Hintergrund

Treibstoff für Porsche-Fahrer:innen: eFuels kosten heute fast 10 Euro pro Liter

EFUELS-ANLAGE VON PORSCHE IN PUNTAS ARENAS, CHILE.© Porsche
EFUELS-ANLAGE VON PORSCHE IN PUNTAS ARENAS, CHILE.© Porsche

FDP in Deutschland und ÖVP in Österreich jubeln. Obwohl das EU-Parlament und die 27 Mitgliedsstaaten-Staaten eigentlich im Oktober 2022 den Verkauf von Autos mit Verbrennermotoren ab 2035 beschlossen hat, ist nun doch alles anders. Das Autoland Deutschland (Anteil der Autoindustrie am BIP: ca. 4,7%) und Anhängsel Österreich (ca. 6,7%) haben gemeinsam durchgeboxt, dass auch nach 2035 Autos mit Verbrennermotoren verkauft werden dürfen, solange sie nur mit E-Fuels betankt werden können. Man wolle „Technologie-offen“ bleiben und nicht alles auf die Karte E-Auto setzen.

Das wird den Luxusautohersteller Porsche sicher freuen. Der lobbyierte schon bisher heftig beim deutschen Finanzminister Christian Lindner (FDP; Trending Topics berichtete) für eine solche Regelung. Denn Porsche ist, gemeinsam mit Siemens und den Öl- bzw. Gaskonzernen ExxonMobil (USA), ENAP (Chile), Enel (Italien) und Empresas Gasco (Chile), der einzige Autohersteller, der an den E-Fuels arbeitet. Vereinfacht gesagt werden diese aus CO2 und Wasserstoff unter Einsatz von viel Strom produziert.

Porsche macht das an einem der entlegensten Orten der Welt, nämlich in Puentas Arenas in Chile am südlichsten Zipfel des südamerikanischen Kontinents. Dort bläst der Wind nämlich ordentlich, um das Windrad vor Ort zu drehen, dass die Energie für die Herstellung des synthetischen Kraftstoffs liefert. Das „Haru Oni“-Projekt schafft heute nur homöopathische Mengen an E-Fuels, nämlich etwa 130.000 Liter pro Jahr. Das ist noch etwas weniger als die 15 Milliarden Liter Sprit, die die Menschheit heute pro Tag verbraucht. 2027 will Porsche bereits 550 Millionen Liter E-Fuels pro Jahr herstellen, das wären dann bereits 0,01 Prozent des weltweiten Bedarfs an Sprit.

Für die Chemiker:innen unter euch: Synthetische Kraftstoffe werden so gemacht. Aus H2 und CO2 wird per Methanol-Synthese eMethanol (CH3OH) erzeugt und daraus wiederum per MtG-Synthese synthetisches Roh-Benzin, verrät Porsche. Das H2 wird dem Wasser per Elektrolyse entlockt, und das CO2 wird (im Idealfall) per Direct Air Capture (DAC) aus der Luft gesaugt. Dann braucht man viel Energie für die Synthese-Prozesse, und dafür dreht sich das Windrad. Leider gibt es die DAC-Anlage am Porsche-Standort in Puntas Arenas noch noch – die riesigen Anlagen, wie man sie von Climeworks kennt, müsste man auf den Bildern deutlich erkennen können. Stattdessen heißt es derzeit, dass das CO2 „recycelt“ worden sei, wahrscheinlich aus irgendwelchen Industrieabgasen. Klimaneutral ist das also nicht.

Porsche startet mit Produktion von kontroversen eFuels

Produktion an einem der entlegensten Orte der Welt

Nun sind die Auto-Fanatiker von Donut Media kürzlich mit einem Porsche nach Puntas Arenas gefahren, um mal auszuprobieren, ob der synthetische Sprit in einem Sportwagen auf funktioniert. Conclusio: Er funktioniert. Dort haben sie aber auch erfahren, wie viel der eFuel derzeit kostet. Es sind stolze 40 Dollar per Gallon, also umgerechnet 9,80 Euro pro Liter. Um auch nur in die Nähe heutiger Preise von Diesel oder Benzin zu kommen, müsste der Preis von E-Fuels also um mehr als 80 Prozent fallen. Aber kann er das auch?

Es gibt sicher einen großen Hebel: Je mehr Porsche und die Ölkonzerne produzieren, umso günstiger können E-Fuels werden. Dennoch bleibt die Limitierung auf die Orte, an denen synthetische Kraftstoffe sinnvoll hergestellt werden können. Der Standort in Chile ist nicht zufällig gewählt, sondern wegen den besonderen Windverhältnissen. Laut Porsche würde am Standort der Pilotanlage in Chile ein Windrad durchschnittlich 270 Tage im Jahr mit Volllast laufen. „In Deutschland sind es mit denselben Investitionen aufgrund der geografischen und meteorologischen Gegebenheiten hingegen nur rund 80 Tage im Jahr. Der Nutzungsgrad der Windanlage in Chile liegt mit 74 Prozent Volllaststunden also rund dreieinhalb Mal höher als in Deutschland mit 22 Prozent Volllaststunden aller Onshore-Windräder.“

Und damit wird man bei E-Fuels immer einkalkulieren müssen: Entweder schafft man große Mengen an gespeicherter Energie (z.B. Wasserstoff) zu einer Produktionsanlage, um dann die Elektrolyse und die Synthese zu machen, oder man produziert die E-Fuels in windigen und sonnenreichen Gegenden, und verschifft sie dann von dort nach Europa und Co. Wie auch immer, in beiden Fällen müssen riesige Tanker über die Weltmeere fahren, um Atome von A nach B zu bringen. Und solange diese Tanker mit Diesel fahren, werden sich E-Fuels in der CO2-Bilanz nicht rechnen.

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