ergibt sich bei dieser Ausformulierung die Frage nach der entsprechenden Überprüfung der genauen Lieferkette. So legen viele Lebensmittel eben viele tausende Kilometer zurück, zwischen der Produktion, Zwischenlagerung und dem tatsächlichen Ort des Konsums. Dieser Weg muss also entsprechend transparent und und nachvollziehbar für die entsprechende Bepreisung sein.

Hinzu kommt die Frage, welche Lebensmittel in Folge dieser Lebensmitteltransportabgabe zusätzlich versteuert werden sollen. In der Viehhaltung sind auch die Transportwege des Futtermittels für die Tiere nicht unerheblich und haben somit selber bereits einen eigenen CO2-Fußabdruck. Bei Obst und Gemüse kommt außerdem auch die Form der Landwirtschaft hinzu, soll der tatsächliche CO2-Fußabdruck eines Produktes erfasst werden. Sollte wie bisher formuliert tatsächlich nur der Transportweg zur Ermittlung von diesem herangezogen werden, ist die Art der Landwirtschaft natürlich nicht relevant.

Abgabe muss innerhalb EU gerechtfertigt werden

Der Grazer Klimaökonom und stellvertretende Institutsleiter des Wegener Centrums für Klima und Globalen Wandel Karl Steininger sieht im Gespräch mit Tech & Nature außerdem auch Herausforderungen in der Argumentation einer zusätzlichen Abgabe gegenüber der Europäischen Union. So heißt es von dieser im Bezug auf die Festlegung nationaler Steuern:

„In einigen Bereichen, insbesondere in Bezug auf die Unternehmens- und Verbraucherpolitik, beaufsichtigt die EU jedoch die nationalen Steuervorschriften, um

  • den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital im Binnenmarkt der EU zu gewährleisten,

  • sicherzustellen, dass Unternehmen eines Landes keinen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern in anderen Ländern haben,

  • auszuschließen, dass Steuern die Verbraucher, Arbeitnehmer und Unternehmen anderer EU-Länder diskriminieren.“

Spezifische Vereinbarungen bestehen bisher lediglich für die Festlegung der Mehrwertsteuern (MwSt), der Besteuerung von Energieerzeugnissen und Strom und den Verbrauchsteuern auf Tabak und Alkohol.

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„Letzte Meile“ bereits durch CO2-Preis bepreist

Eine Transportabgabe auf die sogenannte „letzte Meile“, welche somit die Transportwege innerhalb Österreichs betreffe, ist laut Steininger zum Teil ja bereits über die Einführung der CO2-Bepreisung abgedeckt. Mit der CO2-Bepreisung werden die Unternemen, welche fossile Rohstoffe in Umlauf bringen, zusätzlich zur Kasse gebeten. Diese werden die Mehrkosten höchstwahrscheinlich an die Verbraucher:innen weitergeben. Das betrifft somit in weiterer Folge auch die Logistikunternehmen, welche die Waren transportieren.

Und zu guter Letzt bleibt wie auch bei der CO2-Bepreisung die soziale Komponente eine Herausforderung. Höhere Preise auf Lebensmittel würden Menschen mit geringerem Einkommen deutlich mehr betreffen, als andere mit größerem finanziellen Spielraum. Da die Lebensmitteltransportabgabe Teil der ökosozialen Steuerreform ist, ist das somit ein nicht unbedeutender Punkt und bedarf somit entsprechender Beachtung.

Somit zeigt sich: Es sind noch viele Punkte ungeklärt für eine nationale Einführung einer Lebensmitteltransportabgabe auf bestimmte Lebensmittel. Grundsätzlich könnten höhere Preise für klimaschädliche Produkte sowohl der Klimabilanz, als auch der heimischen Landwirtschaft helfen. Doch ob sich das so umsetzen lässt, bleibt abzuwarten.

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