Forschung

Wie nachhaltiger Stahl auch ohne Wasserstoff gelingen soll

Bald soll eine nachhaltige Stahlproduktion auch ohne Wasserstoff möglich sein ©Ant Rozetsky/Unsplash
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Während es in einigen Bereichen bereits Möglichkeiten gibt, die Mengen der ausgestoßenen Emissionen zu reduzieren, ist der Industriesektor ein Bereich, welcher den größten Herausforderungen gegenüber steht. Allein in Österreich machte die Eisen- und Stahlproduktion (energie- und prozessbedingte Emissionen) 2019 15,2 Prozent der nationalen Treibhausgasemissionen aus, so das österreichische Umweltbundesamt. Verantwortlich für die schlechte Klimabilanz ist vor allem der Einsatz von Kohle. Diese wird bisher benötigt, um Eisenoxid chemisch zu spalten und so Roheisen zu gewinnen. Eine Alternative dazu ist die Produktion von „grünem“ Stahl. 

Dieser feierte bereits im August diesen Jahres Weltpremiere, als der schwedische Stahlriese SSAB es den eigenen Angaben nach geschafft hat, den „grünen“ Stahl zu produzieren und an einen Testkunden auszuliefern. “Grün” machte dabei den Stahl, dass die Hersteller statt der Kokskohle, welche bisher für die erzbasierte Stahlerzeugung benötigt wurde, Grünen Wasserstoff nutzten, wir berichteten.

Forschende verwandeln Gras und Stroh zu Wasserstoff

Nachhaltiger Stahl ohne Wasserstoff

Da für die Produktion von Wasserstoff große Mengen Strom benötigt werden, suchen Forschende jedoch bereits nach weiteren Lösungen. Eine andere Variante des „grünen“ Stahls könnte nun im Rahmen des Forschungsprojekts „Siderwin“ gefunden worden sein. An diesem ist der europäische Stahlkonzern Arcelor Mittal beteiligt ist. In einer Pilotanlage in Frankreich wollen Wissenschaftler:innen das Eisenoxid direkt mit Strom spalten – ganz ohne Chemie und Wasserstoff. Dieses Verfahren, basiert auf der seit 2004 entwickelten ULCOWIN-Technologie und soll Stahl durch Elektrolyse ohne direkte CO2-Emissionen erzeugen.

Damit das gelingt, muss das Eisenoxid in einer Wasserlösung gegeben werden. Diese befindet sich zwischen zwei Metallplatten, die als Kathode und Anode fungieren. Wenn dann eine elektrische Spannung zwischen den Platten entsteht, sammeln sich Sauerstoffbläschen an der Anode und Eisenmoleküle an der Kathode. Lässt man anschließend die Sauerstoffmoleküle entweichen, bleibt das gewünschte Produkt zurück. 

Dass dieses Verfahren grundsätzlich funktioniert, bewiesen laut Siderwin bereits Labore in Norwegen und Portugal. Daraufhin konnten bereits vier Kilogramm Eisen hergestellt werden, ohne auf Kohle oder Wasserstoff zurückzugreifen. Siderwin möchte diesen technologischen Fortschritt jedoch nun mit einer neuen Anlage noch weiter ausbauen und innerhalb von zwei Tagen 100 Kilogramm klimafreundliches Eisen produzieren.

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Produktion ist effizienter und klimaneutral

Die Bedeutung von diesem Projekt verdeutlichen die Förderungen im Rahmen des „EU Horizon 2020 research and innovation programme“. Zu den Zielen der Europäischen Union gehört unter anderem die Verringerung der CO2-Emissionen, die Verbesserung der Energieeffizienz, die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien und die Effizienz der materiellen Ressourcen leisten

In diesem Zuge werden auch die Vorteile, die diese Ulcowin-Technik bringen soll, offensichtlich: Durch den direkten Weg über den Strom, ohne den Umweg der Wasserstoffherstellung, soll die Produktion effizienter werden. Außerdem soll das ganze nahezu klimaneutral ablaufen, wenn für die Spaltung Strom aus Erneuerbaren Energien verwendet wird.

Zusätzlich betonen die Projektbeteiligten, dass die neue Technologie auch darauf ausgelegt sei, die Stromversorgung anzupassen und gegebenenfalls zu unterbrechen. Sprich: Man könne genau dann maximal produzieren, wenn im Stromnetz (zu) viel Ökostrom aus Wind- und/oder Photovoltaikanlagen anfällt bzw. bei schlechten Wetterbedingungen für Erneuerbaren Energien, diese Flauten ausgleichen. Damit könnte diese Flexibilisierungsoption bis zu 80 Prozent der bestehenden Spitzenkraftwerke ersetzen, so die Hoffnung dabei. Wobei das natürlich auch dann möglich wäre, wenn der Stahl mit Grünem Wasserstoff, also produziert mit Erneuerbaren Energien, hergestellt wurde.  

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Keine baldige Kommerzialisierung der Lösung

Schon diese Tatsache lässt das Projekt in ein realistischeres Licht rücken. Denn der Einsatz von Grünem Wasserstoff hat dieser neuen Technologie gegenüber einen entscheidenden Vorteil: Sogenannte Direktreduktions-Anlagen, welche heute noch mit Erdgas betrieben werden, können dann, wenn genügend Grüner Wasserstoff zur Verfügung steht, direkt auf diesen umgerüstet werden. Somit können Stahlkonzerne bereits heute in diese Anlagen investieren und brauchen sich nicht vor Fehlinvestitionen in einer noch in der Entwicklung befindlichen Technologie fürchten. 

Auch bleibt es bei der Frage, ob diese sich schnell genug entwickelt. Mit einer Pilotanlage, welche 100 Kilogramm klimafreundlichen Stahl produziert, sind die Mengen somit noch deutlich unter dem, was die Industrie benötigt. Währenddessen wird jedoch bereits in der Praxis mit Wasserstoff getestet, sodass diese Technik sich auch stetig weiter entwickelt. 

Dennoch steht dieses Ulcowin-Technologie ganz am Anfang ihrer Entwicklung. Deshalb bleibt abzuwarten, ob aus diesem durchaus interessanten Projekt tatsächlich eine kommerzielle Lösung wird, die den Wasserstoff vielleicht sogar ersetzen kann.

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