Hintergrund

Ein ratloser Rat: 140 Millionen Euro für Österreichs Innovations-Zukunft liegen auf Eis

In search of money. © Canva Magic Studio
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Es sind satte 140 Millionen Euro, die jährlich bis 2025 über den Fonds Zukunft Österreich bereitgestellt werden sollen, um den Innovationsstandort von Mikrochips über Künstliche Intelligenz bis Startups zu stärken. Es sind 140 Millionen Euro, die von wichtigen Förderstellen des Landes wie der FFG oder der aws stets begrüßt werden. Und es sind 140 Millionen Euro, bei denen nun fraglich geworden ist, ob sie 2024 auch fließen können. Denn ein entscheidendes Detail fehlt für nächstes Jahr: Ein Rat, dessen Empfehlung für die Ausschüttung dieser Gelder gebraucht wird, den gibt es bisher nicht.

Denn wie Trending Topics in Erfahrung gebracht hat, steht der wichtige Rat für Forschung, Wissenschaft, Innovation und Technologieentwicklung, kurz FWIT, still. Wobei, was heißt still stehen – es gibt ihn schlichtweg nicht. Denn die Bundesregierung hat es trotz gesetzlicher Deadline bis heute nicht geschafft, die Ratsmitglieder zu bestimmen. Keine Ratsmitglieder, keine Ratsversammlung, keine Empfehlung für die Nationalstiftung – und letztlich auch kein Fonds Zukunft Österreich für 2024. Aber der Reihe nach.

Zur Vorgeschichte: Am 1. Juli 2023 wurden der Rat für Forschung und Technologieentwicklung und der Österreichische Wissenschaftsrat entsprechend dem neuen FWIT-Rat-Errichtungsgesetz (FREG) aufgelöst und im neu errichteten FWIT-Rat zusammengelegt. Doch dieser neue Rat, der die Bundesregierung zur Steigerung der Innovationskraft und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Österreichs beratend unterstützen soll und laut Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) „den österreichischen Forschungs- und Wissenschaftsstandort langfristig abzusichern sowie das Vertrauen in Forschung und Wissenschaft nachhaltig zu stärken“ soll, konnte bisher nie seine Arbeit aufnehmen.

Denn eigentlich hätten die FWIT-Ratsmitglieder laut geltendem Gesetz längst bis Ende April 2023 bestellt werden müssen, also vor mehr als sieben Monaten. Passiert ist das bisher nicht, weswegen der FWIT-Rat bisher auch keine Versammlung abhalten hätte können, um Beschlüsse zu machen oder Empfehlungen für die Bundesregierung aussprechen zu können.

Hier der entsprechende Gesetzesparagraph aus dem FWIT‑Rat-Gesetz dazu:

§ 18. (1) Die Bestellung der Mitglieder der Ratsversammlung gemäß § 4 Abs. 1 hat bis längstens 30. April 2023 und die Konstituierung der Ratsversammlung gemäß § 4 Abs. 2 bis längstens drei Wochen nach der Bestellung des letzten Mitglieds zu erfolgen.

Kolportiert wird, dass der österreichische Genetiker Markus Hengstschläger, der bereits bis 2020 unter dem Vorsitz von Hannes Androsch stellvertretender Vorsitzender des Rats für Forschung und Technologieentwicklung (FTE-Rat, also der Vorgänger des aktuellen FWIT‑Rats) war, den Ratsvorsitz hätte bekommen sollen. Allerdings sollen sich Bundeskanzler und Vizekanzler, die den Ratsvorsitz im Einvernehmen bestimmen können, nicht auf einen Kandidaten einigen können. Übrigens wurde auch bis 30. September 2023, wie es das Gesetz eigentlich vorsieht, keine neue Geschäftsführerin bzw. kein neuer Geschäftsführer bestellt.

Zum Hintergrund: Die Ratsversammlung des FWIT-Rats soll eigentlich aus zwölf Mitgliedern bestehen, diese werden jeweils auf vier Jahre bestellt. Ein Mitglied schlägt der Bundeskanzler in Abstimmung mit dem Vizekanzler vor, dieses übernimmt den Vorsitz des Rats. Sechs Mitglieder werden vom Bildungsministerium vorgeschlagen, vier vom Umweltministerium und eines vom Wirtschaftsministerium. Da sist aber bisher nicht passiert.

140 Mio. Euro: Fonds Zukunft Österreich braucht Empfehlung des Rates

Warum ist der fehlende FWIT-Rat nun ein Problem? Konkret geht es um 140 Millionen Euro, die die österreichische Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung jedes Jahr über den „Fonds Zukunft Österreich“ vergibt. Doch damit das passieren kann, braucht die Nationalstiftung eine Empfehlung des FWIT-Rats, und den gibt es ja schlichtweg nicht.

So heißt es dazu konkret seitens der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung:

„Die Vergabe der Mittel erfolgt unter Berücksichtigung einer mittelfristigen österreichischen Strategie für den Bereich Forschung und Technologieentwicklung durch den Stiftungsrat. Grundlage für die Beschlüsse des Stiftungsrates ist eine Empfehlung des Rates für Forschung- und Technologieentwicklung, die den strategischen Hintergrund für die Entscheidungen liefert.“

Bisher wurden über den Fonds Zukunft Österreich im Jahr 2022 145,96 Millionen Euro und im Jahr 2023 140 Millionen Euro vergeben. 2023 gingen von den 140 Millionen  44 Mio. an die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), 39 Mio. an den Wissenschaftsfonds, 12,3 Mio. an die Österreichische Akademie der Wissenschaften, 11 Mio. an die Ludwig Boltzmann Gesellschaft, 14 Mio. an die Christian Doppler Forschungsgesellschaft und 19,7 Mio. an die Austria Wirtschaftsservice. Diese wiederum können mit diesen Geldern etwa klinische Forschung, Künstliche Intelligenz, Forschung im Halbleiterbereich, Grundlagenforschung, Startups und disruptive Innovationen fördern. Generelles Ziel ist, mit den Fördermitteln Österreich „zum internationalen Spitzenfeld aufschließen“ zu lassen und den „FTI-Standort Österreich zu stärken“.

Nun aber ist mehr als fraglich, ob 2024 wieder 140 Millionen Euro vergeben werden können. Den FWIT-Rat gibt es als unabhängige Stelle auch deswegen, um die Fördermillionen fair zu verteilen, weil mehr angefragt wird, als im Topf liegen – die Empfehlung des Rats ist wichtig, um eine faire Verteilung zu gewährleisten.

„Der FWIT-Rat ist eine neutrale, interessensunabhängige Einrichtung und hat die Aufgabe die Bundesregierung bei der Weiterentwicklung der FTI-Strategie zu beraten. Es ist völlig absurd und international peinlich, dass die beiden Regierungsparteien es nicht schaffen, sich auf geeignete Fachleute zu einigen. Das Ziel bis 2030 in die Gruppe der Innovation Leader aufzusteigen, wird so sicher nicht erreicht werden können, wenn Österreich schon bei den Basics stolpert“, sagt Martina Künsberg Sarre, Nationalratsabgeordnete und Sprecherin für Bildung und Wissenschaft bei der Oppositionspartei Neos, zur Causa. Sie hat in der Causa auch bereits eine parlamentarische Anfrage an den Forschungsminister Polaschek gestellt. Und weiter: „Es braucht rasch eine handlungsfähige Ratsversammlung, damit u.a. auch sichergestellt werden kann, dass die Mittel des Fonds Zukunft Österreich 2024 ausgeschüttet werden.“

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