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Medienbranche vs. Adblocker: „Werbeblocker stehlen von Publishern und untergraben die Pressefreiheit“

Ärgern über Werbung am Handy soll sich bald niemand mehr. © Fotolia/dbunn
Ärger über Werbung am Handy. © Fotolia/dbunn
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„Sie stehlen von Publishern, untergraben die Freiheit der Presse, beruhen auf Geschäftsmodellen, die auf der Zensur von Inhalten beruhen, und zwingen Konsumenten dazu, mehr für weniger vielfältige Information zu zahlen.“ Am Montag Abend hat der CEO des Interactive Advertising Bureau (IAB) Randall Rothenberg eine Brandrede (in voller Länge hier zu lesen) gegen Werbeblocker im Internet gehalten. Der CEO, der eine 50 Mrd. US-Dollar schwere Branche (IAB-Mitglieder sind u.a. Apple, Facebook, Google oder Amazon) vertritt, schoss sich vor allem auf drei Firmen ein: auf die Eyeo GmbH aus Köln, die von dem IAB-Event wieder ausgeladen wurde, auf das isrealische Start-up Shine und den Werbeblocker-Browser Brave, der kürzlich von einem ehemaligen Mozilla-Manager präsentiert wurde.

Wer glaubt, dass das Thema Adblocking ins Jahr 2015 gehört, der irrt. Der Kampf um die Werbeblocker, die sich in Form von Browser-Plugins und Smartphone-Apps auf den Computern und mobilen Endgeräten der Internetnutzer breit machen, gelten als Bedrohung für (teilweise recht wackelige) Business-Modelle. Es sind 198 Mrd. US-Dollar, die Werber im Jahr 2016 einer Analyse von eMarketer zufolge für Reklame im Internet ausgeben werden – mehr als die Hälfte davon (101 Mrd. US-Dollar) werden dabei in Anzeigen gesteckt, die auf Smartphones und Tablets aufpoppen. Kein Wunder, dass Internetfirmen und Medienkonzerne um größtmögliche Kontrolle dieses Riesenmarktes raufen – Werbeblockern kommt dabei eine ganz spezielle Rolle zu. Denn wird Werbung auf Webseiten oder in Apps von Software blockiert, dann entstehen den Webseitenbetreibern Umsatzeinbußen – laut dem irischen, auf Anti-Werbeblocker spezialisierten Unternehmen PageFair werden sich die durch Adblocker entgangenen Einnahmen 2016 weltweit auf 41,4 Mrd. US-Dollar belaufen.

Adblock Plus bejubelt 500 Mio. Downloads

Größter Buhmann der Branche ist die Kölner Firma Eyeo GmbH, die kürzlich 500 Millionen Downloads ihres Browser-Plugins Adblock Plus feierte. Wie verhasst die Firma ist, zeigte kürzlich Folgendes: Eyeo-Mitarbeiter wollten zum IAB Annual Leadership Meeting in die USA reisen, wo sich wichtige Vertreter der Digitalwerbung ein Stelldichein gaben und Strategien diskutierten – doch dann wurden sie kurzerhand ausgeladen. Anscheinend wollte man die Eyeo-Vertreter nicht ins Gespräch mit den Online-Werbern kommen lassen. Das Geschäftsmodell von Eyeo ist schließlich kontrovers: Gegen eine Umsatzbeteiligung können sich große Unternehmen auf die Whitelist von Adblock Plus setzen lassen, ihre Werbemittel werden dann nicht mehr blockiert.

Vor allem in Deutschland läuft der Kampf gegen die Werbeblocker mittlerweile vor allem im Gerichtssaal. 2015 haben mehrere deutsche Medienunternehmen erfolglos gegen Eyeo geklagt, doch aufgeben wollen sie nicht. Nach dem Axel-Springer-Verlag, der Zeit, RTL, ProSiebenSat.1 und der Süddeutschen Zeitung, hat nun auch der Spiegel-Verlag gegen Eyeo geklagt – im Januar bzw. im April ist mit weiteren Gerichtsurteilen in der Causa zu rechnen.

Dass Konsumenten es nicht zu verdenken ist, dass sie sich Produkte wie jene von Eyeo installieren, hat der IAB Ende 2015 zugegeben: „Wir haben es vermasselt“, getsand Scott Cunningham, Senior Vice President of Technology and Ad Operations beim Interactive Advertising Bureau (IAB), ein. Digitale Werbung würde Webseiten verlangsamen, die Akkus der mobilen Geräte belasten und viele zu viele Daten laden. Mit dem „LEAN Ads“-Programm wolle man deswegen Standards für Konsumenten-freundliche Digitalreklame schaffen.

Online-Medien wehren sich mit Blocker-Blockaden

Weil die Klagen gegen Eyeo bisher erfolglos waren (die Gerichte urteilten zumeist, dass die Nutzer die Software freiwillig installieren würden), gehen Medienunternehmen nicht nur juristisch, sondern auch technisch gegen Werbeblocker vor – allen voran Axel Springer. Etwa 25 Prozent der monatlich zehn Millionen Besucher von Bild.de nutzen einen Werbeblocker. Seit einigen Monaten werden Adblocker-Nutzer auf Bild.de von den Inhalten ausgesperrt – entweder drehen sie die Software ab, oder sie zahlen einen Abo-Preis von drei Euro im Monat, um die Webseite nahezu werbefrei nutzen zu können. Die Methode hat laut Springer Erfolg, man hätte so drei Millionen vermarktbare Visits pro Monat dazu bekommen.

Medienhäuser wie Springer werden es künftig aber nicht leichter haben. Nach einer Welle an Werbeblockern für iPhones im Herbst (Apple erlaubte diese Art der Software erstmals im App Store), gibt es immer mehr findige Unternehmer, die sich dem Adblocking verschrieben haben. Bisher prominentester ist der ehemalige Mozilla-Mitgründer Brendan Eich, der kürzlich die Entwicklung des neuen Internet-Browsers Brave verkündete. Dieser soll standardmäßig Werbung als auch sämtliche Tracking-Technologien blockieren – das soll dem Nutzer ein Mehr an Privatsphäre und schneller ladende Webseiten bringen. Das anvisierte Geschäftsmodell von Brave wird nicht jedem Publisher schmecken: Der Browser soll die blockierte Werbung durch Anzeigen aus einem hauseigenen Werbenetzwerk ersetzen – mindestens 55 Prozent der daraus entstehenden Einnahmen will Brave an die Publisher auszahlen. Das soll mehr sein, als Werbenetzwerke an Publisher ausschütten, argumentiert Eich.

Die dritte Firma neben Eyeo und Brave, auf die sich das IAB einschoss, ist das israelische Start-up Shine, das von u.a. Horizon Ventures finanziert wird – der Risikokapitalarm des chinesischen Milliardärs Li Ka-shing, der nicht nur bei Facebook investierte, sondern auch den Mobilfunker Drei besitzt. Das Geschäftsmodell von Shine beruht darauf, Mobilfunkern die Möglichkeit zu geben, Werbung auf mobilen Wesbeiten zu blockieren, um ihren Kunden ein werbefreies Internet anbieten zu können. Laut IAB-Chef Rothenberg sei das „zweifellos illegal“, weil Shine damit die Regeln der Netzneutralität verletze.

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