Sanierung

Signa-Insolvenz: Hunderte weitere Firmen hängen am seidenen Faden

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Es hat sich bereits im Voraus abgezeichnet, doch nun ist es offiziell: Das Tiroler Immobilienunternehmen Signa Holding, gegründet von René Benko, hat Insolvenz angemeldet. Laut KSV1870 hat die Firma heute am Handelsgericht Wien einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Form eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung eingebracht. Die Bemühungen um zusätzliche Investorengelder zur außergerichtlichen Sanierung sind damit gescheitert. Diese Entwicklung könnte weite Kreise ziehen, denn es gehören mehrere hundert Gesellschaften zur Signa Gruppe.

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Keine Liquidität für Restrukturierung vorhanden

Ziel ist „die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Eigenverwaltung und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens“, heißt es in einer Pressemitteilung des Konzerns von Mittwochvormittag. Als Hintergrund dafür nennt das Unternehmen den Druck, der auf dem Retail-Bereich, und da vor allem dem stationären Einzelhandel, laste. Die Investitionen der Signa hätten nicht den erwarteten Erfolg gebracht. Im Immobilienbereich hätten sich zuletzt die externen Faktoren „negativ auf die Geschäftsentwicklung“ ausgewirkt. Man habe trotz erheblicher Bemühungen die nötige Liquidität nicht sicherstellen können, die man für eine außergerichtliche Restrukturierung gebraucht hätte.

Das Ziel, das sich die von René Benko gegründete Signa Holding gesetzt hat, ist, mit einem Sanierungsverwalter „die weiteren Maßnahmen zur Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs umzusetzen“. Zudem soll ein Sanierungsplan ausgearbeitet werden. Sollte es kommen, wie von der Signa beantragt, würde das eine 30-prozentige Quote innerhalb von zwei Jahren ab Annahme für die Gläubiger bedeuten. Die Signa Gruppe befand sich schon seit einiger Zeit in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Nach Wochen des Schweigens der Unternehmensleitung hat die Signa Holding nun also die Notbremse gezogen.

Signa Gruppe ist komplexes Geflecht

Die Signa Gruppe besteht aus mehreren hundert Gesellschaften in verschiedenen Ländern, wobei die wechselseitigen Beteiligungen äußerst komplex sind. An der den Insolvenzantrag stellenden Signa Holding GmbH sind dem KSV1870 zufolge die folgenden Gesellschafter beteiligt:

  • Supraholding: 54,94 Prozent
  • Haselsteiner Familien-Privatstiftung: 15,00 Prozent
  • Eugster/Frismag AG: 10,24 Prozent
  • Familie Benko Privatstiftung: 10,10 Prozent
  • Fressnapf Luxembourg: 4,46 Prozent
  • Ernst Tanner: 3,00 Prozent
  • AE Familienholding: 1,26 Prozent
  • SUPRA Assets: 1,00 Prozent

Die Signa Holding selbst ist direkt an sechsunddreißig in Österreich befindlichen Kapitalgesellschaften im unterschiedlichen Ausmaß beteiligt. Durch die komplexen Eigentums- und Stiftungskonstruktionen ist die Möglichkeit der Einflussnahme auf einzelne Gesellschaften derzeit unklar. Insgesamt stehen rund 390 österreichische Unternehmen in Zusammenhang mit Signa, wobei es sich großteils um Projektgesellschaften handelt.

Handelsgericht Wien vor „Herkulesaufgabe“

Eine der wesentlichen Aufgaben des vom Handelsgericht Wien noch zu bestellenden Insolvenzverwalters ist nun die Prüfung der Werthaltigkeit der direkten Beteiligungen des Unternehmens. Aufgrund der Tatsache, dass die direkten Beteiligungen wieder eine Vielzahl an Beteiligungen halten, sei das laut KSV1870 eine „Herkulesaufgabe“.

Da es in Österreich kein Konzerninsolvenzrecht gibt, bedeutet die aktuelle Entwicklung nicht, dass den Tochtergesellschaften automatisch ebenfalls Insolvenzverfahren bevorstehen. Bei jeder Gesellschaft gilt es separat zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegen. Hier steht auch die Geschäftsführung dieser Gesellschaften in der Pflicht, da Haftungsfolgen drohen, wenn Insolvenzanträge verspätet kommen.

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Vertrauen durch mangelnde Kommunikation geschädigt

„Aus heutiger Sicht ist es seriös nicht einschätzbar, ob weitere Gesellschaften der ‚Signa-Gruppe‘ einen Insolvenzantrag stellen werden und es zu einem Dominoeffekt kommen wird“, so Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz beim KSV1870. Die wesentlichen Gesellschaften der „Signa-Gruppe“ erhalten vom KSV1870 schon längere Zeit keine Bonitätsbewertung mehr, da hier die Informationen fehlen. Die Signa-Gruppe habe in den vergangenen Monaten durch die sehr eingeschränkte Kommunikation nach außen massiv an Vertrauen eingebüßt.

Auch jetzt gibt man sich beim Immobilienkonzern mit Informationen zurückhaltend. Beispielsweise gibt es keine Auskunft darüber, wer aufseiten der Signa die Prozess begleiten wird. Laut Standard soll angeblich der bereits von Benko als Sanierer geholte deutsche Experte Arndt Geiwitz diese Aufgaben übernehmen. Das ist insofern von Bedeutung, als es in der jüngsten Vergangenheit offenbar zu schweren internen Turbulenzen gekommen ist. Benko habe sich nicht wie versprochen zurückgezogen, das hatten die Investoren rund um Hans Peter Haselsteiner (Strabag) verlangt.

Signa erlebte lange gewaltiges Wachstum

Jahrelang galt die Signa mit einem Immobilienvermögen von zuletzt rund 15 Milliarden Euro als einer der schnellstwachsenden Immobilien- und Handelskonzerne Europas. Im Jahr 2006 startete das Unternehmen als Nachfolgegesellschaft der Immofina. Im Jahr 2013 zog sich René Benko in den Beirat zurück, wo er den Vorsitz übernahm. Neben Immobilien investierte man in den Handelssektor, unter anderem durch den Erwerb der deutschen Warenhauskette Galeria Kaufhof, Kika/Leiner und Globus in der Schweiz. Dazu kommen Online-Handelsplattformen, etwa im Sportbereich.

Im Jahr 2018 kaufte sich Benko indirekt mit jeweils rund 24 Prozent in die österreichischen Tageszeitungen „Krone“ und „Kurier“ ein. Zu den bekanntesten Signa-Immobilien zählen etwa das Goldene Quartier, die Postsparkasse oder das Hotel Hyatt in der Wiener Innenstadt. An der Wiener Mariahilfer Straße errichtet der Konzern mit einem Partner gerade das Kaufhaus- und Hotelprojekt Lamarr. In Hamburg sollte der Elbtower entstehen, der derzeit von einem Baustopp betroffen ist. In New York besitzt Benko mit Partnern das Chrysler Building. Dazu kommen weitere Luxuskaufhäuser in München, Berlin und Hamburg.

In der Startup-Szene ist Signa auch unterwegs: Der SIGNA Innovations Selection GmbH gehören 17,4 % am Logistik-Scale-up Storebox. Die SIGNA Innovations Selection GmbH steht aber wiederum zu 100 Prozent in Besitz der Laura Privatstiftung, die René und Ingeborg Benko gehört.

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