Analyse

Aleph Alpha: Vom AI-Hoffnungsträger zum Sorgenkind

Aleph Alpha-Gründer Jonas Andrulis mit Vertreter:innen der Dieter Schwarz Stiftung. © Dieter Schwarz Stiftung
Aleph Alpha-Gründer Jonas Andrulis mit Vertreter:innen der Dieter Schwarz Stiftung. © Dieter Schwarz Stiftung
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Während das eine AI-Startup floriert und seit dem Launch vor etwas mehr als einem Jahr bereits sieben (!) unterschiedliche AI-Modelle samt ChatGPT-Konkurrent und Partnerschaften mit Microsoft oder Databricks vorzeigen kann, gibt es vom anderen großen europäischen AI-Startup wenig Neues – und wenn, dann eher Negatives.

Genau, die Rede ist einerseits vom französischen AI-Startup Mistral AI, das mittlerweile pro Mitarbeiter:in mit mehr als 100 Mio. Euro bewertet wird – und andererseits von Aleph Alpha aus Deutschland. Aleph Alpha gilt (oder galt?) als der deutsche Hoffnungsträger in Sachen generativer AI. Schon viele Jahre vor dem Hype (2019) gegründet, wurde es 2023 stets noch in einem Atemzug mit Mistral AI genannt – als eine der wenigen Firmen, die es in Europa mit den Multi-Milliarden-Startups wie OpenAI oder Anthropic aufnehmen könnten.

Gab es wirklich 500 Mio. Euro?

Doch bisher hat Aleph Alpha nach einer Finanzierungsrunde Ende 2023 von angeblichen 500 Mio. Dollar wenig bis gar nichts vorzeigen können. Gelobt wurde damals, dass das Kapital vor allem aus Deutschland selbst kommt – es investierten der Innovation Park Artificial Intelligence in Heilbronn (Ipai), Bosch Ventures die Schwarz Gruppe des Lidl-Gründers, die Berliner Christ&Company Consulting, Hewlett Packard Enterprise SAP sowie Burda Principal Investments.

Doch genau an dieser Finanzierungsrunde gibt es nun Zweifel. Der bekannte deutsche Blogger Thomas Knüwer („Indeskretion Ehrensache„) spricht von einem Märchen in Bezug auf die 500 Mio. Dollar. „Die tatsächliche Höhe der Serie-B-Finanzierungsrunde von Aleph Alpha beläuft sich auf rund 100 Millionen Dollar, vielleicht auf 125 Millionen“, so Knüwer mit Verweis auf eine Person, die das Term Sheet gesehen hätte. Die restlichen 400 Mio. Dollar seien, wie auch in der Pressemitteilung stand, „Zuwendungen“ der Investor:innen – also etwa „garantierte Abnahme von Lizenzpaketen durch das Konsortium“. Das ist also kein Investitionskapital, sondern Umsatz, den man mal abarbeiten muss.

Seitens Aleph Alpha gibt es zu den genauen Details zu der Finanzierungsrunde keine weiteren Informationen gegenüber Trending Topics. Der Bericht von Knüwer wird auch nicht dementiert.

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Aleph Alphas „Luminous“-Modelle sind nicht konkurrenzfähig

Was man in Bezug auf AI-Modelle im Web sehr genau nachschauen kann, ist ihre Performance. das „LMSYS Chatbot Arena Leaderboard“ gibt Auskunft, wie sowohl proprietäre als auch Open-Source-AI-Modelle in unterschiedlichen Aufgabenbereichen funktionieren. In dem Ranking findet man sowohl die großen, bekannten LLMs von OpenAI, Google, Anthropic oder Mistral AI, aber auch Exoten aus China oder von Universitäten. Mehr als 100 LLMs sind gelistet, aber jene von Aleph Alpha nicht. Heißen würden sie „Luminous-base“, „Luminous-extended“ und „Luminous-supreme“.

Das letzte Benchmark, das sich öffentlich finden lässt, stammt vom Heidelberger Startup selbst und datiert auf den Februar 2023. Da wird „Luminous“ von Aleph Alpha mit GPT-3 von OpenAI verglichen, schneidet dort ganz gut ab. Vergleiche zu heute aktuellen Top-Modellen wie GPT-4o von OpenAI, Claude 3.5 von Anthropic oder Gemini 1.5 Pro von Google gibt es aber keine. Aktuell lässt sich auf der Webseite von Aleph Alpha nicht einmal herausfinden, wie viel die LLMs, wollte man sie im eigenen Unternehmen einsetzen, kosten würden.

Sollte Aleph Alpha wirklich nur etwa 100 Mio. Dollar Cash bekommen haben, dann verwundert das nicht. Mistral AI aus Paris hat innerhalb des letzten Jahres insgesamt etwa 1,1 Milliarden Euro eingesammelt, verteilt über mehrere Finanzierungsrunden. Damit stünden den Franzosen zehn Mal mehr Geld zur Verfügung. Gemessen am Output im letzten Jahr sieht man das deutlich: Mistral AI hat 7 LLMs (teils proprietär, teils Open Source) veröffentlicht. Aleph Alpha: 0 (abgesehen für „Control“-Modelle für die Luminous-LLMs).

Viele Partnerschaften und der Lidl-Faktor

Stattdessen gab es seit der Verkündung der Finanzierungsrunde eine Reihe von Ankündigungen von Partnerschaften – mit Silo AI aus Finnland, PwC Deutschland, dem deutschen Digitalministerium und der Bayerischen Digitalagentur byte. Aleph Alphas Technologie soll Einzug in die Verwaltung der Bayerischen Staatsregierung, im Rechtsberatungs- und Compliance-Markt oder mit Hilfe der Finnen in Großunternehmen halten. Auch gibt es Bedenken in der Branche, dass Aleph Alpha sich eher zum verlängerten AI-Arm von Lidl entwickeln könnte. Immerhin sind die Schwarz Gruppe (Lidl) sowie der Innovation Park Artificial Intelligence (Ipai; wird wesentlich von der Dieter Schwarz Stiftung finanziert) wesentliche Geldgeber. Das riecht mehr nach Auftragsarbeiten spezifischer Großkunden mit potenzieller Bremswirkung und weniger nach dem Aufbau einer europäischen LLM-Plattform.

Dass Aleph Alpha den Anschluss an seine internationalen Konkurrenten (OpenAI, Anthropic und Google sowieso, in Europa aber auch an Mistral AI mit einer Bewertung von fast 6 Mrd. Euro) zu verlieren droht (bzw. ihn schon verloren hat), ist man sich im Unternehmen bewusst. Die Ungeduld mit Aleph Alpha und Gründer und CEO Jonas Andrulis würde wachsen, selbst Berater:innen des Unternehmen würden das Produkt als so schlecht im Vergleich zu OpenAI und Co ansehen, dass man es lieber nicht einsetzen würde. Immerhin räumte Andrulis bereits Fehler ein. Bald soll es Neues von Aleph Alpha zu sehen geben – und dann wird man auch sehen müssen, wie wettbewerbsfähig die deutsche AI-Hoffnung in einem Markt, in dem Milliarden fließen, wirklich ist.

Aleph Alpha & Silo AI: Die zwei europäischen AI-Startups machen gemeinsame Sache

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