Mobility

Tesla Club Austria: 350 Rennfahrer, Apple-Fans und „Nachhaltigkeits-Fanatiker“

So sehen echte Tesla-Fans aus. © Stefan Debera, 404 Volt
Tesla-Flotte © Stefan Debera, 404 Volt
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Es ist nicht ganz eine Woche her, da hat ein Ereignis die Autobranche durcheinander gewirbelt: Tesla wird an der Börse nun höher bewertet als Volkswagen und hat eine Marktkapitalisierung von mehr als 100 Milliarden Dollar. Und das, obwohl Tesla bei weitem weniger Umsatz und Gewinn macht und 2019 etwa 30 Mal weniger Autos ausgeliefert hat als der deutsche Autoriese.

Wird Tesla maßlos überbewertet oder ist das erst der Beginn einer noch viel größeren Story? Was auch immer man von den wirtschaftlichen Zahlen halten mag, fest steht: Tesla hat es geschafft, immer mehr Menschen für sich zu begeistern, und das, obwohl es eine ganze Reihe von problematischen Faktoren gibt.

In Österreich haben sich rund 350 Tesla-Fans im Tesla Club Austria versammelt, um Tipps und Tricks auszutauschen oder sich zu ausgefallenen Events zu treffen (z.B. die Silent Rallye). Bernd Donner, Sprecher des Clubs, erläutert im Interview, worin die Faszination der US-Automarke liegt, warum Elon Musk derzeit so erfolgreich ist und wie Mundpropaganda zum Erfolg des Unternehmens beiträgt.

Tech & Nature: Die große Frage zuerst: Was macht für euch als Tesla-Freaks die Faszination dieses Autobauers aus?

Bernd Donner: Es ist die erste Firma, die gesagt hat: Wir wollen Elektroautos, und wir wollen sexy Elektroautos. Bei uns sind Rennfahrer, die die Beschleunigung toll finden, über Design-Liebhaber und Apple-Fans, die die Schlichtheit des Designs lieben, bis hin zu Leuten, die nachhaltiger mobil sein wollen. Diese Mischung ist es, die uns fasziniert.

Tesla ist glaubhaft. Wir waren als Club bei Tesla in Los Angeles. Dort haben wir gespürt, das der Umstieg auf nachhaltige Mobilität wirklich vom Chef Elon Musk bis hinunter zu den Mitarbeitern gelebt wird, und zwar auf eine coole Art und Weise. Das ist kein Greenwashing. Die haben gesehen: Wir brauchen schöne Autos, damit das für eine große Zahl an Leuten interessant wird. In einem nächsten Schritt brauchen wir günstigere Autos, und deswegen bauen wir die Batterien selbst. Das ist einfach eine stimmige Story. Deswegen sind viele Tesla-Fahrer Botschafter für die Marke.

Unterscheiden sich Tesla-Fahrer vom Durchschnittsautofahrer?

Es ist eine total bunte Mischung – vom Immobilienunternehmer mit fünf Teslas in der Garage über Rennsport-Affine bis hin zu Leuten, die ein Leben lang auf so ein Auto hingespart haben oder Nachhaltigkeits-Fanatiker. Das unterscheidet uns etwa von einem Porsche-Club. Und es sind Leute, die Technologie-affin sind, weil man sich umstellen muss – etwa eine Wallbox zu Hause installieren. Man braucht eine gewisse Offenheit.

Gibt es keine anderen Automarken, die solche Leute begeistern können?

Es gibt einen Club für den Renault Zoe, aber das Netz von Tesla-Clubs ist einzigartig. Es gibt mehr als 100 Clubs, die von Tesla offiziell anerkannt worden sind. Wir haben einen Vertrag mit Tesla und gewisse Vorteile dadurch. Wir wurden etwa zum globalen Club-Event eingeladen. Da ist weltweit Begeisterung dahinter mit zehntausenden Mitgliedern.

Sind diese Clubs in den vielen Ländern als Markenbotschafter ein wichtiger Erfolgsfaktor für Tesla?

Die Clubs sicher auch, aber es ist vor allem das Weiterempfehlen, die Mundpropaganda. Die Marketing-Philosophie ist einzigartig. Tesla schaltet keine Werbung, sondern versucht, das Produkt so gut zu machen wie möglich. Dazu gibt es immer wieder Empfehlungsprogramme – früher hat man eine Wallbox bekommen, wenn man zwei neue Kunden gebracht hat. Heute kriegt man Gratis Kilometer am Supercharger, wenn man neue Käufer bringt. Heute ist Tesla ein Selbstläufer, weil die Marke so große Strahlkraft hat. Tesla hat das stimmigste Gesamtkonzept mit den Autos und den Superchargern.

Die Geschwindigkeit von Tesla ist ebenfalls ein Faktor. In China haben sie für die neue Gigafactory ein Jahr vom Spatenstich bis zur Auslieferung des ersten Model 3 gebraucht. Was da für ein Speed dahinter ist, das begeistert. Auch bei den Ladestationen merkt man den Speed: Tesla ist sehr schnell auf die neuen CCS-Stecker umgestiegen, den die EU vorgegeben hat. In drei Monaten haben sie in Europa auf den neue Standard umgerüstet. Die haben dieses Startup-Denken im Hintergrund, und deswegen gibt es so viele Fans, Podcaster und Youtuber, die über das Thema berichten.

Elon Musk ist medial sehr präsent. Seid ihr zu 100 Prozent Fans, oder gibt es im Club auch Kritik an Tesla?

Wir sind schon beeindruckt von Elon Musk, aber wir sind auch kritisch gegenüber Tesla. Nicht alles ist rosig, wir finden nicht alles gut.

Zum Beispiel?

Es gibt einige Kinderkrankheiten bei den Autos. Die wichtigen Sachen – also die Batterie selbst, das Laden -, das hat Hand und Fuß. Es gibt aber Kleinigkeiten am Auto, die man verbessern kann. Das Schöne ist, dass Musk im Vergleich zu anderen erreichbar ist. Dem kann man auf Twitter schreiben, mit etwas Glück reagiert er sehr schnell mit einem Update auf ein Problem. Wir haben als Club die Möglichkeit unser Feedback an Tesla direkt weiterzuleiten und bekommen meistens auch Antwort auf das Feedback.

Wir helfen Tesla auch aus, etwa bei den Auslieferungen in Europa. Da beraten wir neue Käufer zu Themen wie Laden oder Infrastruktur in Hotels.

Wie sieht euer Vertrag mit Tesla aus?

Da geht es vor allem um Markenschutz, dass wir nicht Schindluder mit der Marke Tesla treiben und es klar ersichtlich ist, wie wir als Club auftreten und die Kunden uns von der Firma Tesla selbst unterscheiden können. Wir können dafür Events in Service-Centern von Tesla machen und bekommen Rabatte auf Merchandise. Es geht darum, die Mission gemeinsam zu tragen. Geld gibt es für die Clubs keines.

Zuletzt hat Tesla beim Börsenwert Volkswagen überholt, obwohl das Unternehmen viel weniger Autos ausliefert und viel weniger Umsatz und Gewinn macht? Ist dieser Börsenwert gerechtfertigt?

Es sind immer noch Shortseller dabei, die auf fallende Kurse wetten. Aber was Tesla macht, ist absolut disruptiv, und deswegen ist der Ausblick gut. Dazu kommen die jüngsten Erfolge – etwa, dass sie in China als erster Autobauer eigenständig ein Werk aufgebaut haben, und noch dazu in Rekordzeit. sie können diesen Riesenmarkt jetzt mit enormer Schlagkraft bearbeiten. Früher hat Musk oft Dinge angekündigt, die dann doch viel länger dauerten, das hat sich jetzt verändert.

Die Vernetzung von Tesla ist irrsinnig spannend. Tesla sind im Epizentrum der Technologie in Kalifornien daheim, dann sind sie mit dem Design-Center in Los Angeles, dem Zentrum der Popkultur, und durch den Kauf von Solar City sind sie mit einem Werk an der Ostküste vertreten. Der nächste Schritt in Deutschland mit einer Gigafactory in Berlin gehen sie direkt in das Land, wo die besten Autos gebaut werden. Es wird noch spannend, ob sie es in Deutschland ähnlich schnell schaffen wie in China – noch gibt es Proteste, weil Wald abgeholzt werden soll.

Volkswagen-Chef Diess hat kürzlich vor einem Nokia-Schicksal gewarnt, wenn VW nicht so wird wie Tesla. Wie seht ihr im Club diese Diskussion USA gegen Europa wahr?

Es ist schade, dass diese Schlagkraft bisher nicht aus einem deutschen Autohersteller gekommen ist. Ich würde ganz ehrlich auch lieber hinter einem deutschen oder österreichischen Konzern stehen, der mit ähnlicher Methodik arbeitet. Deswegen freut es mich auch, dass Tesla sich mehr als globaler Konzern sieht und nicht nur als USA.

Es hat diese Risikokultur des Silicon Valley gebraucht, dass aus Tesla das wird, was es ist. Tesla entwickelt sich so wie Harley Davidson. Das wird auch eine Kultmarke werden.

Auch das Model 3 ist ein verhältnismäßig teures Auto. Muss Tesla noch billiger werden, oder wird die Firma im Premium-Segment bleiben?

Es wird sicher günstiger werden. Auch die Preise von Model S und Model X sind schon mal über Nacht gesunken. Auch das Model 3 wird sicher günstiger werden. Tesla arbeitet daran, die Batterien billiger zu machen, forschen ständig an neuen Technologien oder kaufen andere Firmen wie Maxwell Technologies, die im Batteriebereich führend sind. Heuer wird es noch einen „Battery Day“ geben, bei dem es eine interessante Ankündigung geben wird.

In China sind bereits Zeichnungen von einem noch kleineren Auto als das Model 3 aufgetaucht, also möglicherweise ein noch günstigeres Modell kommen. Ich denke, dass Tesla das Apple der Autoindustrie sein wird. Aber wir wissen auch nicht mehr als andere, Tesla hält sich da sehr bedeckt.

Wo liegt der technologische Vorteil von Tesla gegenüber anderen Autobauern? Welche Rolle spielen da Software und Daten?

Es ist einerseits die vertikale Integration ähnlich wie bei Apple – also eigene Software und Hardware. So können sie viel früher reagieren als andere. Bei Tesla kriegt man über Nacht per Update einfach neue Funktionen. Neben der hauseigenen Batterieproduktion ist es die Flotte, die sie schon draußen haben. Sie haben irrsinnig viele Autos draußen, die ständig Daten liefern, und sie betreiben die Service-Center selbst. Diese ganzen Daten von Nutzern gehen ins Hauptquartier. Auch wir vom Club liefern die Daten, ob wir wollen oder nicht.

Tesla vermarktet einige Funktionen sehr vollmundig. Verdient der Autopilot überhaupt seinen Namen?

Da muss was getan werden, ganz sicher. Man muss unterscheiden zwischen dem Autopilot 1 und den Versionen 2 und 3. Man muss ihm Zeit geben, er wird definitiv besser. Selbst fahren kann es noch nicht, auch EU-Regulatorien müssen überwunden werden.

Wir haben da einen spannenden Vergleich: Unser Club-Präsident, Kevin Hermann, ist Pilot. Der Autopilot im Flieger ist auch nicht viel besser, da kann man auch nicht daneben schlafen. Das ist eine unterstützende Technologie. Beim Autopilot muss man trotzdem wachsam bleiben und bewusst damit umgehen.

Das autonome Fahren ist eine andere Geschichte, da gibt es noch viel zu tun. Da muss man warten, wie sich das weiterentwickelt.

Welchen großen Wunsch habt ihr an Tesla?

Gute Frage. Wir haben mal eine Umfrage zur Zufriedenheit mit Tesla gemacht. Das Thema Service ist das einzige, wo wir uns Sachen wünschen würden: Mehr Standorte und Werkstätten in den Bundesländern, weil die Kärntner und Tiroler müssen in andere Bundesländer fahren. Es gibt noch ein paar Probleme mit Teilen, die verbaut wurden, etwa der Türgriff beim Model S. Schäden am Auto müssen schneller und kostengünstiger repariert werden können. Da kann man an der Qualität noch arbeiten, da sind sie noch nicht so weit wie die deutschen Autobauer. Da gibt es noch Potenzial.

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