Mobility

Smatrics: „Der Individualverkehr wird steigen, aber er wird sauber und grün“

Smatrics-CEO Michael Fischer. © Smatrics
Smatrics-CEO Michael Fischer. © Smatrics
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Wer sein Elektroauto bei einer Ladestation in Österreich ansteckt, „tankt“ mit großer Wahrscheinlichkeit an einer Ladesäule von Smatrics. Das Unternehmen ist führender Anbieter von Dienstleistungen rund um das Thema E-Mobility. Smatrics betreibt außerdem ein flächendeckendes Hochleistungs-Ladenetz in der Republik. Im Interview spricht Smatrics-Chef Michael-Viktor Fischer über kabelloses Laden, die deutsche Autoindustrie und Wasserstoff-Autos.

Tech & Nature: Der Anteil an E-Autos am Gesamtmarkt in Österreich ist noch immer sehr gering – laut TU schaffen wir es bis 2030 vielleicht gerade einmal auf 11 Prozent. Die Forscher glauben aber, dass dafür in ganz Österreich mehr als 850.000 Ladestellen notwendig sind. Schafft Smatrics das?

Michael-Viktor Fischer: Wir bei Smatrics gehen von einem Bestand von 15 bis 20 Prozent im Jahr 2030 aus. Das wären dann deutlich über 100.000 Fahrzeuge mit Stecker alleine in Wien. Bei einer durchschnittlichen Quote von 1,5 Ladestationen pro Auto müsste das also gut hinkommen. Alle 800.000 davon werden wir natürlich nicht aufstellen, aber hoffentlich einen ganz großen Beitrag dazu leisten.

Von welcher Größenordnung reden wir da?

Da ist es wichtig zwischen Ladestationen im öffentlichen Raum und privaten Stellen zu unterscheiden. Die privaten Ladestationen sind meist langsamer und laden eher nebenbei. Da wird es wahrscheinlich den größten Zuwachs geben. Diese Ladestationen gehören dann nicht Smatrics sondern dem Kunden.

 

Es gibt mittlerweile auch Technologien, die das Laden von E-Autos ohne Kabel ermöglichen. Wann können die wenigen E-Autos in Österreich während eines Staus automatisch aufgeladen werden?

Die Zukunft ist definitiv induktiv. BMW verkauft das bereits um ca. 3.000 Euro. Das ist jetzt noch teuer, wird aber drastisch günstiger. Elektrisch laden wird in Firmen oder daheim also superbequem. Auf der Autobahn glaube ich nicht daran, da müssten ja alle Autos gleichzeitig laden. Das Schöne an der Elektromobilität ist ja, dass man dank der Batterie antizyklisch laden kann. In der Nacht fließt die Donau genauso schnell wie am Tag, da braucht man aber den Strom nicht in dem Ausmaß. Das ist die Chance für Elektroauto-Fahrer antizyklisch den Strom günstiger zu kaufen oder noch besser: gratis von seiner Photovoltaik-Anlage zu beziehen.

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Was braucht es Ihrer Meinung nach, damit bei E-Autos in Österreich wirklich ein Boom einsetzt?

Wir stehen jetzt kurz vor dem Boom, denn ab nächstem Jahr, 2021, gelten ganz strenge CO2-Kriterien für die Automobilhersteller. Das schaffen sie nur mit einem sehr großen Anteil an Elektroautos. Sonst drohen ihnen Milliarden-Pönalezahlungen. Deshalb kommen jetzt sehr viele E-Fahrzeuge und ein großes Angebot ist entscheidend. Vom Van bis zum Sportwagen wird dann das Kundenbedürfnis befriedigt. Wenn diese breite Palette da ist, kommen auch die Kunden.

Wo sehen Sie Österreich im internationalen Vergleich – gehören wir bei E-Mobility zu den Vorreitern oder zu den Nachzüglern?

Österreich war in den letzten Jahren in der EU eigentlich immer bei den Front-Runnern dabei. Wir sehen aber jetzt, dass viele andere Märkte aufholen. Auch Deutschland ist letztes Jahr überproportional gewachsen. Österreich um 27 Prozent, Deutschland um 60 Prozent. Die Wachstumsraten sind gut, aber natürlich müssen wir schauen, dass wir nicht den Anschluss verlieren.

Sie waren lange in der deutschen Autobranche tätig. Bei E-Mobility scheinen die deutschen Autobauer zunehmend ins Hintertreffen zu geraten – woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Es kommt ein völlig neues System und die sogenannten disruptiven Prozesse, also Dinge, die alles auf den Kopf stellen, kommen selten von den Unternehmen intern. Viele Diesel- und Benzin-Entwickler können jetzt mit der E-Mobilität natürlich wenig anfangen, weil die Umschulung nicht so schnell funktioniert. Die Autobranche hat zwar spät, aber meiner Meinung nach nicht zu spät erkannt, dass sie auf die Zukunft setzen muss. VW hat angeblich 65 rein elektrische und 75 Plug-In-Hybride in der Entwicklung – also 140 Modelle mit Stecker in den nächsten Jahren. Da kann man nicht sagen, dass sie es vermasselt haben. Ganz im Gegenteil: Sie sind für die Zukunft gut aufgestellt.

VW und BMW sollen ja schon vor Jahren einen Tesla zerlegt haben und deshalb in der Entwicklung gut unterwegs sein.

Unter Garantie wurde ein Tesla zerlegt. Aber umgekehrt kann man davon ausgehen, dass Tesla alle möglichen i3s zerlegt hat. Das ist ganz üblich und geht so weit, dass die Hersteller sogar Autos tauschen und nicht kaufen.

Auch wenn das E-Auto umweltfreundlicher ist als ein Benziner, steht es dennoch für Individualverkehr, der von vielen Experten für ein Auslaufmodell gehalten wird. Wie glauben Sie, dass das Mobilitätskonzept der Zukunft aussehen wird?

Im Moment sieht es eher so aus, dass der Individualverkehr noch steigen wird. Wir stehen vor einem großen Innovationssprung der Individual-Mobilität, nämlich Level 5 des autonomen Fahrens. Das heißt: kein Lenkrad mehr. Das Auto wird also so bequem wie ein Taxi, kostet aber nur ein Viertel. Damit bricht eine Hemmschwelle für zusätzliche Mobilität. Es wird nur zwei Möglichkeiten geben, den Individualverkehr einzuschränken. Entweder Einschränkungen gesetzlicher Natur oder hohe Besteuerungen. Oder es wird auch einen Innovationsschub im öffentlichen Verkehr geben. Sonst sehe ich die Zukunft sehr stark im Individualverkehr, aber der wird sauber und grün sein – elektrisch. Was man aber auch sieht, ist dass die Intermodalität steigt. Weil es vielleicht trotzdem günstiger ist, mit der Bahn von Wien nach Salzburg zu fahren. Wenn ich dann aber 30 Kilometer weiter muss, hab ich ein Problem mit der letzten Meile. Das löst dann vielleicht Level 5, autonomes Fahren. Ich fahre mit dem Zug und steige dann auf Individualverkehr um.

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Vergangenes Jahr hat Bundeskanzler Kurz eine Debatte um Wasserstoffautos losgetreten, die manchmal sehr emotional geführt wird. Was antworten Sie jenen, die meinen, das E-Auto wird sich langfristig nicht durchsetzen?

Ganz wichtig: Ein Wasserstoffauto ist ein Elektroauto. Der Unterschied ist nur, dass das eine eine große Batterie hat und damit von Anfang an den Strom dabei. Beim Wasserstoffauto habe ich nur eine kleine Batterie, aber produziere über eine Brennstoffzelle durch das Verbrennen von Wasserstoff Strom. Die Zukunft ist auf jeden Fall elektrisch, die Frage ist nur: Produziere ich den Strom an Bord? Ein eigenes Kraftwerk mitschleppen, ist nicht sehr effizient. Ich glaube, Wasserstoff hat eine große Zukunft, aber eher in der Industrie.

Neben Haltbarkeit und Kosten, haben wir mit Wasserstoff noch immer ein Effizienz-Problem. Wenn wir heute alle Autos in Österreich auf Batteriebetrieb umstellen würden, bräuchten wir etwa 9 Terawattstunden mehr Strom, das sind ungefähr 13 Prozent. Wenn wir auf Wasserstoff umstellen würden, bräuchten wir 25 bis 27 Terawattstunden, also 36 bis 38 Prozent, das ist sehr ineffizient. Heute ist diese Energieform übrigens zu 99 Prozent fossil. Uns muss also erst einmal etwas einfallen, wie wir den grün bekommen.

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