Google: “WhatsApp oder Instagram auf Android sind wesentliche Konkurrenten für uns”
So viele Firmennamen von Konkurrenten hat ein Google-Manager noch selten innerhalb von 20 Minuten Bühnenzeit in den Mund genommen. Auf der Münchner DLD-Konferenz sollte Philipp Schindler, als Chief Business Manager die Nummer 2 in dem Internetkonzern hinter CEO Sundar Pichai, eigentlich darüber sprechen, was für Google als Nächstes ansteht, landete dann aber doch schnell in der Gegenwart. Vor dem Hintergrund des Verfahrens der EU gegen Google wegen möglichen Wettbewerbsverstößen bei Suchergebnissen legte Schindler (gebürtiger Deutscher und laut Eigendefinition „Europäer im Herzen“) sehr viel Wert darauf, zu betonen, dass Google kein Monopolist ist, sondern sich immer größeren Druck durch Konkurrenten ausgesetzt sieht.
“Die Konkurrenz zwischen Technologieplattformen ist so intensiv wie nie zuvor”, so Schindler, und zwar auch im eigenen Revier. “WhatsApp oder Instagram auf Android sind wesentliche Konkurrenten für uns.” Auch die „Apples, Facebooks und WeChats dieser Welt“ würden Google unter Druck setzen und dort, wo Google auf Open Source setzt, eine vertikale Integration von Diensten anstreben – ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung EU-Kommission, sich doch auch mal diese Firmen in punkto Wettbewerbsverzerrungen anzusehen. Bei der Produktsuche, die im Zentrum der EU-Untersuchungen stehen, sei man auch nicht allein. “Wenn die Nutzer die Produktsuche auf Amazon starten, dann werden sie nicht nachher zu uns kommen. Amazon ist insofern natürlich ein großer Rivale für uns”, so Schindler.
“Können Innovation nicht wegen Privatsphäre stoppen”
Natürlich verstehe er das Pochen der Europäer auf Datenschutz sehr gut, aber „wir können Innovation nicht einfach wegen Privatsphäre-Ängsten stoppen”, so Schindler weiter. Der bessere Weg wäre, den Nutzern immer die Option zu geben, eine Funktion nicht nutzen zu müssen oder Daten löschen zu können – ansonsten würde man ihnen nützliche, innovative Features vorenthalten müssen. “Google Photos kann Dinge, die wirklich magisch sind”, so Schindler. Dank Machine Learning könne Google von Nutzern in die Gratis-Cloud hochgeladene Fotos bereits sehr genau analysieren (die Software erkennt etwa, dass sich zwei Personen auf einem Schnappschuss umarmen) und so etwa beim Sortieren und Wiederfinden helfen.
Die zweite große Baustelle neben dem Wettbewerbsrecht ist das Ringen von Google mit europäischen (und besonders intensiv mit deutschen) Medienunternehmen beim Urheberrecht (Stichwort Leistungsschutzrecht). Hier positionierte Schindler Google (in der ersten Reihe seiner Hörerschaft saß sein Gastgeber, der deutsche Medienmogul Hubert Burda) als freundlichen Partner der Verlage, der etwa mit dem neuen Produkt „Accelerated Mobile Pages“ (AMP) helfe, Artikel auf Smartphones schneller laden zu lassen. “Wir nehmen die Sorgen der Publisher sehr ernst und wollen mit ihnen auf der ganzen Welt zusammenarbeiten“, so Schindler.
Google auch nach Alphabet innovativ
Zur geschäftlichen Zukunft von Google hatte Schindler schließlich auch einige Worte über. “Es passiert immer noch sehr viel Innovation bei Google, etwa wenn es um Maschinenlernen geht”, sagte er in Bezug auf die Gründung der Holding Alphabet Inc. im Sommer 2015, der Google seither neben anderen Tochterunternehmen untergeordnet ist. “Alphabet haben wir kreiert, weil Larry und Sergey so viele Ideen haben, um die Welt zu ändern, und die neue Struktur es erlaubt, diese Ideen zu verfolgen.” Gemeint sind da nicht nur die Moonshot-Projekte wie selbstfahrende Autos oder fliegende Internet-Ballons, sondern auch die Erforschung von lebensverlängernder Medizin. Google, wo die Kern-Dienste im Internetbereich (v.a. YouTube) versammelt sind, sei deswegen nicht weniger wichtig als zuvor. Schindler: “Das große Business ist nach wie vor Google und wird das auch die nächste Zeit bleiben.”