Gesetz in Planung

Carbon Capture: Österreich soll CO2 künftig unter die Erde pumpen

Das Ziel der Climeworks-Gründer: Es bis 2050 schaffen, pro Jahr eine Gigatonne CO2 einzufangen. Dazu muss man jedes Jahr um 30 Prozent wachsen. © Climeworks
Das Ziel der Climeworks-Gründer: Es bis 2050 schaffen, pro Jahr eine Gigatonne CO2 einzufangen. Dazu muss man jedes Jahr um 30 Prozent wachsen. © Climeworks
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Es klingt nach einer logischen Idee: Man fange das böse CO2 ein (Carbon Capture) und verbanne es entweder dorthin, wo es herkam – unter die Erde (Carbon Capture & Storage, CCS) -, oder verarbeite es weiter zu neuen Produkten (Carbon Capture & Utilization, CCU). Wie bereits ausführlich berichtet, ist die Carbon-Capture-Industrie weltweit auf dem Vormarsch und wird mit Milliarden Dollar – trotz massiven Zweifeln – finanziert. Nun will auch Österreich als Nachzügler bei dem neuen Industriezweig mitmischen.

Um das Ziel der Klimaneutralität Österreichs bis 2040 „kosteneffektiv“ zu erreichen, wird in Österreich ein jährlicher Speicherbedarf von 5-10 Millionen Tonnen CO2 prognostiziert, heißt es dazu aktuell aus dem Finanzministerium. Doch ist die CO2-Speicherung in Österreich noch nicht möglich, da die geologische Speicherung von CO2 derzeit verboten ist. Um das zu ändern, wird derzeit ein entsprechendes Gesetz. Es wird auch geprüft, ob die Transportmöglichkeiten und Infrastrukturen in anderen EU-Staaten, insbesondere den Nordseeanrainerstaaten, genutzt werden können, wo die Voraussetzungen für die Speicherung oder Nutzung von CO2 günstiger sind.

Deswegen hat Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) nun die Einführung einer nationalen „Carbon Management Strategie“ angekündigt, um den Umgang mit CO2 zu regeln und Österreich als attraktiven Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort zu erhalten. Neben der Reduzierung des CO2-Ausstoßes ist es notwendig, vorhandene Potenziale zur Bindung von Treibhausgasen zu nutzen und langfristig zu sichern. Die Speicherung, Verarbeitung und Nutzung von CO2 spielt insbesondere für heimische Unternehmen eine wichtige Rolle. Brunner lädt daher Stakeholder aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zum Dialog ein, um die entsprechenden Rahmenbedingungen zu entwickeln.

„Schlüsseltechnologien für eine ökologische Transformation“

Die österreichische Bundesregierung investiert bis 2026 insgesamt 5 Milliarden Euro in die ökologische Transformation der Wirtschaft. Die Speicherung und Verarbeitung von CO2, insbesondere in der energieintensiven Industrie, spielt dabei eine strategisch zentrale Rolle. Diese Methoden, bekannt als Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU), werden als Schlüsseltechnologien für eine ökologische Transformation der Wirtschaft angesehen.

Am 13. September findet im Finanzministerium eine Expertenrunde statt, an der hochkarätige Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und NGOs teilnehmen. Diskutiert werden unter anderem technische und biologische Speicher sowie Infrastrukturpläne für den Transport von CO2. Geladen sind Unternehme:innen, Vertreter:innen der Bundesländer und der Parteien im Nationalrat, die Sozialpartner, die Non-Government-Organisationen Greenpeace, WWF, Global 2000 und FFF, Vertreter/innen der BOKU Wien, TU Wien, Montan Uni Leoben, Uni Linz und des Wegener Center, Vertreter/innen des Klimaschutzministeriums, des Arbeits-und Wirtschaftsministeriums, des Bundeskanzleramtes sowie des Umweltbundesamts.

Im Klimaschutzministerium von Leonore Gewessler (Grüne) ist man kein großer Fan von CO2-Abscheidung. „Klimaschädliches CO₂ ohne genaues Wissen über die Auswirkungen in unsere Böden zu pumpen, ohne bereits alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, verlagert nur das Problem und hilft uns beim Erreichen unserer Klimaziele nicht“, hieß es da schon mal zu den Plänen der ÖVP.

Nordsee wird zum riesigen Endlager für Europas CO2

Viele Vorbehalte gegen die Technologie

Carbon Capture wird etwa in der Nordsee wie berichtet im großen Stil betrieben – unter dem Meeresboden soll ein riesiges CO2-Endlager für Europa entstehen, wo hunderte Millionen Tonnen in ehemaligen Gaslagern gespeichert werden sollen. Für Großunternehmen kann sich das zu einem großen Geschäft entwickeln, immerhin werden pro Tonne CO2 mit Kosten von 70 bis 250 Euro pro Tonne gerechnet. Wer CO2 auf diese Art und Weise loswerden will, muss ordentlich in die Tasche greifen. In Deutschland und auch Österreich ist die CO2-Abscheidung im Boden noch verboten, neue Gesetze sollen das ändern.

Doch gegen die Technologie bzw. das Verfahren gibt es große Vorbehalte. Greenpeace etwa warnt vor Risiken für Umwelt, Tiere und Menschen. „Durch den hohen Druck bei der CO2-Verpressung könnte im Umkreis von bis zu 100 Kilometern stark salzhaltiges Wasser aus den Hohlräumen der Lagerstätten verdrängt werden und das Grundwasser verunreinigen“, heißt es in einem Bericht der Umweltschützer:innen zu den Speicherplänen Deutschlands unter der Nordsee. „Das zweite Risiko sind mögliche undichte Stellen im Endlager. Wenn das CO2 an die Oberfläche wandert und hochkonzentriert austritt, könnte es Menschen und Tiere gefährden und die Umwelt verseuchen. Bei Leckagen unter dem Meer würde das Kohlendioxid lokal den ph-Wert des Meerwassers verändern: Es würde saurer, was vielen Meereslebewesen schadet.“

Einer Studie der Unternehmensberatungs-Gesellschaft McKinsey von 2008 zufolge bräuchte es in Europa eine rund zehn Milliarden schwere Anschubfinanzierung Staatsmitteln. Gegen Carbon Capture gibt es mittlerweile viele weitere Vorbehalte – unter anderem fehlt noch ein Beweis, dass die Technologie in großem Maßstab funktioniert. Auch könnte sie dazu führen, dass die Industrie an ihrer heutigen Produktion festhält und CCS als Mittel zur Kompensation nimmt, aber selbst keine CO2-senkenden Maßnahmen umsetzt. Klar ist auch, dass vor allem die Fossilindustrie Carbon Capture vorantreibt und sich dabei künftige Umsatzmilliarden ausrechnet. Auch die österreichische OMV will ins Carbon-Capture-Geschäft einsteigen.

COP27: Carbon Capture wird zum Feigenblatt der Fossilindustrie

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