Interview

evoyo: „Eigenproduzierter Solarstrom ist auch ein Friedenstreiber“

Thomas Nusskern, Geschäftsführer von evoyo in Deutschland. © evoyo
Thomas Nusskern, Geschäftsführer von evoyo in Deutschland. © evoyo
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PV-Anlage, Wärmepumpe, E-Auto – und hoffentlich möglichst wenig Dunkelflaute: Immer mehr Hausbesitzer:innen träumen von einem energieautarken Leben mit Hilfe Erneuerbarer Energien. Das Startup evoyo (vormals econic) aus den Niederlanden hilft Menschen mit seinen e-homes, in diese Richtung zu gehen, und gilt als einer der Vorreiter der Branche. Im Interview spricht Thomas Nusskern, Geschäftsführer von evoyo in Deutschland, über den zu erwartenden Wärmepumpen-Boom, Energie-Autarkie zu Hause, und die Vernetzung des Eigenheims.

Trending Topics: evoyo startete 2017 in den Niederlanden durch die Gründer Joris, Frits und Jan Willem. Da war das Thema PV und Wärmepumpe noch nicht so präsent und drängend. Was haben die Gründer damals gesehen, was erst viele Menschen 2022 sahen?

Thomas Nusskern: Gas war in den Niederlanden lange Zeit der wichtigste fossile Energieträger. Als die Regierung den Gas-Ausstieg beschloss, war das die Geburtsstunde des e-homes. Der Begriff basiert auf der Logik von E-Bike, E-Mail, E-Auto…

evoyo war noch lange vor anderen Anbietern Vorreiter in der Vernetzung von Photovoltaik und Wärmepumpen. Durch die Vernetzung macht man sich langfristig unabhängig von Energielieferanten und fossilen Energieträgern. Energieunabhängigkeit und Klimaschutz waren 2017 wichtige Themen und sind es heute umso mehr. Deshalb beschleunigen wir mit evoyo die Energiewende.

evoyo steht für das vollelektrische Haus mittels PV-Anlage, Wärmepumpe und Ladestation für das E-Auto. Was muss eine Familie an Geld in die Hand nehmen, um sich das realisieren zu können?

Erneuerbare Energien wie Photovoltaik und Wärmepumpen erfordern eine Investition, sind aber im Betrieb wesentlich günstiger als beispielsweise Öl- und Gasheizungen, die allein durch die Erhöhung der CO2-Preise in den nächsten Jahren immer teurer werden. Es macht also keinen Sinn, die Kosten einer Wärmepumpe und einer Öl- oder Gasheizung gegenüberzustellen. Die Bundesregierung fördert den Ausbau der erneuerbaren Energien z.B. durch den Wegfall der Mehrwertsteuer in Deutschland auf Photovoltaik-Anlagen oder die Förderung von Wärmepumpen mit bis zu 40 % der Gesamtkosten.

Photovoltaik-Anlagen gibt es schon ab 9.900 Euro, für eine Wärmepumpe inkl. einiger Umbauten an der Heizungsanlage sollte man ein Budget von ca. 20.000 Euro mitbringen. Wer jetzt in Photovoltaik oder Wärmepumpe investiert, erhält eine zukunftssichere Technologie und spart langfristig Geld, weil die jährlichen Energiekosten sinken und durch die Eigenerzeugung viel planbarer werden. Wir bieten die Produkte auch einzeln an. So können Kunden ihr Haus Schritt für Schritt zum e-home umrüsten.

Vielen Menschen schwebt in Folge von Klimakrise und Ukrainekrieg vor, zu Hause energieautark nur mehr mit 100% Sonnenstrom leben zu können. Ist das in der Masse realistisch?

Bis zu 80 % des jährlich benötigten Haushaltsstroms können tatsächlich durch Photovoltaik und einem Batteriespeicher direkt zu Hause produziert werden. evoyo-Kunden kommen also schon sehr nah an die Energieunabhängigkeit ran und sparen dabei auch sofort Geld. Für die verbleibenden 20 % Strombedarf gibt es wirtschaftlich günstigere Wege, als die Produktion und Speicherung zu Hause. Dieser Zukauf von Strom ist vor allem in den dunklen Wintermonaten notwendig und da ist beispielsweise Strom aus Windparks eine gute und günstige Alternative.

Nimmt man also alle verfügbaren erneuerbaren Energiequellen hinzu, ist in Kombination mit einer Wärmepumpe für die Gesamtheit der Haushalte in Deutschland jedenfalls 100% klimaneutrale Energie machbar und das mit heute verfügbarer Technik. So werden wir als Gesellschaft insgesamt auch unabhängiger von fossilen Brennstoffen und bieten Energielieferanten, die ihre Rohstoffe in geopolitischen Konflikten als Munition einsetzen, weniger Angriffsfläche. Neben dem Klima-Aspekt ist Erneuerbare Energie, wie eigenproduzierter Solarstrom, also auch ein Friedenstreiber.

Wer PV-Anlagen und Wärmepumpen kauft, kauft auch verarbeitete Rohstoffe, Logistik usw. – sprich einen CO2-Rucksack. Kann man sagen, wann man diesen durch die Nutzung des Solarstroms kompensiert hat?

So pauschal lässt sich die Frage schwer beantworten, weil sie von vielen Faktoren wie der Größe und Leistung der PV-Anlage und Wärmepumpe, vom Energieverbrauch etc. abhängig ist. Je effizienter die Anlagen sind, je langlebiger die Komponenten und je besser die Montagequalität ist, desto höher ist die CO2 Reduktion über den Lebenszyklus. Das Heizen mit fossilen Brennstoffen ist der Hauptverursacher für die CO2-Emissionen, wohingegen das Heizen mit der Wärmepumpe klimaneutral und CO2-arm ist. Trotz CO2-Rucksacks lohnt sich der Umstieg also definitiv.

Wärmepumpen und PV-Anlagen können Jahrzehnte laufen – was aber, wenn sie ausgedient haben? Werden sie entsorgt, entsteht dadurch Elektromüll?

Gemäß der Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte müssen Hersteller ausrangierte Geräte zurücknehmen und ordnungsgemäß entsorgen, um Umweltauswirkungen zu minimieren und die Wiederverwertung und das Recycling zu fördern. Die Richtlinie besagt auch, dass die Produkte so konzipiert und hergestellt werden, dass sie nach Ablauf leicht recycelt werden können. evoyo achtet bei der Auswahl von Lieferanten explizit auf Einhaltung dieser Vorgaben und Rücknahmeangebote von Herstellern.

Inflation Reduction Act sorgt für Solar-Boom in den USA

Wie abhängig sind Betriebe wie evoyo von chinesischen Lieferanten? Oder kann man mittlerweile auf europäische oder US-Anbieter ausweichen – mit welchen Nachteilen beim Preis?

Bei der Steuerungselektronik, also bei Wechselrichtern für Solaranlagen und bei Energiemanagement-Systemen, vertreten wir bei evoyo die Auffassung, dass man ausschließlich Premium-Marken aus Europa einsetzen sollte. Angesichts von mehr Langlebigkeit und viel besserer Datensicherheit ist eine Mehrinvestition von bis zu 3.000 Euro hier gerechtfertigt. Energieerzeugung ist kritische Infrastruktur. Das sollte seit dem Krieg in der Ukraine allen deutlich sein.

Die übrigen Produkte sollten sehr differenziert betrachtet werden. Wir haben Solarmodule und Wärmepumpen in unserem Portfolio, die “Made in Germany” sind und es ist natürlich wünschenswert, wenn die Solarproduktion in Deutschland wieder zunimmt. Bei Solarmodulen ist es in erster Linie eine Frage der Zahlungsbereitschaft, für was man sich entscheidet. In punkto Produktqualität bieten chinesische Solarmodulhersteller einfach ein unschlagbares Preis-Leistungsverhältnis. Das kommt durch das hohe Produktionsvolumen und den hohen Automatisierungsgrad zustande. So passieren weniger Fehler und das ist letztendlich entscheidend für die Produktqualität. Man kann hier also durchaus mehrere Tausend Euro sparen, ohne Qualität einzubüßen.

evoyo ist derzeit in Deutschland und den Niederlanden. Wie sieht es mit anderen Märkten aus? Planen Sie den Start in Österreich?

Nein, wir fokussieren uns auf Deutschland, um die Energiewende hier zu beschleunigen und Eigenheimbesitzern den Umstieg auf klimafreundliche Technologie so einfach wie möglich zu machen. Es gibt hier so viel zu tun. Das wird die nächsten Jahre nicht langweilig.

Es gibt derzeit ein gutes Zeitfenster, um PV und Wärmepumpen zu vertreiben. Wie lange ist dieses offen, wird der Markt schnell übersättigt?

Die Nachfrage ist durch den Ukraine-Krieg im letzten Jahr rasant gestiegen. Inzwischen hat sie sich wieder auf einem normalen Niveau eingependelt. Wir rechnen mit einem Wärmepumpen-Boom, sobald das Wirrwarr rund um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ein Ende hat. In Deutschland gibt es rund 16 Millionen Einfamilienhäuser, also genügend Bedarf an nachhaltiger Energietechnologie. Langfristig werden Kunden entscheiden, welche Anbieter überleben und welche nicht. Kundennähe, Authentizität und Installationsqualität sind entscheidend. Es kommt dem Kunden nicht darauf an, wer am lautesten schreit.

Jetzt steigt auch Enpal ins Wärmepumpen-Business ein

Philipp Schröder von 1Komma5° sagte zu uns im Interview, dass es nicht reicht, eine Solar-only-Firma zu sein, um langfristig Erfolg zu haben. Wie schätzen Sie das Thema Smart Home, Vernetzung, Energiemanagement ein? Ist das der eigentliche Schlüssel, um lange im Geschäft zu bleiben und nicht einmalig Hardware zu verkaufen?

Für Eigenheimbesitzer macht es tatsächlich viel mehr Sinn, sich an einen Anbieter zu wenden, der Energiethemen Zuhause ganzheitlich denkt, plant und umsetzt. evoyo ist ein solcher Anbieter. Egal, ob man gleich im ersten Schritt alle Lebensbereiche elektrifizieren möchte oder ob man einfach mal mit einer Photovoltaikanlage startet. Klar ist, innerhalb der nächsten Jahre werden für die meisten Hausbesitzer ein Elektroauto und eine Wärmepumpe folgen. Am Ende sollten alle diese Bausteine aufeinander abgestimmt sein und sich über ein Energiemanagement-System untereinander optimieren. Das senkt den Verbrauch und die Kosten und macht den meisten Hausbesitzern beim Blick auf ihre Energie-App am Ende auch richtig Spaß. Das Gefühl, endlich der eigene Herr über seine Energie zu sein, ist einfach unschlagbar.

Langfristig bieten Energiemanagement-Systeme, wie in einem evoyo e-home, eine spannende Basis für neue Angebote. In Kombination mit dynamischen Stromtarifen können Kunden beispielsweise schon bald von den Schwankungen der Marktpreise profitieren.

Der Fachkräftemangel ist omnipräsent. Wie geht evoyo mit dem Thema um, wie finden Sie genug Leute, die PV und Wärmepumpen auch installieren können?

Wir sind Gründungsmitglied der Brancheninitiative “Ohne Hände keine Wende”, die dem Fachkräftemangel bei erneuerbaren Energien entgegenwirkt. Wir selbst stellen auch Quereinsteiger ein und schulen sie für die einzelnen Gewerke. Auch für gelernte Fachkräfte bieten wir Schulungen an, um sie fit für unsere Kombination aus Photovoltaik und Wärmepumpen zu machen. Wir haben die Kompetenz im Haus, sind Meisterbetrieb und arbeiten zusätzlich mit Partnerfirmen zusammen.

Wie geht evoyo mit Mitbewerbern wie Enpal, 1Komma5 oder neoom um, die am Markt sehr laut sind und hunderte Millionen Euro an Risikokapital bekommen haben? Läuft man Gefahr, als kleiner Anbieter daneben unterzugehen?

Als Vorreiter der ganzheitlichen Wärme- und Stromtechnologie haben wir seit 2017 über 10.000 Kunden zum klimafreundlichen Wohnen begleitet. Andere Anbieter nehmen Wärmepumpen oder Photovoltaik-Anlagen erst nach und nach in ihr Portfolio auf. Das machen sie teilweise sehr laut und vielleicht auch, ohne auf die Vernetzung der Technologien spezialisiert zu sein. Bei uns sehen Kunden durch reale Kundenreferenzen, was wir leisten. Wir haben keine Angst unterzugehen, weil wir uns nicht mit den genannten Unternehmen vergleichen.

Ertappt: Gekaufte Negativ-Schlagzeilen gegen Wärmepumpen

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