MCC-Studie

Symbiose: Ausgewogener Klimaschutz kann Armut senken

© Marcin Jozwiak / Unplash
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Die Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow brachte die Notwendigkeit, global Treibhausgasemissionen zu reduzieren einmal mehr in den Mittelpunkt der Weltgemeinschaft. Obwohl der Klimagipfel nicht an Ankündigungen, Initiativen und Versprechen sparte, bleibt sein Einfluss auf das Klima abzuwarten – nicht verwunderlich, werden Klimaschutzmaßnahmen nicht letztendlich von den Ländern selbst vorangebracht und umgesetzt. Doch selbst die Staaten, die bisher am meisten Emissionen reduzieren konnten, handeln in puncto Klimaschutz noch zu wenig. Dennoch kann die Reduzierung von Emissionen auf kurze Sicht Armut bekämpfen. Das zeigen zwei aktuelle Studien des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC.

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Eine Studie, die unter Führung des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC durchgeführt und in der renommierten Fachzeitschrift Climate Policy veröffentlicht wurde, kommt zu dem Ergebnis: Von den 197 Staaten, die sich im Pariser Klimaabkommen darauf verständigt haben, die Erderhitzung zu begrenzen, haben bisher nur 24 Länder eine „dauerhafte“ Senkung ihrer Treibhausgasemissionen hinbekommen, darunter 22 in Europa. Die Analyse der Forschenden stützt sich auf die Emissions Database for Global Atmospheric Research (EDGAR) – eine globale Datenbank, die unter dem Dach der EU-Kommission gepflegt wird.

Als „dauerhaft“ definiert das Forschungsteam einen Rückgang bei den Emissionen, wenn ein Land den Höhepunkt sowohl bei CO2 als auch bei allen Treibhausgasen spätestens im Jahr 2008 erreicht hat. „Die 24 Länder, die man gemäß dieser Abgrenzung als Vorreiter bezeichnen könnte, haben seit ihrem jeweiligen Peak ihren CO2-Jahresausstoß um insgesamt 3,2 Milliarden Tonnen reduziert“, sagt William Lamb, Wissenschaftler am MCC und Leitautor der Studie, in einer Presseaussendung. Das entspreche neun Prozent der globalen Emissionen 2018. „Die globale Trendwende steht noch aus – wie sie zu bewerkstelligen ist, dafür geben die Struktur und die Limitationen dieser Teilerfolge wertvolle Hinweise.“

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Wirtschaftswachstum bleibt trotz Rückgängen stabil

Die stärksten Rückgänge der CO2-Emissionen, jeweils seit dem Spitzenjahr, weist die Studie für die Ukraine aus (um 77 Prozent seit 1988), für Dänemark (um 56 Prozent seit 1996) und für Großbritannien (um 46 Prozent seit 1973). Geringer ist er in Deutschland (um 37 Prozent seit 1979) und in den USA (um 12 Prozent seit 2005). Die 24 Vorreiter reduzierten ihre Emissionen vor allem im Energiesektor, das heißt bei der Erzeugung von Strom und Wärme, in geringerem Maße auch in der Industrie. In den Bereichen Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft tat sich hingegen kaum etwas.

„Trotz aller Einschränkung gibt unser Befund auch Anlass zu einem gewissen Optimismus“, sagt Jan Minx vom MCC und Co-Autor der Studie. „Die dauerhaften Rückgänge bei den Emissionen wurden über die gesamte Zeit betrachtet in Verbindung mit dauerhaftem Wirtschaftswachstum erreicht. Und sie zeigen ja, was schon möglich war bei der eher moderat ambitionierten Klimapolitik, die wir in der Vergangenheit hatten. Für die Zukunft machen zunehmender politische Druck, aber auch die schneller als erwartet sinkenden Kosten etwa von Solar- und Batterietechnik immerhin Hoffnung: dass in den kommenden Jahren schnellere und nachhaltigere Reduktionen möglich sind.“

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Preis für fossile Brennstoffe kann Armut lindern

Hoffnung macht auch eine andere aktuelle Studie vom MCC, die am Montag in der Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht und von einem Forschungsteam des MCC und 16 weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen in Europa, Amerika und Asien, darunter die US-Spitzenuniversitäten Princeton, Harvard und Berkeley, durchgeführt wurde. Diese kommt zum Schluss, dass der Kampf gegen die Erderhitzung und die Linderung der Armut in der Welt auch auf kurz Sicht miteinander vereinbar sind. Für beide Ziele kann es laut den Forschenden sinnvoll sein, den Preis für Treibhausgasemissionen und damit für fossile Brennstoffe schnell und stark zu erhöhen. Obwohl gängige Berechnungsmodelle zeigen würden, dass diese Ziele im Widerspruch zueinander stehen, löst sich dieser laut den Forschenden auf, wenn man die Umverteilung der Einnahmen aus der CO2-Steuer berücksichtigt.

Die Studie veranschaulicht, dass die Welt die globale Erderhitzung auf 2 Grad Celsius begrenzen könnte – allein durch eine einheitliche Steuer auf fossile Brennstoffe in allen Ländern – deren Einnahmen jeweils als einheitliche Pro-Kopf-Zahlung an die Bevölkerung zurückgegeben werden. Die Verteilung der Einnahmen hat dabei einen unterschiedlichen Effekt, den die Forschenden mithilfe eines speziellen Modells berechneten. Kurzfristig, also in der Phase der schnellen Dekarbonisierung, geht es der gesamten ärmeren Hälfte der Bevölkerung in den USA, China und Indien besser als in einer Welt ohne zusätzliche klimapolitische Anstrengungen und damit höhere Klimaschäden. Für den Wohlstand insgesamt ist eine Kohlenstoffbepreisung mit einer Umverteilung der Steuereinnahmen in allen Regionen besser als „business as usual“.

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Klimaschutz nicht auf Kosten der Bevölkerung

Laut den Forschenden herrscht eine deutlich ambitioniertere Klimapolitik, wenn die Pro-Kopf-Rückzahlung mit einbezogen wird. Sie würde demnach zu 60 Prozent geringeren globalen Emissionen im Jahr 2030 im Vergleich zum Business-as-usual-Szenario führen. „Reiche Haushalte verursachen mehr CO₂-Emissionen, daher zahlen sie mehr für die Kohlenstoffbepreisung, bekommen aber nur so viel zurück wie arme Haushalte“, erklärt Ulrike Kornek, vom MCC und Studienautorin, in einer Presseaussendung. „Deshalb führt sozial ausgewogener Klimaschutz nicht zu weniger, sondern zu mehr Kaufkraft für einen großen Teil der Bevölkerung. Die Behauptung, der soziale Frieden und die wirtschaftliche Entwicklung würden darunter leiden, ist ein klassisches Gegenargument für entschlossenes Handeln, aber es ist falsch.“

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