Forschungsprojekt

MortAlive: Künstliche Schneedecke soll schmelzende Gletscher bewahren

Der Gletscher Morteratsch © UNSPLASH/ Mats Speicher
Der Gletscher Morteratsch © UNSPLASH/ Mats Speicher
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Die Gletscher der Erde sind einige der größten Süßwasserreserven. Durch steigende Temperaturen schmelzen allerdings diese Eisfelder und weltweit werden die Gletscher immer weniger. Ein Schweizer und ein niederländischer Glaziologe wollen das nun ändern. Mit dem Projekt „MortAlive“ arbeiten Felix Kelle und Johannes Oerlemans an einer Beschneiungsanlage, welche Eisflächen des Gletschers Morteratsch ganzjährig bedecken soll und so weiteres Abschmelzen verlangsamt. Für die künstliche Schneedecke wird das im Sommer anfallende Schmelzwasser des Gletschers aufgefangen und recycelt. Mit der Technologie sollen zukünftig auch drohende Trinkwasserengpässe im Himalaya und den Anden verhindert werden.

 10 Prozent des Gletschers künstlich beschneien

Seit 2015 arbeitet der Schweizer Glaziologe Felix Keller und der niederländische Glaziologe Johannes Oerlemans an der Frage, wie sich eine ganzjährige künstliche Schneedecke auf den Gletscher Morteratsch im Kanton Graubünden auswirken würde. Der Frage voraus geht die weltweit längste Energiebilanz-Messreihe der Gletscherzunge, die von dem Niederländer seit 1995 gemessen wird und Längenmessungen der Gletscherzunge seit 1878. Die Berechnungen der beiden Forscher ergaben, dass es unter heutigen Bedingungen zu einem Wachstum des Gletschers in zehn Jahren kommen könnte, wenn 10 Prozent der Gletscherfläche ganzjährig künstlich abgedeckt würden.

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30. 000 Tonnen Schnee täglich

10 Prozent der Fläche bedeuten bei dem Morteratschgletscher 0,8 Quadratkilometer auf einer Höhe von 2300 – 2500 Meter. Beschneit werden sollen diese ganz ohne den Einsatz von Strom. Mit dem in der Schweiz entwickelten „Nessy Zero-E“ System soll das möglich sein. Mit „Schneiseilen“, Aluminiumrohre, welche über dem Gletscher an Tragseilen von Fels zu Fels gespannt sind, soll Schmelzwasser aus einem Gletschersee des höher gelegenen Persgletscher transportiert werden und dann aus den Düsen mit Hochdruck versprüht werden. Das ganze System funktioniert durch den Wasserdruck und kommt ohne Strom aus, wie Keller in einem Interview mit der „Süddeutschen“ angibt. insgesamt müssten jährlich ca. 10-12 Meter Schnee künstlich auf den 0,8 Quadratkilometern geschneit werden, damit die Schneedecke das Eis vor dem Tauen bewahren kann. Das wären ca. 30.000 Tonnen Schnee pro Tag. Dafür bräuchte es laut Keller sieben bis neun solcher Schneiseile, welche bis zu einem Kilometer lang sind.

Pilotprojekt läuft seit Februar 2021

Die innovative Technik wird bereits seit Kurzem in Kleinformat in der Schweiz getestet. Das, nach eigenen Angaben, weltweit erste Schneiseil hängt seit Anfang Februar 2021 an einem 25 Meter großen Stahlgittermasten im Skigebiet Diavolezza in der Gemeinde Pontresina. 2,5 Millionen Franken haben die Forscher dafür von der Schweizer Innovationsförderung erhalten. Die künstliche Schneedecke für den Morteratschgletscher würde, Schätzungen von Keller zufolge, in den nächsten 30 Jahren 100 Millionen Franken kosten. Komplett aufhalten könnte diese allerdings des Gletscherschwund nicht, lediglich könnte er so um 30 bis 50 Jahre verzögert werden.

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Trinkwasser in Entwicklungsländern garantieren

Somit bleibt die Frage im Raum, ob sich die hohen Innovationskosten dann für eine ledigliche Verzögerung des Schmelzvorganges lohnen. Laut Keller für einige Regionen in der Welt, die von den Süßwasserreserven der lokalen Gletscher abhängig sind, ja. Als Beispiel nennt er die Hauptstadt Leh von Ladakh im Himalaya, deren Wasserversorgung von einem schwindenden Gletscher abhängig ist. Für die lokale Bevölkerung könnte die Schweizer Technologie Trinkwasser für die nächsten Jahrzehnte garantieren und laut Keller wären die Betriebskosten vor Ort auch wesentlich geringer als in der Schweiz.

Mit der nun gestarteten Pilotphase in der Schweiz soll nun die Funktionsweise des „Nessy“ Systems zum Schmelzwasserrecycling getestet werden. Davon wird der weitere Ablauf des Projekte abhängig sein.

 

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